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Sind Briefkastenfirmen illegal?

Sind Briefkastenfirmen illegal?

Berlin. 

Nach den Enthüllungen der Panama Papers zu Briefkastenfirmen von Politikern und Sportstars in Steueroasen sind die Behörden weltweit aufgeschreckt. Die wichtigsten Fragen im Überblick:

Was ist eine Briefkastenfirma?

Die Firmen existieren nur auf dem Papier. Sie haben kein tatsächliches wirtschaftliches Geschäft, nur eine Bankverbindung. In der Regel wird eine Briefkastenfirma in einem der Steuerparadiese wie ­Panama, den britischen Jungferninseln oder den Kaimaninseln mithilfe von Anwälten oder Dienstleistern vor Ort gegründet. Pro forma gibt es oft einen Geschäftsführer, der aber nicht operativ tätig wird. Um Finanzströme zu verschleiern, wird Geld oft über verschiedene Konten in verschiedene Länder an die Briefkastenfirma überwiesen.

Sind diese Firmen per se illegal?

Nein. Geld in sogenannten Offshorefirmen anzulegen, ist nicht ­illegal. So nutzen etwa russische Unternehmen Briefkastenfirmen, um ihre Geschäfte beispielsweise vor willkürlichem staatlichen ­Zugriff zu schützen. Einkünfte aus Scheinfirmen nicht anzuzeigen, ist dagegen nicht erlaubt. „Illegal ist, etwas zu vertuschen, etwas zu verschweigen, durch ein Scheinkonstrukt zu betrügen“, sagt der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler. Das sei bei der Gründung einer solchen Firma in Steueroasen zwar nicht zwingend, aber „es gibt normalerweise wirtschaftlich keinen vernünftigen Grund, eine solche Firma zu gründen, es sei denn, man möchte etwas vor den Behörden verbergen“. ­Eigenthaler schätzt, dass dem deutschen Fiskus jährlich 50 Milliarden Euro durch Steuerbetrug und noch viele Milliarden Euro mehr durch die Nutzung legaler Steuerschlupflöcher verloren gehen.

Stefan Marotzke, Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, grundsätzlich gebe es viele legale Einsatzmöglichkeiten von Offshorefirmen, Trusts und Stiftungen. „Hier muss aufgearbeitet werden, in welchen Fällen legale Geschäfte gemacht wurden und wo die Grenze zu kriminellen Handlungen überschritten wurde.“ Er geht davon aus, dass die Sparkassen und Landesbanken in Deutschland nicht von den Vorwürfen betroffen sind.

Warum eigentlich Panama?

Der mittelamerikanische Staat ­Panama ist einer der wichtigsten Finanzplätze Lateinamerikas. Die Finanzkrise ging an Panama ­weitgehend vorbei. Ein liberales Bankengesetz lockt Kreditinstitute an. Immer wieder gibt es Berichte über illegale Transaktionen. So war das Land in den 80er-Jahren das Bankenzentrum kolumbianischer Drogenkartelle. Zuletzt bemühte sich Panama darum, dieses Image loswerden und sich als seriöser ­Finanzplatz zu positionieren. Die Regierung erließ eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen.

Im Februar strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung Panama von der grauen Liste der Staaten, die beim Austausch von Finanz- und Steuerinformationen hinterherhinken. Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobte in ­seinem jüngsten Bericht die Stabi­lität des Bankensektors. Panamas Staatschef Juan Carlos Varela sagte am Montag die volle Kooperation bei der Aufklärung des Falls zu.

Welche Rolle spielt die Kanzlei, von der die Daten stammen?

Die Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama bietet die Gründung und Verwaltung von Offshorefirmen an. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben über 500 Mitarbeiter. Es ist in Belize, den Niederlanden, Costa Rica, Großbritannien, Malta, Hongkong, ­Zypern, den Britischen Jungferninseln, Bahamas, Panama, An­guilla, Seychellen, Samoa und den US-Bundesstaaten Nevada und Wyoming tätig. Gegründet wurde sie 1977 vom deutschstämmigen Rechtsanwalt Jürgen Mossack. Er tat sich 1986 mit dem Panamaer Ramón Fonseca Mora zusammen. Der Anwalt, Schriftsteller und Politiker Fonseca war bis vor Kurzem Berater von Panamas Staatschef Juan Carlos Varela. Wegen Ermittlungen gegen Mossack Fonseca in Brasilien lässt er seine Beratertätigkeit derzeit ruhen.

Wie geht es weiter?

Mehrere Länder wollen nach der Veröffentlichung aktiv werden. Frankreich will die Papiere für ­Ermittlungen haben, die spanischen Finanzbehörden wollen ­prüfen, ob die bekanntgewordenen Geldanlagen in Offshorefirmen rechtens sind. Die österreichische Finanzmarktaufsicht gab die Überprüfung zweier Banken in Auftrag. Experten appellieren an die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, gewisse Zahlungen aus Steueroasen nicht zu akzeptieren.

Sind auch Deutsche betroffen?

Mehr als 1000 Deutsche nutzen ARD-Informationen zufolge die Offshore-Dienste. So tauche etwa Rennfahrer Nico Rosberg auf den Listen auf. Der ehemalige Siemens-Vorstand Jürgen Radomski habe Mossack Fonseca genutzt, um mehrere Millionen Euro zu verschieben. Radomski bestreitet dies. Rosberg ließ ausrichten, es handele sich um eine Privatangelegenheit.