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Vier-Tage-Woche soll in Deutschland getestet werden – können sich Arbeitnehmer freuen?

Weniger Zeit auf der Arbeit, dafür mehr für Familie, Freunde und Hobbys. Klingt verlockend? Die Vier-Tage-Woche soll in Deutschland getestet werden.

Weniger Zeit auf der Arbeit, dafür mehr für Familie, Freunde und Hobbys. Klingt verlockend? Die Vier-Tage-Woche soll in Deutschland getestet werden.
© IMAGO/IlluPics

Vier-Tage-Woche: Diese positiven Effekte hat die reduzierte Arbeitszeit laut Studien

Der Traum von der Vier-Tage-Woche wird für immer mehr Menschen zur Realität. Wiederholt zeigen Studien die positiven Effekte des Modells.

„100-80-100“ – Das klingt wie ein magischer Zaubertrick für gestresste Arbeitnehmer, denn es handelt sich um ein Experiment, das bald in Deutschland startet.

Ab Donnerstag (21. September) können sich Unternehmen für ein Pilotprojekt bewerben, das die Arbeitswelt auf den Kopf stellen könnte. Die Idee? Eine Vier-Tage-Woche mit gleicher Leistung (100), reduzierten Stunden (80), aber vollem Gehalt (100). Die Vorstellung, nur noch vier Tage pro Woche zu arbeiten und dennoch das volle Gehalt zu kassieren, dürfte bei vielen Angestellten Begeisterung auslösen. Doch ist dieses Konzept auch in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit machbar?

Vier-Tage-Woche auch in Deutschland?

Die Firma Intraprenör aus Berlin hat sich laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) zusammen mit der Organisation 4 Day Week Global ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Die Vier-Tage-Woche soll in Deutschland auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt werden. Jan Bühren, Unternehmensberater von Intraprenör, hofft darauf, dass die Debatte um diese innovative Arbeitsform auf eine neue Ebene gehoben werde.

Bühren merkt an, dass die Diskussion um die Vier-Tage-Woche bisher oft im „luftleeren Raum“ stattgefunden habe, ohne praktische Erfahrungen. Doch das soll sich nun in Deutschland ändern.

Vier-Tage-Woche besonders beliebt

Das Pilotprojekt setzt explizit auf die Variante der Vier-Tage-Woche, bei der die Arbeitszeit reduziert wird, aber Gehalt und Leistungsniveau gleich bleiben sollen. Andere Modelle sehen vor, dass eine geringere Arbeitszeit auch mit einem geringeren Lohn einhergeht. Einige kleinere Unternehmen wiederum experimentieren damit, an vier Tagen etwas mehr zu arbeiten, um dann am fünften Tag die Mehrstunden der Vorwoche durch Freizeit auszugleichen.

Derzeit sorgt vor allem die erste Variante für Gesprächsstoff. Die IG Metall zum Beispiel fordert dies bei den kommenden Tarifverhandlungen in der Eisen- und Stahlindustrie. Ihre Idee ist, dass Arbeitnehmer, die nur vier Tage pro Woche arbeiten, konzentrierter und motivierter sind und dennoch ihre Aufgaben erfolgreich erfüllen können.

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung ergab kürzlich, dass die Vier-Tage-Woche bei Arbeitnehmern besonders beliebt ist – zumindest, wenn sie mit gleichem Lohn verbunden ist. In der Umfrage gaben über 73 Prozent an, dass sie sich eine Vier-Tage-Woche mit entsprechend kürzerer Arbeitszeit wünschen. Rund 8 Prozent sind auch mit weniger Lohn einverstanden, während 17 Prozent die Vier-Tage-Woche ablehnen.

Kritik an neuem Arbeitszeitmodell

Allerdings betrachtet der Mittelstand die Vier-Tage-Woche mit mehr Skepsis. Christoph Ahlhaus, Bundesgeschäftsführer beim Bundverband Mittelständische Wirtschaft, befürwortet individuelle Lösungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, lehnt jedoch staatliche Eingriffe ab, die eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich vorsehen.

Er warnt vor Produktivitätsverlusten, die zuerst die Unternehmen und dann die gesamte Gesellschaft betreffen könnten. In seinen Augen ist es unwahrscheinlich, dass eine „staatlich verordnete Vier-Tage-Woche“ in Anbetracht des Fachkräftemangels in nennenswertem Umfang eingeführt werde.

Vier-Tage-Woche soll halbes Jahr getestet werden

In Deutschland soll das Projekt ähnlich wie in Großbritannien ablaufen. Auch hierzulande können sich Unternehmen freiwillig melden und sich für eine Teilnahme bewerben. Intraprenör hat das Ziel, mehr als 50 deutsche Unternehmen von einer Teilnahme zu überzeugen. Der Testzeitraum soll noch in diesem Jahr beginnen und mindestens sechs Monate dauern.


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In Großbritannien wollen 56 der 61 Arbeitgeber die Vier-Tage-Woche beibehalten. Die Krankheitstage verringerten sich um rund 65 Prozent während des Testzeitraums, und die Zahl der Mitarbeiter, die das Unternehmen verließen, sank um mehr als die Hälfte (57 Prozent). Der Umsatz der beteiligten Unternehmen stieg im Durchschnitt um 1,4 Prozent während der Testphase. (mit dpa)