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Rente: Nur „ein netter Bonus“ – kann die Aktienrente das System stabilisieren?

Die Rentenlandschaft steht vor einer radikalen Veränderung! Die Bundesregierung plant, die Aktienrente deutlich aufzustocken. Ist das der richtige Weg?

Die Rentenlandschaft steht vor einer radikalen Veränderung! Die Bundesregierung plant, die Aktienrente deutlich aufzustocken. Ist das der richtige Weg?
u00a9 IMAGO/photothek

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Demographischer Wandel, weniger Beitragszahler, baldiger Wegfall der Babyboomer aus dem Arbeitsleben – die Rente sieht sich mehreren Problem und Gefahren konfrontiert. Um also das deutsche Rentensystem zu stabilisieren, plant die Bundesregierung die Aktienrente, auch Generationenkapital genannt.

Und genau diese steht vor einem gigantischen Wachstumsschub. Laut „Handelsblatt“ soll die Bundesregierung ab 2024 satte zwölf Milliarden Euro in das Generationenkapital einspeisen. Doch das ist noch nicht alles – die Summe soll Jahr für Jahr um drei Prozent anwachsen. Das Ziel? Bis zum Jahr 2035 soll das Generationenkapital atemberaubende 200 Milliarden Euro erreichen. Das wurde der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Montag (07. August) aus Regierungskreisen bestätigt.

Rentenabsicherung durch Aktien?

SPD, Grüne und FDP haben sich im Koalitionsvertrag auf ein erhebliches Startkapital von zehn Milliarden Euro für die Aktienrente geeinigt. Diese beträchtliche Summe ist bereits im Haushalt für das Jahr 2023 vorgemerkt. Der Kapitalmarkt soll zukünftig ein vertrauter Freund der Rentenabsicherung werden. Die Bundesregierung setzt auf eine innovative Strategie, bei der öffentliche Mittel nach und nach einen wachsenden Kapitalstock aufbauen, dessen Erträge die Rentenbeiträge und das Rentenniveau auf Kurs halten sollen.

+++ Ist das zu riskant? – Interview mit Norbert Kuhn vom Deutschen Aktieninstitut +++

Neuesten Informationen des „Handelsblatts“ zufolge haben das Arbeits- und das Finanzministerium gemeinsam beschlossen, dieses Projekt in die Größenordnung zu katapultieren. Einige Vorbehalte gab es im Wirtschaftsministerium. Das Generationenkapital ist ein zentraler Pfeiler einer anstehenden Rentenreform, die laut dpa-Informationen Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in Kürze vorstellen werden.

Rente: Kritik an den Plänen

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen zu diesem Plan. Vertreter der Grünen und Gewerkschaften sehen das geplante Generationenkapital mit Skepsis. Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi, äußerte Bedenken darüber, dass das Rentensystem von einem Beitragssystem zu einem Anlagesystem umgebaut werden soll.

Der Grünen-Rentenexperte Markus Kurth stellt das Generationenkapital sogar grundsätzlich in Frage. Laut einer Analyse von Kurth werfe das Konzept des Bundesministeriums der Finanzen viele finanzielle, beihilferechtliche und verfassungsrechtliche Fragen auf.

Pascal Kober (FDP) äußerte sich zustimmend: „Die Pläne zur Anhebung des Generationenkapitals sind eine positive und wichtige Nachricht“, erklärte er in Berlin. Auch die für 2024 genannte Summe von zwölf Milliarden Euro könne aber „nur eine erste Anschubfinanzierung sein“. Kober verwies auf die Möglichkeit, auch Mittel aus Rentenbeiträgen für den Fonds heranzuziehen.

Rente: „So entscheidend ist sie gar nicht“

Was in Deutschland noch Wunschdenken ist, ist in Schweden bereits seit über 20 Jahren gelebte Praxis. Sollte sich Deutschland also ein Vorbild nehmen? „Die Bundesregierung kann die Aktienrente ruhig einführen, aber so entscheidend ist sie gar nicht“, betont dazu Rentenexpertin Lisa Laun im Interview mit der „Zeit“. „Die Aktienrente allein wird eure Probleme nicht lösen“, mahnt Laun. Und: Auch das schwedische Rentensystem sei nicht wegen der Aktienrente so erfolgreich. Sie sei ein netter Bonus, mehr nicht, so Laun.


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So gebe es dort auch eine Einkommensrente und eine Basisrente. „Wir haben in Schweden starke Tarifverträge, knapp 90 Prozent aller Arbeitnehmer haben eine betriebliche Altersvorsorge“, erklärt die Professorin für Wirtschaftswissenschaften am schwedischen Institut für Evaluation der Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik (IFAU).

Und: „Außerdem zahlen bei uns ausnahmslos alle in den gesetzlichen Rententopf ein, Deutschland schließt dagegen Beamte und Selbstständige aus.“