Veröffentlicht inPolitik

„Klinik-Keime tödlicher als Krebs“

„Klinik-Keime tödlicher als Krebs“

Hagen. 

„Mehr Keim- als Krebstote in Deutschland“ befürchtet in der Zukunft der BKK-Landesverband Nordwest in Essen. Es sei „höchste Zeit, der steigenden Gefahr durch Krankenhauskeime effektiv und schnell zu begegnen“, warnt die Betriebskrankenkasse. Die BKK Nordwest spricht für 3,2 Millionen Versicherte, davon 2,6 Millionen allein in NRW.

Im Gespräch mit unserer Zeitung forderte Vize-Vorstandsvorsitzender Dirk Janssen schärfere Meldepflichten und ein bundesweites Keimregister, ähnlich dem Krebsregister. „Wir brauchen dringend standardisierte Daten, auf die die Wissenschaftler und Akteure im Gesundheitswesen zurückgreifen können.“ Bislang sei die Datenlage „unklar und spekulativ“. Schätzungen über die Opfer von Keiminfektionen schwanken. Das Bundesgesundheitsministerium spricht von 7500 bis 15 000 Todesfällen, die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) von bis zu 40 000 Keimtoten. An Krebs sterben bundesweit rund 220 000 Menschen jährlich.

„Dramatisch“ erscheint dem BKK-Vize die Zahl der Keiminfektionen. 580 000 Fälle, die Kliniken zuletzt abgerechnet hätten, hält Janssen für „die absolute Untergrenze“. Angesichts einiger Dunkelzonen, etwa in der Pflege, seien „bis zu eine Million Infektionen wesentlich realistischer“. Sie würden „zum Teil lebenslange gesundheitliche Probleme und immense Folgekosten auslösen, die gar nicht erfasst werden“.

Die Krankenhaushygiene müsse stärker durch die Gesundheitsämter und den Medizinischen Dienst der Kassen überwacht werden – die Einhaltung von Hygieneplänen durch unangemeldete Kontrollen. Zudem regt die BKK die bundesweite Einführung von Hygiene-Prüfsiegeln an. Janssen fordert „einen offenen Qualitätswettbewerb bei der Klinikhygiene, mit genauen Regeln und finanziellen Zu- oder Abschlägen bei gutem oder schlechtem Infektionsschutz“.