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Luisa Neubauer: „Am Ende dennoch fliegen“ – Gewerkschafter lästert über ihre Ägypten-Reise

Luisa Neubauer reist mit weiteren Klimaaktivisten fünf Tage lang zur COP27. Die alternative Route erntet Kritik in den Sozialen Medien. Ist das berechtigt?

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© IMAGO / Political-Moments

Das ist Luisa Neubauer

Das ist die Klimaaktivistin

Am Sonntag (6. November) beginnt die UN-Klimakonferenz COP27 in Ägypten, genauer gesagt im Badeort Scharm el-Scheich. Dort werden Vertreterinnen und Vertreter aus rund 200 Staaten zwei Wochen lang über den Klimawandel und dessen Eindämmung debattieren.

Kritik im Vorfeld der Konferenz gibt es zu genüge: es wurden bereits mehr als 300 Menschen festgenommen, die Besucher der Konferenz sollen streng überwacht werden, Proteste von Klimaschutzaktivisten sind zwar erlaubt, allerdings nur in einem abgegrenzten Bereich.

Luisa Neubauer ist eine davon und reist gemeinsam mit weiteren Aktivisten aus Deutschland, Polen und der Ukraine nach Ägypten. Um die Anreise klimaverträglicher zu gestalten, entschieden sie, auf Bus und Bahn zu setzen und nur das letzte Stück zu fliegen. Das stößt jetzt auf viel Kritik, vor allem in den Sozialen Medien.

COP27 in Ägypten: Gelingt eine klimaverträgliche Anreise?

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat sich bereits gegen eine Reise zur COP27 entschieden, da Ägypten von Schweden aus nur schwierig ohne Flugzeug zu erreichen ist. Auch die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer fragt auf Instagram und Twitter: „Wie kommen wir aus Deutschland zur Klimakonferenz in Ägypten?“

Die Antwort liefert sie ihren Followern direkt: „Um so wenig wie möglich fliegen zu müssen, haben wir entschieden 5 Tage lang mit Bahn & Bus von Berlin über Warschau, Budapest, Belgrad & Sofia nach Istanbul zu reisen. Von dort werden wir das letzte Stück fliegen.“

Einer, der sich unter anderem über die Reise der Klimaaktivisten empört, ist Gewerkschafter Alexander Bercht. Der Abteilungsleiter für Politik und Gesellschaft der Stiftung Arbeit und Umwelt der Industriegewerkschaft (IGBCE) zeigt sich auf seinem Twitter-Kanal überzeugt, dass Klimaschutz so nicht funktionieren werde. Die Fahrt sei ein „beeindruckendes Beispiel“ dafür, wie das fehlschlage. Neubauer sei fünf Tage statt drei Stunden unterwegs und fliege „am Ende dennoch“.

https://twitter.com/alexbercht/status/1587795899723431939

Direktflug oder fünf Tage Europa-Reise?

Neubauer betont selbst: „Mit einem Interrail-Ticket kommen wir recht gut voran. Gleichzeitig merken wir ununterbrochen, dass wir uns in einem Verkehrssystem bewegen, in dem klimagerechtes Reisen teuer und aufwändig ist.“

Dass diese Reise aber nicht klimagerechter als ein vierstündiger Direktflug von Berlin nach Ägypten beziehungsweise Kairo sei, ist die Meinung vieler. Diese teilen fleißig ihre Kritik unter den Posts der Klimaaktivistin.

In ihrem 1,5-Grad-Podcast will Neubauer noch detaillierter auf die Reise eingehen und Fragen beantworten. Auch, wenn bis jetzt nicht alle Variablen der einzelnen Bus- und Zug-Strecken bekannt sind, können die zwei Reise-Möglichkeiten in einem CO2 Rechner hinsichtlich ihrer Klimagerechtigkeit gegeneinander abgewogen werden.

Das Ergebnis: Ein Flug für acht Personen (Anzahl der Personen auf den geposteten Bildern) von Berlin nach Kairo verursacht 4,43 Tonnen CO2. Die Reise von Berlin über Warschau, Budapest, Belgrad, Sofia und Istanbul mit Bus und Bahn und der anschließende zweistündige Flug verbraucht im Gegensatz nur 2,93 Tonnen CO2. Übernachtungen miteinberechnet.

Klimakonferenz in Ägypten: Protestieren erlaubt?

Spannend abzuwarten bleibt, inwieweit die Klimaaktivisten vor Ort demonstrieren können. Ein Kritikpunkt ist auch, dass die Zivilgesellschaft erschwerten Zugang zur COP27 hat. Denn die Klimakonferenz an einem Ferienort abzuhalten und nicht etwa in einer größeren Stadt ist laut „Guardian“ eine bewusste Entscheidung, da es dort keine großen Plätze gibt, an denen sich Menschen in Gruppen versammeln können.

Wie der „Guardian“ weiter berichtet, können sich Demonstrierenden auf der COP27 zwar versammeln, allerdings nur in einem eigens dafür eingerichteten Bereich, weit weg vom eigentlichen Konferenzzentrum.


Weitere Themen:


„Sie wollen das Recht auf Protest oder Versammlungsfreiheit nicht gewähren, aber sie wollen den Anschein erwecken, dass sie es tun“, sagt Hussein Baoumi von Amnesty International. Im „Guardian“ betont er weiter: „Das ist das Verhalten eines Staates, der die Versammlungsfreiheit nicht zulassen will, aber auch nicht dafür kritisiert werden will, dass er sie nicht zulässt.“ Einer der Hauptgründe für die Ausrichtung der Konferenz sei laut Baoumi Greenwashing, um die Verbrechen zu verschleiern, die im Land geschehen.