Es ist ein zäher Krieg in der Ukraine ohne große Erfolge. Die Propaganda-Show, insbesondere im russischen Fernsehen, nutzt sich ab. Was Putin nicht gebrauchen könnte, wäre eine Bevölkerung, die ungeduldig wird.
Dazu hätte sie jeden Grund: Russland steckt in einer politischen, wirtschaftlichen und militärischen Sackgasse. Der Kreml hat das Land von Europa abgekoppelt und von China abhängig gemacht. In der Ukraine sollen außerdem schon rund 120.00 Russen gefallen sein. Eine riesige Anzahl weiterer Frontkämpfer wurde verletzt.
Verhalten des russischen Volks spielt Putin in die Karten
Doch offenbar tut die russische Bevölkerung Putin einen Gefallen. Wie Russland-Korrespondent Sebastian Ehm (ZDF) feststellt, scheint das Interesse am Kriegsgeschehen immer weiter nachzulassen.
Er macht das an zwei Indizien fest. Zum einen ist die Zahl der Russen, die aus Prinzip den Fernseher nicht mehr einschalten, stark gestiegen. Mittlerweile sind es 31 Prozent, die auf die staatliche Propaganda-Sendungen keine Lust mehr haben. Wobei hier natürlich auch andere Gründe eine Rolle spielen können, etwa das gesamte TV-Angebot. Die Zahlen stammen vom staatlichen Meinungsforschungsunternehmen WZIOM.
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Zum anderen hat die kremlnahe Stiftung für öffentliche Meinung festgestellt, dass den Russen der Ukraine-Krieg immer unwichtiger wird. Drei Tage nach dem russischen Einmarsch sagten laut Stiftung noch 77 Prozent der Befragten, dass der Krieg für sie ein bedeutendes Ereignis ist. Aktuell seien es nur noch 27 Prozent. Diese Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen, sie könnten dennoch einen Trend widerspiegeln.
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Das Kalkül des Kreml-Chefs
Genau dieses Desinteresse könnte Putin nämlich in die Karten spielen. Mittlerweile spricht er ganz offen über sein Kalkül: Der Westen werde irgendwann die militärische Unterstützung für die Ukraine einstellen (hier mehr dazu) oder zumindest nicht mehr in diesem Ausmaß aufrechterhalten können. Am 5. Oktober sagte er ganz klar, worauf er spekuliert: „Wenn die westlichen Verteidigungslieferungen morgen eingestellt werden, hat die Ukraine noch eine Woche zu leben, da ihr die Munition ausgeht“.
Dabei wird es dem Präsidenten helfen, wenn die russische Bevölkerung bis dahin die Füße stillhält und nicht unruhig wird. Desinteresse kann hilfreicher sein als leidenschaftlicher Nationalismus, wenn die Erfolge ausbleiben. Eine Nervosität möchte er lieber beim Wahlvolk in den westlichen Demokratien sehen und erzeugen.