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Private Hochschulen – klein, fein, teuer, aber auch gut?

Private Hochschulen – klein, fein, teuer, aber auch gut?

Der „Turbo“-Student Marcel Pohl (22) ist in aller Munde: Seit er das Kunststück fertigbrachte, einen „Master“ an der Hochschule FOM in Dortmund in vier statt in elf Semestern zu schaffen, fragen sich viele, wie es um die Qualität der privaten Hochschulen steht.

Essen. 

„Wir sollten genauer hinsehen, wie die Privaten forschen und lehren und ob sie tatsächlich gemeinnützig sind“, sagte Karl Schultheis, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, dieser Zeitung. „Wir sehen mit Sorge, dass hier Dienstleistungen zum hohen Preis angeboten werden. Das ist eine exklusive Angelegehnheit für jene, die es sich leisten können. Der Grundsatz muss aber sein: Bildung für alle“, meint Uwe Dieter Steppuhn (Böckler-Stiftung).

Der Essener Bildungsforscher Rolf Dobischat schimpft: „Bildung wird immer mehr zur Ware, die man kaufen soll. Zu diesem neuen und immer unübersichtlicheren Bildungsmarkt gehören auch die Akkreditierungs-Agenturen, die die Qualität von Studiengängen beurteilen. Früher war das eine öffentliche Aufgabe.“ Eigentlich, so Dobischat, könne es nicht möglich sein, dass jemand in vier Semestern schafft, was auf elf Semester angelegt ist. „Das ist nur zu erklären mit den Verzicht auf die Präsenzpflicht, und das gibt es inzwischen fast überall, nicht nur bei privaten Hochschulen.“

Wirtschaft reagiert positiv auf Absolventen privater Unis

Die Wirtschaft freut sich über die Absolventen privater Hochschulen. „Vor allem die berufsbegleitenden Studiengänge genießen bei Arbeitgebern einen guten Ruf“, sagt Henning Dettleff (Arbeitgeberverband BDA). Das liege auch daran, dass die privaten Hochschulen in einem Sektor entstünden, den die staatlichen Hochschulen nicht oder nicht breit genug ausfüllten. „Das sind vor allem die Bereiche Wirtschaft, Pflege und Soziales.“ Wer in diesem Bereich berufsbegleitend studieren wolle, finde ein großes und organisatorisch hervorragendes Angebot bei den meisten privaten Hochschulen, meint auch Kevin Heidenreich, Hochschulexperte beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. „Bei den dualen Studiengängen hinken die staatlichen Hochschulen hinterher, dort punkten die Privaten.“

Staatliche Hochschulen sollen sich für Berufstätige öffnen

Genau diese Entwicklung sieht der Chef des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), Frank Ziegele, mit Sorge: „Die Staatlichen müssen aufpassen, dass sie nicht den Anschluss verlieren. Ich würde mir wünschen, dass die staatlichen Hochschulen mehr in den berufsbegleitenden Bereich investieren würden.“ Die regelrechte „Studentenschwemme“, die derzeit durch doppelten Abiturjahrgänge auftritt, könne nicht darüber hinweg täuschen, dass in ein paar Jahren weniger Studenten an die Hochschulen kämen, die dann auch andere Bedürfnisse hätten.

„Blitz-Student“ Pohl sei eine „absolute Ausnahme“

Ein Student wie Marcel Pohl sei die „absolute Ausnahme“, sagt FOM-Chef Burghard Hermeier: “Er ist sicherlich nicht der Normalstudent, seine persönlichen Fähigkeiten hat nicht jeder Student. Rein von der Organisation des Studiums ist ein zügiger Abschluss – und das bedeutet in der Regelstudienzeit – bei uns sehr gut möglich.“ Durch die vielen Standorte der FOM in Deutschland sei es theoretisch möglich, aus 80 verschiedenen Terminen zu wählen, an dem man eine Klausur schreiben könne. Diese Möglichkeit habe Marcel Pohl genutzt.

FOM weist Kritik an Qualität des Studiums zurück

Dass das Studium an der FOM besonders leicht sei, wenn es offenbar so schnell zu absolvieren ist, weist Hermeier zurück: „Das Studium an der FOM ist sicherlich nicht einfach. Das bestätigen uns sowohl Rückmeldungen aus der Wirtschaft als auch unabhängige Rankings.“ Der Arbeitsaufwand, der für den Abschluss eines Studiums in der Regelstudienzeit benötigt werde, überprüfe die FOM regelmäßig. „Ungefähr ein Drittel unserer Studenten beendet ihr Studium erfolgreich in der Regelstudienzeit. Weniger als zwei Prozent unserer Studierenden werden im berufsbegleitenden BA-Studium früher fertig“, so Hermeier.

Staatliche Hochschulen suchen den privaten Markt

Christiane Konegen-Grenier vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln sagt: „Die privaten Hochschulen sind insbesondere für Studieninteressierte interessant, die sich neben ihrer Berufstätigkeit weiterbilden möchten. Die staatlichen Hochschulen machen Berufstätigen vergleichsweise wenige Angebote. Schon seit längerer Zeit verdienen auch öffentliche Hochschulen Geld mit Ausgründungen. Berufsbegleitende MBA-Angebote gibt es zum Beispiel an der FH Konstanz, an der Uni Mannheim und an der Uni Augsburg. Außerdem sind viele Hochschullehrer im Rahmen ihrer Nebentätigkeit auch bei privaten Weiterbildungsanbietern aktiv.“ Allerdings sollten solche Aktivitäten nach Auffassung von Konegen-Grenier unter dem Dach der Hochschule oder einer Hochschulausgründung stattfinden, damit ein Teil dieser Einnahmen an die Hochschule zurückfließt.

Wie gut sind private Hochschulen eigentlich? Und: Für wen kommt ein solches Studium in Frage? Hier die wichtigsten Infos:

Wie viele Private gibt es?

Seit 20 Jahren immer mehr. Fünf Prozent der Studenten in Deutschland sind an einer der 109 privaten Hochschulen eingeschrieben: 100 000 Studierende. In NRW gibt es 19 Private, meist Fachhochschulen. Das entspricht drei großen Unis vom Format der Ruhr-Uni Bochum. Übrigens: Weniger als der Hälfte geht es allein um den Profit.

Was sagen die Studenten?

„„Die Betreuung war hervorragend“, sagt Thomas Bosch, der an der privaten Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA) seinen Betriebswirt gemacht hat. Gute Erreichbarkeit der Dozenten, praxisnahe Vorträge und unkomplizierte Hierarchien lobt auch Natascha Wegelin, die an der privaten Business and Information Technology School (BITS) in Iserlohn 2008 ihren Bachelor-Abschluss gemacht hat. „Aus der Zeit an der BITS habe ich vor allem viel unternehmerisches Denken mitgenommen, das mir jetzt beim Aufbau meines eigenen Start-Up-Unternehmens geholfen hat.“ Dozenten, die aus der Praxis berichten , seien ein großes Plus der privaten Universitäten, meint Bosch: „Das finde ich bei öffentlichen Universitäten so nicht.“ Leistungsbereitschaft und überdurchschnittliches Engagement würden als selbstverständlich vorausgesetzt – auch mit bewusstem Aufbau von Leistungsdruck. „Es war auch Teil des Konzepts der Uni, dass bewusst mehrere Klausuren auf einen Tag gelegt wurden“, erzählt BITS-Absolventin Natascha Wegelin, „dahinter steckte der Gedanken, dass man lernt, sich auf das zu konzentrieren, was unmittelbar vor einem liegt und dort Leistung zu bringen egal was vorher war.“ Dadurch habe sie vor allem gelernt, effizient zu arbeiten.

Die Stärken der Privaten

Ein fest integriertes Auslandssemester während der Studienzeit ist an den meisten privaten Hochschulen obligatorisch. Zudem sind viele Studiengänge mehrsprachig, auch im Inland werden viele Kurse auf Englisch angeboten. Durch Kooperationen mit Unternehmen können Studenten früh Kontakte zu potentiellen Arbeitgebern knüpfen und Praktika dort absolvieren. Oft sind es Fachleute aus der Praxis, die als Dozenten Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln. Ein zentrale Stärke der privaten Hochschulen liegt im berufsbegleitenden Studium. Mit flexiblen Studienmöglichkeiten nach Feierabend und am Wochenende sind die privaten Anbieter damit besonders für Berufstätige interessant. Hier liegen sie klar im Vorteil gegenüber den öffentlichen Hochschulen.

Die Schwächen der Privaten

Sie besetzen Nischen: meist diverse Wirtschaftsstudien. Insgesamt ist das Fächerspektrum klein. Wer in der Forschung Karriere machen möchte, ist meist an einer Öffentlichen besser aufgehoben. Bei weniger als 10 Prozent der Privaten handelt es sich um Universitäten mit Promotionsrecht. Zwar gibt die Pflicht-Akkreditierung der privaten Hochschulen einen ersten Hinweis, was die Qualität des Studiums angeht, Frank Ziegele vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) sieht hier dennoch einen Vorteil bei den staatlichen Unis: „Die Ungewissheit über die Qualität ist bei den privaten Hochschulen einfach größer, weil da nicht immer ein starker Name und ein Ruf dahinter stehen.“

Ist das eine ernsthafte Konkurrenz zu öffentlichen Hochschulen?

Derzeit nicht. Öffentliche Hochschulen sind in der Forschung in fast jeder Hinsicht überlegen. Öffentliche FHs und Unis machen ebenfalls solide Studienangebote. Allerdings ist die Zulassung dort oft eingeschränkt, und das Betreuungsverhältnis zuweilen schlecht. Es ist aber nicht so, dass Absolventen staatlicher Hochschulen schlechtere Jobchancen hätten. Deutschland ist bei der Hochschulbildung Lichtjahre von amerikanischen Verhältnissen entfernt. Und renommierte Forscher zieht es selten zu den Privaten.

Was sagt die Wirtschaft?

Von Arbeitgeberseite kommen in Bezug auf Absolventen von privaten Hochschulen viele positive Rückmeldungen. „Gerade aus dem berufsbegleitenden Bereich ist die Resonanz sehr gut“, sagt Henning Dettleff, Referent für Hochschulpolitik bei der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Weil die privaten Hochschulen in Bereichen entstehen, die von den öffentlichen Hochschulen nicht ausreichend bedient würden, sei ein Studium dort gut geeignet für zielgerichtetes Studieren auf einen bestimmten Job. „Wer als Abiturient schon sehr genau weiß, wohin er möchte, für den kann sich ein privates Studium auszahlen“, sagt auch Kevin Heidenreich, Hochschulexperte beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Allgemein sieht die Wirtschaft die privaten Hochschulen aber vor allem als Fort- und Weiterbildungsmöglichkeit für bereits beruflich Qualifizierte. Allerdings würden und müssten die Unternehmen sehr genau hinschauen, wofür der Absolvent qualifiziert sei. „Der Name des Studiengangs oder der Hochschule insgesamt gibt bei den privaten Hochschulen oft nicht auf den ersten Blick preis, was sich dahinter verbirgt“, so Heidenreich.

Woran erkenne ich gute Private?

Der Wissenschaftsrat (WR), der diese Hochschulen begutachtet (akkreditiert), hat Berichte ins Internet gestellt. Gute Private erklären in soliden Studien, was aus ihren Absolventen wird. Interessierte sollten darauf achten, ob die Hochschule etablierte Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft hat. Ein Blick ins CHE-Ranking schadet nicht. Die Akkreditierung zeigt, dass die Mindeststandards erfüllt werden. Einzelne renommierte private Hochschulen mit wirtschaftwissenschaftlichen Angeboten (insbesondere MBA) lassen sich von internationalen Agenturen für diese Fachrichtungen akkreditieren, zum Beispiel die WHU Otto Beisheim School of Management, die EBS Universität Wiesbaden und die HHL Leipzig. Wichtig: Studenten persönlich ansprechen. Zu den Privaten mit besonders gutem Ruf gehören auch die Uni Witten/Herdecke, die Bucerius Law School und die Hertie School of Governance.

Was kostet ein solches Studium?

Die Kosten für ein Studium an einer privaten Hochschule setzen sich aus unterschiedlichen Posten zusammen. Je nach Hochschule werden sie unterschiedlich berechnet, entweder nach Monats- oder Semesterraten oder als Gesamtsumme für das komplette Studium. Zwischen 350 Euro pro Monat bis zu einer Gesamtsumme von 50000 Euro für ein Studium ist alles dabei. Die genaue Höhe richtet sich nach der Dauer des jeweiligen Studienganges. Zusätzliche Gebühren für Abschlussprüfungen kommen bei fast allen privaten Hochschulen noch dazu. Wie die Gebühren bezahlt werden können, regelt jede Hochschule unterschiedlich; die meisten schließen dazu einen detaillierten Vertrag mit jedem einzelnen Studierenden ab.