Der wachsende Anteil von Richterinnen und Staatsanwältinnen wird zu einem Problem der Justiz in NRW. „Wir haben möglicherweise zu viele Frauen in der Justiz“, sagt Reiner Lindemann, Vorsitzender des Bundes der Richter und Staatsanwälte NRW.
Dortmund.
Unter den Bewerbern mit guten Examens-Abschlüssen, die sich für den öffentlichen Dienst interessieren, sind überwiegend Frauen. Die leisteten zwar „hervorragende Arbeit“, seien „gute Entscheider und belastbar“, räumt Reiner Lindemann, Vorsitzender des Bundes der Richter und Staatsanwälte in NRW, ein. „Aber die guten Männer suchen sich die bessere Bezahlung und gehen in die Wirtschaft und die Kanzleien.“
Folge: Viele Juristinnen, die Nachwuchs bekommen, fielen für Familienzeiten einige Jahre aus. „Das führt zu dem Problem, dass wir Richterstellen nicht besetzen können mit auf Lebenszeit ernannten Richtern und an der Basis die Arbeitskräfte ersetzt werden müssen“, so Lindemann. Das allerdings funktioniere nicht immer reibungslos und erschwere die Arbeit: „Schon jetzt sind die Richter vor Ort überlastet.“
62 Prozent Frauen bei Neueinstellungen
Der hohe Frauenanteil von 62 Prozent bei Neueinstellungen sorge so für eine weitere Verschärfung der Personalsituation: Aktuell fehlten in NRW 500 Stellen für Richter und 200 für Staatsanwälte. Der Richterbund befürchtet deshalb, dass nicht nur die Dauer der Verfahren weiter in die Länge gezogen wird, sondern unter dem Zeitdruck langfristig auch die Qualität leidet.
Die Forderungen des Verbandes: „Wir müssen insgesamt eine bessere Besoldung haben, damit sich neue Bewerber melden und wir ein gleiches Verhältnis zwischen Männer und Frauen erhalten.“ Andernfalls zeichne sich ab, dass die Lage „dramatisch“ werde.
Positiv bewertet Lindemann das Projekt „Frauen in Führungspositionen“, das jetzt im NRW-Justizministerium gestartet worden ist. Dort sollen Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die es ermöglichen, „dass Menschen sich bewusst für Kinder und Beruf entscheiden können“, so Justizminister Thomas Kutschaty (SPD). Für die Justiz sei es seiner Ansicht nach „dringend erforderlich, hoch qualifizierte Frauen als Führungskräfte zu gewinnen“. Familie und Karriere dürften hierbei kein Widerspruch sein.