Schockbilder und Verbote – EU will das Rauchen vermiesen
300 Menschen sterben in Deutschland täglich an den Folgen des Tabak-Konsums. Die EU-Kommission will nun die raucher vergrämen – mit dem Verbot von Menthol-Zigaretten, starke Limits für E-Zigaretten und Zigarettenpackungen mit Fotos von verquarzten Lungen.
Brüssel.
Mit schärferen Auflagen wollen die EU-Staaten Tabak für junge Menschen unattraktiv machen. Nach einem Beschluss der EU-Gesundheitsminister vom Freitag sollen die Einschränkungen aber weniger radikal ausfallen, als von der EU-Kommission und Gesundheitspolitikern des EU-Parlaments gefordert. So sollen die Warnhinweise auf den Zigaretten-Packungen nicht ganz so groß ausfallen, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen. Die extra-dünnen „Slim“-Zigaretten wären weiter zugelassen. Die von Altkanzler Helmut Schmidt favorisierten Menthol-Zigaretten müssen hingegen nach dem Willen der EU-Staaten aus dem Verkehr gezogen werden.
Rund 700.000 Menschen pro Jahr bringt der Tabak in der EU vorzeitig ums Leben, allein in Deutschland sind es 300 am Tag. Den wirtschaftlichen Schaden schätzt die EU-Kommission auf jährlich 25 Milliarden Euro. Deswegen sei das überragende Ziel der neuen Vorschriften die Abschreckung der Jungen, sagte der Sitzungsleiter, Irlands Gesundheitsminister Kim Reilly. „Die Botschaft ist: Fang gar nicht erst an – du hast keine Ahnung, wie schwer es ist, wieder aufzuhören!“
65 Prozent der Verpackung für Warnhinweise
Wichtigstes Instrument der Abschreckung ist die Packung. 65 Prozent der Vorder- und Rückseite sollen dem Beschluss zufolge warnenden Text-Hinweisen und Bildern von zerfressenen Lungen und schwarzen Zehen vorbehalten sein. Neben Menthol werden auch Koffein- oder Vitamin-Zusätze verboten. Das gilt aber nur für Zigaretten und losen Tabak für Selbstdreher – also nicht für den bei der Jugend populären Wasserpfeifen-Tabak.
Bei neuen Aromen soll die Kommission die Unschädlichkeit prüfen. E-Zigaretten brauchen ab einem bestimmten Nikotin-Gehalt (1 Milligramm pro Zigarette) eine Zulassung als Arznei-Mittel. Die Mitgliedstaaten dürfen Internet-Handel mit Tabak-Produkten genehmigen, müssen aber dafür sorgen, dass es nicht zu Lieferungen in Länder kommt, wo man diese Erzeugnisse nicht im Netz kaufen kann.
Widerstand von Polen, Tschechien, Rumänien und Polen
Der Beschluss fiel mit Mehrheit gegen den Widerstand von Polen, Tschechien, Bulgarien und Rumänien. Die Diskussion sei streckenweise „lebhaft, ja aufreibend“ gewesen, berichtete Reilly. Die Polen und Tschechen hatten schwere Wettbewerbsnachteile für ihre Tabakindustrie geltend gemacht. Auch im Europa-Parlament, das noch keine definitive Position bezogen hat, werde es Probleme geben, prophezeite Gesundheitskommissar Tonio Borg. Wenn Ministerrat und Parlament sich auf einen gemeinsamen Text geeinigt und das Gesetz verabschiedet haben, soll es anderthalb Jahre später – vermutlich 2015 – in Kraft treten.