Kommt es zur Eskalation im Ukraine-Konflikt und einer Invasion der russischen Truppen? Die NATO-Staaten zweifeln am angekündigten Teilabzug russischer Truppen und fordern Belege vom Kreml. Der Westen befürchtet, dass Wladimir Putin nur nach einem Vorwand nutzt, um eine Invasion zu rechtfertigen, möglicherweise auch mit einem Täuschungsmanöver.
Wladimir Putin hat nach US-Angaben rund 150.000 Soldaten an der ukrainisch-russischen Grenze stationiert. Doch wäre der nächste Schritt, also eine Invasion, nicht selbstzerstörerisch? Fünf Gründe sprechen gegen einen Krieg.
Ukraine-Konflikt: Putin wäre verrückt – 5 Gründe sprechen gegen eine Invasion!
Der YouTube-Kanal VisualPolitik DE hat sich zum Ziel gesetzt, internationale Politik zu erklären. Nun hat das deutsche Team von VisualPolitik die Ausgangslage von Wladimir Putin im Ukraine-Konflikt unter die Lupe genommen.
Die Grundthese der Experten lautet: Ein Einmarsch in die Ukraine könnte für Putin zur Falle werden und den USA in die Karten spielen. Dafür sprechen mehrere Gründe, vier davon haben wir für diesen Artikel an ein Video von VisualPolitik DE angelehnt.
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Das ist Wladimir Putin:
- Der Politiker wurde am 7. Oktober 1952 in Leningrad geboren.
- Er war ab 1985 KGB-Agent in der DDR, hauptsächlich in Dresden. Er hatte auch einen Stasi-Ausweis.
- Boris Jelzin machte ihn 1999 zum Ministerpräsidenten. Kurz darauf wurde Putin nach dessen Rücktritt Präsident der russischen Föderation.
- Über sein Privatleben gibt es einige Spekulation. Bekannt ist, dass er sich 2013 von seiner Ehefrau Ljudmila Alexandrowna Putina trennte.
- Das Paar zeugte zwei Töchter, die 1985 und 1986 zur Welt kamen.
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1. Grund: Eine Besetzung der Ukraine würde hohe Folgekosten für Putin haben
Möglicherweise könnten die russischen Truppen aufgrund ihrer Überlegenheit einen raschen Kriegserfolg in der Ukraine erzielen. Allerdings sind schwere Verluste auch bei Putins Armee zu erwarten, denn die Ukraine konnte seit der Annexion der Krim 2014 und besonders in den vergangenen Wochen die eigenen Truppen aufrüsten und mobilisieren (siehe dazu auch den 5. Grund unten). Hunderttauende Ukrainer bringen Waffenerfahrung mit und sind bereit ihr Land zu verteidigen.
Doch weitergedacht: Was passiert nach einer möglichen Besatzung? Es könnte eine Art Guerilla-Krieg drohen. Widerstandsnester, finanziert und ausgestattet aus den USA, könnten den russischen Truppen das Leben weiter schwer machen und mit fortwährenden Anschlägen einen hohen Tribut fordern. Das Beispiel Afghanistan zeigte, dass selbst hoch überlegene Armeen des Westens das Land zwar einnehmen, aber nicht dauerhaft befrieden konnten.
2. Grund: Putin schweißt den Westen zusammen und würde ein Wettrüsten gegen die NATO verlieren
Sollte es Wladimir Putins Absicht gewesen sein, den Westen im Ukraine-Konflikt zu spalten, ist er bislang damit gescheitert. Das aggressive Vorgehen der Russen war kontraproduktiv: Die EU und die NATO treten so geschlossen auf wie lange nicht mehr. Die Bedrohung durch Putin schweißt die Staaten zusammen.
Zudem hat Putin jetzt sogar noch mehr NATO-Truppen vor der Nase als zuvor. Deutschland entsandte nun 350 weitere Soldatinnen und Soldaten nach Litauen. Die USA schickten 3000 zusätzliche Einsatzkräfte nach Polen. Im Kriegsfall dürften diese Kontingente noch weiter erhöht werden.
Das Team von VisualPolitik denkt noch weiter: Sogar Schweden und Finnland könnten der NATO beitreten, als EU-Länder wäre Putin da ziemlich machtlos. Auch haben mehrere Ländern nun angekündigt, ihre Militärhaushalte aufzustocken, insbesondere in Osteuropa.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht forderte in dieser Woche ebenfalls einen höheren Verteidigungsetat für die Bundeswehr. Seit Jahren verlangen die USA, dass ihre europäischen Verbündeten, allen voran Deutschland, zwei Prozent ihrer Bruttoinlandsprodukte in das Militär investieren sollen. Ausgerechnet Putin könnte den USA diesen Gefallen nun tun.
Eine Aufrüstungsspirale könnte Russland aber gegen die wirtschaftlich stärkere EU und erst gegen die USA nicht gewinnen. Schon im Kalten Krieg ging die Sowjetunion letztlich auch daran zugrunde.
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3. Grund: Putin verliert seinen größten Trumpf – das Erdgas
Auch wenn er es nicht offen ausspricht: Kanzler Olaf Scholz ist bereit, Nord Stream 2 im Kriegsfall zu begraben. Schon jetzt sorgt Putins Vorgehen in der Ukraine zu einem Umdenken in der EU. Man will nicht mehr von seinem Gas abhängig sein, das der russische Präsident als Druckmittel einsetzt.
Die USA als Exporteur von Flüssiggas könnten auch hier die großen Gewinner werden (mehr dazu in diesem Artikel). Putin aber droht seinen größten Trumpf zu verlieren, denn Öl und Gas machen einen Großteil der russischen Exporte und Staatseinnahmen aus. Neben Europa importieren vor allem auch reichlich Öl aus Russland. Bislang ist das aber erstaunlicherweise kein großes Thema im Ukraine-Konflikt.
China als alternativer Absatzmarkt für die fossilen Energieträger könnte Russland wiederum seine politische Unabhängigkeit kosten, als Juniorpartner der Volksrepublik, ohne Absatzmarkt mehr im Westen.
4. Grund: Noch heftigere Sanktionen würden Russlands Wirtschaft enorm schaden
Immer wieder drohen westliche Politiker damit, dass Putin heftige Sanktionen in Kauf nehmen müsste, wenn er einen Einmarschbefehl in die Ukraine gibt. Schon seit 2014 gibt es zahlreiche Wirtschaftssanktionen, also seit der Annexion der Krim durch Russland.
Es ist ein Risiko für Putin, seine Wirtschaft weiter abzuwürgen und damit auch als autokratischer Herrscher Rückhalt in der Bevölkerung zu verlieren. Auch die Menschen in Russland wollen Wohlstand, sonst wackelt das politische System!
5. Grund: Putin hat sich schon viel zu viel Zeit gelassen
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) nennt in einem Artikel einen weiteren Grund, warum ein Einmarsch der russischen Truppen unwahrscheinlicher geworden ist. Es sei nämlich unlogisch, dass sich Putin mit dem Truppenaufmarsch so viel Zeit gelassen habe. Die Stationierung seines Militärs an der Grenze sei zwar eine imposante Machtdemonstration, habe aber der Ukraine auch viel Zeit verschafft, sich auf den Ernstfall vorzubereiten.
+++ Ukraine und Russland kurz erklärt: Warum gibt es diesen Konflikt überhaupt? +++
Betrachte man das auch historischer Perspektive, etwa am Beispiel von Hitlers Angriff 1939 auf Polen, fällt auf, dass der Überraschungseffekt wegfällt. Dagegen ist das Risiko für Putins eigene Truppen stark gestiegen, auf heftigen Widerstand zu stoßen. Aggressoren, so die These von Historikern, auf die sich das RND bezieht, hätten ihre Angriffe in der Geschichte aber zumeist im Geheimen vorbereitet und plötzlich zugeschlagen.