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Wagenknecht-Partei: Gehen wir ihr alle „auf den Leim“?

Die linken Journalisten sind sich einig: Die neue Wagenknecht-Partei geht gar nicht. Schlimm sei, dass ihr alle auf den Leim gehen.

"Einen Scheiß waren die integriert!" Linke Journalisten kritisieren Wagenknechts Medienwirksamkeit.
u00a9 IMAGO/IPON

Sahra Wagenknecht: So sieht ihre politische Laufbahn aus

Die Linken-Politikerin hatte bereits diverse Ämter innerhalb ihrer Partei inne. Jetzt fällt sie mit Äußerungen zur Corona-Impfung und zu einer allgemeinen Impfpflicht gehäuft auf.

Die ehemals linke Sahra Wagenknecht wird mitsamt ihres Parteivorläufers auseinandergenommen. Das ausgerechnet aus einer linken Redaktion. „Taz“-Journalisten empören sich über die baldige Wagenknecht-Partei.

Im Podcast der „taz“, dem „bundes talk“, diskutieren zwei Journalisten und zwei Journalistinnen über Wagenknechts Gesinnung und ihren Auftritt in den Medien. Das Urteil fällt überraschend schneidend aus.

Auf den Leim gegangen: So zieht sie uns in ihren Bann

Moderiert von Sabine am Orde, der innenpolitischen Korrespondentin der „taz“, diskutieren ihre Mitarbeitenden, die Chefredakteurin Ulrike Winkelmann, und die beiden Journalisten, die im Parlamentsbüro der „taz“ für die Linkspartei zuständig sind, Daniel Bax und Pascal Beucker, über die neue Wagenknecht-Partei.

Bax war bei der Pressekonferenz, bei der Wagenknecht ihren Verein vorstellte, mit anwesend. Der Medienandrang sei sogar stärker gewesen, als wenn der Bundeskanzler da sei, berichtet er. „Tausend Kameras, wie beim roten Teppich der Berlinale“ beschreibt Bax den Rummel. Es sei die meistverfolgte Vereinsgründung in der Geschichte der Bundesrepublik.

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„Mehr ist ja nicht passiert, da wurde ein Verein angekündigt, der eine Partei vorbereiten soll und es wurde zu Spenden aufgerufen“. Weiter fährt der Journalist fort: „Also, ich fand es schon grenzwertig, um nicht zu sagen unseriös, weil man ja die Katze im Sack kauft. Da wird eine Website lanciert. Da positioniert sich eine Person, die man aus den Medien kennt und sagt ‚wir haben hier ein ganz tolles Projekt- spendet mal!'“ Angesichts der Tatsache, dass diejenigen „die da oben auf dem Podium“ saßen, selbst über einiges an Geld verfügen, solle man kritisch hinterfragen, ob man als Journalisten „Frau Wagenknecht nicht auf den Leim gegangen“ sei.

Wagenknecht-Partei: Nur was für mittelständische Wessis

All diejenigen Abgeordneten, die zugunsten Wagenknechts aus der Linken ausgetreten sind, sind Wessis. Das habe laut Pascal Beucker, der ebenfalls im Parlamentsbüro für die Linkspartei zuständig ist, den Grund, dass die Bindung im Osten an die Linkspartei relativ groß sei. „Da denken zwar etliche in Richtung Wagenknecht, die werden aber nicht mitgehen“ erklärt er. Wer schon in der SED gewesen sei und die entsprechenden Umbrüche mitgemacht habe, der gehe nicht so einfach. „Deswegen ist das ein Westprojekt“ urteilt der Journalist.

Viele interessieren sich für die Wirtschaftspolitik, die die Wagenknecht-Partei vertreten wird. Kleinunternehmer, Facharbeiter und der Mittelstand sei die Zielgruppe, so Daniel Bax. Es gehe um Menschen, die mit den Ökosteuern und Heizungsgesetzen durch die Klimapolitik nicht einverstanden seien. „Sie will die Wirtschaft ansprechen, gleichzeitig aber die Unternehmenssteuern und Millionärsteuern erhöhen“. Das sei die Zielgruppe, die Wagenknecht vor Augen habe. Ob diese Zielgruppe sie tatsächlich wählen würde, bezweifelt Bax aber. „Das scheint mir alles schon sehr am Reißbrett ausgedacht.“


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Pascal Beucker kritisierte auch Wagenknechts Darstellung der „guten alten Zeit“, die sie beispielsweise in ihrem Buch „Die Selbstgerechten“ zeichnet. Den Zustand im Zusammenhang mit der Immigration der Gastarbeiter Anfang der 80er Jahre, den sie sich angelesen hätte, hat Beucker miterlebt. „Ich war in Duisburg in der Schule“, berichtet er, „wo ein sehr hoher sogenannter Gastarbeiteranteil war. Und dann behauptet sie, die wären toll integriert gewesen – einen Scheißdreck waren die! Da gab es sogenannte Türkenklassen. Was man mit diesen Leuten gemacht hat.“ Man habe sie ausgegrenzt und sie hätten keine anständige Bildung bekommen.

Das hätte Wagenknecht auch wissen können, wenn sie mal etwas anderes lesen würde. Auch die Gewerkschaften tauchten bei Wagenknecht nur in der Vergangenheitsform auf, kritisiert Beucker. Wenn es darum gehe, wie sich Gesellschaft und Wirtschaft zukünftig entwickeln sollen, gehe sie nur vom „guten mittelständischen Unternehmer“ aus, nicht mehr von Gewerkschaftlern. „Das kann ich nicht als progressive Position erkennen0“, schließt Beucker.

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