Steigende Preise, vor allem für Gas und Strom, belasten auch Pflegeeinrichtungen, Frauenhäuser oder Kitas. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, mahnt in einer Pressekonferenz: „Was die Sozialeinrichtungen anbelangt, ist es jetzt wirklich fünf vor 12!“
Doch was passiert, wenn für Sozialeinrichtungen alles teurer wird? Wer trägt die Kosten? Müssen pflegebedürftige Menschen neben dem Eigenteil auch noch draufzahlen?
Energiekrise: Alles wird teurer! Auch in der Pflege?
Die Inflation macht alles teurer. Vor allem die Energiekosten sind ein Preistreiber. Laut Statistischem Bundesamt lagen im September 2022 die Preise für Energie um 43,9 Prozent über dem Niveau vom Monat August. Die Preise für Erdgas erhöhten sich um 95,1 Prozent.
Wenn soziale Einrichtungen diese gesteigerten Kosten nicht mehr decken können, drohe laut Schneider die Gefahr großflächiger Insolvenzen. „Wenn 90 Prozent sich angesichts steigender Preise in ihrer Existenz bedroht fühlen, würden wir im Sozialen Tabula Rasa erleben“, schlägt der Soziallobbyist am Freitag (21. Oktober) in einer Pressekonferenz Alarm.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert deshalb einen „Soforthilfefond“, der die Kostensteigerungen im Pflegebereich ausgleichen solle. Schneider betont aber auch: „Sollte es zu höheren Preisen kommen, heißt das nichts anderes, als dass pflegebedürftige Menschen in den Einrichtungen mehr Geld zahlen müssen!“
Eigenanteil: „Die Menschen können es kaum tragen“
Pflege zu Hause, im Heim oder in alternativen Wohnformen – die Pflegebedürftigkeit ist von Mensch zu Mensch individuell und kann so auch unterschiedlich geregelt werden. Die Kosten für diese Bedürftigkeit werden von der gesetzlichen Pflegeversicherung übernommen – allerdings nur zum Teil.
In den meisten Fällen bleibt eine Finanzierungslücke bestehen, die von den pflegebedürftigen Menschen oder von deren Angehörigen gedeckt werden muss. Je nach Bundesland fällt diese unterschiedlich aus. Wie die Pflegedatenbank des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) zeigt, müssen die Pflegebedürftigen in Nordrhein-Westfalen am meisten selbst zuzahlen. Am wenigsten bezahlen Pflegebedürftige in Sachsen-Anhalt und Sachsen.
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„Wir haben jetzt bereits einen Eigenanteil von 2.000 Euro im Monat im Durchschnitt, was die Menschen kaum tragen können“, betont Schneider. Dieser Anteil an den Pflegeheimkosten werde etwa mit der Rente oder dem Erspartem getragen.
Pflege: Wie viel droht jetzt noch an zusätzlichen Kosten neben dem Eigenanteil?
Durch höhere Energie- und andere Kosten befürchte Schneider, dass zusätzlich zum Eigenanteil 400 bis 600 Euro draufkommen könnten. Eine enorme Belastung! Das würde noch mehr Menschen in Sozialhilfe treiben, zeigt sich Schneider überzeugt.
Der Hauptgeschäftsführer des Wohlfahrtsverband fordert deshalb: „Wir brauchen, was den pflegerischen Bereich anbelangt, sofort einen Härtefallfond, mit dem wir über den Winter kommen!“ Weiter pocht er darauf, Deutschland brauche eine Pflegevollversicherung.
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Denn es bestehe eine Gefahr: „Sonst treiben wir massenhaft Menschen in die Sozialhilfe.“ Bereits heute gäbe es über 30 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner in Heimen, die Hilfe zur Pflege als Sozialhilfe beziehen. „Schätzungen gehen davon aus, dass es dann 60 Prozent werden könnten“, betont Schneider.
Um genau das zu verhindern, sei die Pflegeversicherung einst ins Leben gerufen worden. „Wir kommen um eine komplexe Betrachtung des Bereichs Pflege durch diese Energiepreise nicht herum“, appelliert der Soziallobbyist vor allem in Richtung Politik.