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Piraten zeigen NRW-Finanzminister an – und ernten Kritik aus eigener Partei

Piraten streiten heftig um Anzeige gegen NRW-Finanzminister

Mitglieder der Piratenpartei werfen SPD-Finanzminister Walter-Borjans vor, der Kauf von Steuer-CDs sei Unrecht. Mit dieser Meinung stehen sie allerdings in der eigenen Partei alleine. Die Staatsanwaltschaft sieht auch keinerlei Anlass die Anzeige zu verfolgen.

Düsseldorf. 

Im Streit um den Ankauf gestohlener Steuer-CDs haben Abgeordnete der Piratenpartei in NRW den Düsseldorfer Finanzminister Norbert Walter-Borjans angezeigt – doch sie stoßen damit auf Kritik selbst in eigenen Reihen. Die Parlamentarier Dirk Schatz und Nico Kern haben den „Anfangsverdacht“, der SPD-Politiker könnte sich der Beihilfe oder Anstiftung zu einer Straftat schuldig gemacht haben. Sie stellten deshalb die Strafanzeige gemeinsam mit zwei weiteren Piraten. Die Spitze der Landtagsfraktion distanzierte sich umgehend. „Weite Teile der Fraktion stehen nicht hinter der Strafanzeige“, erklärte Fraktionsvize Simone Brand. Kritik kam auch vom Landesverband der Piraten.

Staatsanwaltschaft erkennt keinen „strafrechtlich relevanten Sachverhalt“

Schatz sagte, es gehe ihm nicht darum, Ermittlungen gegen Steuersünder zu verhindern. Mit der Beschaffung der Steuersünder-CD verstoße der Staat aber gegen seine eigenen Regeln. Damit verspiele die Landesregierung Vertrauen und könne nicht mehr als „Vorbild“ dienen. Schatz nannte den CD-Kauf ein „dummes Wahlkampfmanöver“.

Brandt betonte dagegen nach Rücksprache mit Piraten-Fraktionschef Joachim Paul, die Strafanzeige sei „ausschließlich Angelegenheit“ von Schatz und Kern. Bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf wurde der Eingang der Anzeige bestätigt. Bisher seien bereits zahlreiche Anzeigen wegen des Kaufs von Steuerdaten eingegangen, so ein Sprecher auf Anfrage. Stets seien sie aber „mangels zureichender Anhaltspunkte für einen strafrechtlich relevanten Sachverhalt“ zurückgewiesen worden.

Piraten als „Hüter des Schweizer Bankgeheimnisses“

Grünen-Landtagsfraktionschef Reiner Priggen verteidigte den Daten-Kauf als „richtig und konsequent“. Walter Borjans nannte das Vorgehen der Piraten „bemerkenswert“ und meinte: „Die Kämpfer für Transparenz und gegen den Schutz des geistigen Eigentums werden zu Hütern des Schweizer Bankgeheimnisses und der dort angelegten Schwarzgeldsmilliarden.“ Gleichzeitig wies er darauf hin, die vom früheren NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) begonnene Praxis des Datenerwerbs sei gerichtlich bestätigt worden.

Schatz sagte dagegen, das Bundesverfassungsgericht habe lediglich die Verwendung der angekauften Steuerdaten als legitim bezeichnet. Es habe aber nicht entschieden, ob der Ankauf legal sei oder nicht.

Schon vor einer Woche, als der erneute Kauf von Datenträger durch nordrhein-westfälische Steuerfahnder bekannt geworden war, hatten die Piraten die Praxis scharf kritisiert. Nach ihrer Auffassung gibt es keine gesetzliche Grundlage für den legalen Ankauf der Steuer-CDs. Zudem sehen die Piraten dadurch eine Unterstützung der wirtschaftlichen Beschaffungskriminalität. In einer kleinen Anfrage an die NRW-Landesregierung fordern sie unter anderem Auskunft über die Kosten für die CD-Käufe.

Hintergrund zu den Steuer-CDs 

Das Bundesverfassungsgericht hatte vor zwei Jahren entschieden, Finanzbehörden dürften mit Hilfe illegal beschaffter Daten gegen mutmaßliche Steuerbetrüger ermitteln. Die Schweiz und die Bundesrepublik streiten schon lange über den Umgang mit deutschen Steuersündern, die ihr Geld vor dem Fiskus auf Bankkonten in der Eidgenossenschaft verstecken. Nordrhein-westfälische Behörden haben mehrmals CDs mit Daten deutscher Bankkunden gekauft, was in der Schweiz auf scharfe Kritik stößt. Manche Politiker sprachen von Hehlerei. Deutsche Politiker verweisen darauf, dass mit den Daten Steuerhinterzieher überführt wurden. Zudem fließen auch nach Selbstanzeigen, die nach den CD-Käufen stark zugenommen haben, dem Fiskus viele Millionen Euro zu.

Mit einem Steuerabkommen zwischen beiden Ländern soll der Kauf von CDs überflüssig werden. Vorgesehen sind anonym erhobene Steuern auf deutsches Schwarzgeld. Die Ratifizierung des Vertrages ist aber fraglich, da die schwarz-gelbe Koalition im Bundesrat keine Mehrheit hat. Nach Ansicht von SPD und Grünen kommen Steuerhinterzieher mit dem Abkommen zu günstig davon. Walter-Borjans hatte Anfang des Monats erklärt, weiterhin Steuer-CDs zu erwerben. „Bei Hinweisen auf Steuerhinterziehung nehmen wir die Dateien an.“ (mit Material von dapd)