Am Donnerstag schlug die Meldung über den von Kanzler Scholz forcierten Verkauf von Teilen des Hamburger Hafens hohe Wellen. Wieso will der Bundeskanzler ausgerechnet nach den verheerenden Erfahrungen mit der Gas-Abhängigkeit von Putin jetzt kritische Infrastruktur an China verscherbeln?
Die Empörung und Ablehnung bis weit in die Ampel-Koalition ist groß. Auch SPD-geführte Bundesministerien sollen gegen den Verkauf sein. Grüne und FDP wollen die Pläne des Kanzlers stoppen. Doch was treibt Scholz und die Landesregierung in Hamburg überhaupt an?
Hamburger Hafen: Wieso will Kanzler Scholz den Verkauf?
Die staatliche chinesische Reederei Cosco will 35 Prozent des Container-Terminals „Tollerort“ erwerben. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ist dafür, ebenso wie der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher und Kanzler Olaf Scholz. Das Kanzleramt treibt den Verkauf der Anteile unbeirrt voran, obwohl es Widerstand in der Ampel-Koalition dagegen gibt. Das ergaben jüngste Recherchen von WDR und NDR. Die Befürchtung ist, dass Deutschland in eine weitere Abhängigkeit zu China gerät und erpressbar wird, wenn kritische Infrastruktur verkauft wird.
Doch es gibt auch die andere Seite der Medaille: Schon jetzt kommt jeder dritte Container, der in Hamburg ankommt, aus China. Der Hamburger Hafen befürchtet, von Rotterdam und Antwerpen im globalen Handel abgehängt zu werden. Diese Häfen sind schon enger mit Cosco verbandelt.
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Hamburg Hafen: Weicht China sonst aus?
Bürgermeister Tschentscher stellt klar: „Eine Ablehnung wäre eine schwere Belastung für den Wirtschaftsstandort und eine einseitige, wettbewerbsverzerrende Benachteiligung Hamburgs gegenüber Rotterdam und Antwerpen, in denen Cosco bereits Terminal-Anteile besitzt.“
Andersherum verspricht man sich in Hamburg positive Auswirkungen auf das China-Geschäft, wenn Anteile des Terminals verkauft werden. Hamburg könnte so zum bevorzugten Umschlagplatz werden.
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Es gehe darum „eine noch effizientere Verzahnung der chinesischen Logistikströme in Hamburg erfolgreich zu sichern“, erklärte HHLA-Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath bereits vor einem Jahr. In der Hansestadt hofft man bei einem Verkauf der Anteile also auf noch mehr Container aus der Volksrepublik und damit ökonomische Planungssicherheit.
Für Olaf Scholz gibt es noch eine weitere Motivation: Er will den Hamburg-Deal abgehakt haben, wenn er im Anfang November in die Volksrepublik reist. Er ist dann der erste G7-Regierungschef seit Ausbruch der Corona-Pandemie, der nach China fliegt. Auch diese Reise ist derweil umstritten.