Frank, Sabine, Niklas, Finn und Lilly – das Stockhorsts aus Neukirchen-Vluyn. Die NRZ wird die Familien im kommenden Jahr begleiten und von ihrem turbulenten Alltag zwischen Schichtdienst, Schule und Hebammenpraxis berichten.
Neukirchen-Vluyn.
Es gibt Gründe, warum sich Bleigießen als Silvesterbrauch nicht so richtig durchgesetzt hat. Die Wasserschüssel steht auf dem Tisch, die Familie ist drumherum drapiert, die Kerze brennt, die Kamera ist bereit und Sabine Stockhorst-Bodenstein bekommt einen lahmen Arm, weil der kleine Bleielefant auf dem Löffel nicht schmelzen will. Sohn Niklas hilft mit einem bunsenbrenner-ähnlichen Feuerzeug nach, und als das flüssige Blei endlich in die Glasschüssel rinnt, zerspringt es in Dutzende kleine Stücke, die ebenso gut Goldklumpen – juchu! — wie Tränen sein könnten – oh je!
Lilly und Finn, muntere sechs und sieben Jahre alt, retten das Ganze, indem sie die Teilchen aus dem Wasser fischen und orakeln: „Das ist ein Schlittschuuuh!“, brüllt Finn (er hat gerade ein neues Hobby entdeckt). „Das ist ein Schiff“, sagt Lilly weise (welche Überraschung, erfüllt sich doch zum Jahreswechsel Sabines Herzenswunsch, eine Reise mit der ganzen Familie auf der Aida…). Das passt jedenfalls.
„Bei uns ist eigentlich immer Trubel“, sagt Mama Sabine mit strahlendem Lächeln im glatten Gesicht. Kaum zu glauben, dass die Hebamme eine Nachtschicht in der Klinik hinter sich hat: „Gerade mal eine halbe Stunde hat sie geschlafen“, sagt Ehemann Frank und es schwingen etwas Besorgnis und noch mehr Bewunderung für den Elan seiner Frau mit. Da war auch noch das Plätzchenbacken in der Schule, da musste sie unbedingt noch hin: „Lilly soll schließlich nicht alleine dastehen!“
„Es war Liebe auf den ersten Blick“
Die erste „NRZ-Familie“ für ein Jahr zu sein zu sein, das finden sie alle klasse, und unterbringen werden sie das noch irgendwie und irgendwo zwischen Schichtdiensten, bei denen sich Frank und Sabine die Klinke in die Hand geben, und Familienfesten, Hausaufgaben beaufsichtigen und Babys-auf-die-Welt-holen, Häuschen renovieren und Essen kochen, im Garten arbeiten und Freunde besuchen, Fußball gucken und Kinder-zum-Sport-bringen, und, und, und.
Seit neun Jahren sind die beiden zusammen, damals war es „so was wie Liebe auf den ersten Blick“, sagt er. Wenig später haben sie geheiratet. Sabine brachte Sohn Niklas mit in die Ehe, die gemeinsamen Kinder Finn und Lilly wurden kurz hintereinander geboren. Nach Spuren der ehelichen Abnutzung sucht man vergebens, beide bekommen immer noch leuchtende Augen, wenn sie erzählen, wo und wie sie sich trafen – in der Sauna der Duisburger Niederrhein-Therme, dem „schlimmsten Ort, um einen Mann kennenzulernen“, sagt Sabine, um mit trockenem Humor hinzuzufügen: „Was auch sein Gutes hatte. Beim ersten richtigen Date musste ICH mir schließlich keine Gedanken mehr machen, in welchen Klamotten ich besonders vorteilhaft aussehen könnte. Warum auch…“
Frank gibt seine Single-Bude in Voerde und sein Single-Leben auf und wird Vater einer kleinen Familie, die schnell größer wird. Gemeinsam ziehen sie in eines der gemütlichen 50er-Jahre-Backstein-Häuschen in der Emil-Schweitzer-Straße in Neukirchen-Vluyn, die ein bisschen so sind wie die Zauberhäuser aus den Harry-Potter-Filmen: Ist man erstmal drin, staunt man, wie groß sie sind.
„Da weiß man wenigstens, warum man nach Hause kommt“
„Steckt ne Menge Arbeit dahinter“, sagt Frank Stockhorst, der in der Qualitätsprüfung einer großen Alufirma in Voerde arbeitet: „Aber ich bin hier nicht der Heimwerker. Ich bin der Handlanger. Mein Schwiegervater, der hat hier fast alles gemacht.“
Mit Sabine habe er eine ziemlich große Familie mitgeheiratet, die auch alle noch ziemlich eng beisammen sind. Er erinnert sich noch wohlig schaudernd an eines der ersten Familienfeste, mit Eltern und Uromi und Tanten und Onkeln und alle Mann hoch in Holland – „Puuhh, hab’ ich gedacht, bei denen ist aber ne’ Menge los!“.
So ist es bis heute geblieben, und „mit Finn und Lilly ist es nicht gerade ruhiger geworden“, stöhnt der große Bruder Niklas und grinst. „Familie ist toll“, sagt Frank Stockhorst, „da weiß man wenigstens, warum man nach Hause kommt!“ Und alle nicken.