Heiko Maas (SPD) muss sich derzeit viele Nachfragen gefallen lassen. Der Außenminister und die Bundesregierung stehen wegen des Afghanistan-Desasters massiv in der Kritik. Das Krisenmanagement der deutschen Regierung und die Evakuierung der Ortskräfte werden heftig diskutiert. Auch am Dienstagabend kam es im „heute journal“ zu einer regelrechten Interview-Schlacht zwischen dem SPD-Politiker und ZDF-Moderatorin Marietta Slomka.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stellte am Dienstag treffend fest: „Die Bilder der Verzweiflung am Flughafen in Kabul sind beschämend für den politischen Westen.“ Slomka fragt Heiko Maas also geradeheraus zum Auftakt: „Schämen Sie sich als Mitglied der Bundesregierung?“ Als Auftakt eines unbequemen Gespräches.
Heiko Maas: Marietta Slomka bohrt im „heute journal“ bei der Afghanistan-Fehleinschätzung immer wieder nach
„Wenn man die Bilder in Afghanistan sieht, dann sind die Gefühle, die dabei selber bei einem ausgelöst werden, alles andere als schön“, beginnt der Außenminister. Er sei selbst oft in Afghanistan gewesen, saß im Präsidentenpalast in Kabul und habe Kontakt zu vielen Frauenrechtlerinnen, Menschenrechtsaktivisten oder NGOs. „Deren Schicksal berührt uns alle“, macht er deutlich. Und bringt den Satz an, den er schon am Sonntag, nach der Einnahme der afghanischen Hauptstadt durch die militant-islamistische Taliban, gesagt hatte: „Deswegen versuchen wir alles in die Wege zu leiten, um den Menschen zu helfen, so viel es geht.“
+++Armin Laschet wird von ARD-Journalist gegrillt: „War eine Freude, das zu sehen“+++
Slomka grätscht mit einem lauten „Aber…!“ dazwischen: „Nur deren Schicksal hat in den letzten Wochen und Monaten anscheinend nicht so berührt, dass dort geholfen wurde!“ Sie spricht davon, dass Ortskräfte seit dem Militärabzug im Juni nicht ausgeflogen wurden, dass die Visa nicht ausgestellt wurden …
Der Redaktion sei ein 34-jähriger Familienvater bekannt, der in Panik in Kabul nun herumirre und nicht herausgeholt wurde, erzählt sie: „Was sagen Sie dem?“ Heiko Maas betont, dass 2500 unmittelbar für Bundeswehr tätige Ortskräfte eine Ausreise genehmigt wurde.
Niemand habe damit gerechnet, dass die Taliban so schnell Kabul einnehme, so der SPD-Politiker. „Das ist offensichtlich eine Fehleinschätzung gewesen“. Diesen Satz lässt er mehrmals fallen, nicht ohne zu betonen, dass dies nicht nur die falsche Einschätzung der Bundesregierung war, sondern aller Nationen. „Wir haben keinen deutschen Sonderweg gewählt“, so Maas.
Nachdem sich die Regierung das eingestanden habe, sei der Kreis der Evakuierten erweitert worden – ohne Visa, ohne Sicherheitsprüfung, so Maas. Doch die ZDF-Moderatorin lässt nicht locker. Nach der Erwähnung Maas‘ von Evakuierungsflügen Hunderter, hält sie die verzweifelten Tausenden weiteren Menschen dagegen, die fast ohne Hoffnung in Afghanistan feststecken. „Man wollte die Leute nicht hierhaben!“, so Slomka.
Das verneint der Bundesaußenminister wieder und verweist auf 1900 Menschen, die bereits frühzeitig aus Afghanistan nach Deutschland gekommen seien. In der jetzigen Situation sagt er: „Ich bin froh, dass es jetzt alles angelaufen ist. Zumindest können jetzt Flugzeuge starten und landen, um Menschen zu evakuieren“.
Doch Slomka ist fassungslos, hakt weiter nach, bezieht sich auf die Fehleinschätzung: „Sie sagten, man konnte damit nicht rechnen. Wieso hat denn ihr Botschafter damit gerechnet, dass es immer schlimmer wird?“
Damit spielt sie auf die Hilferufe des stellvertretenden deutschen Botschafters Hendrik van Thiel an. Dieser schrieb bereits am Freitag – als die Taliban schon längst viel viel schneller als gedacht auf dem Vormarsch waren – dass die Appelle über längere Zeit einfach ignoriert wurden. Er sagt auch: „Wenn das an irgendeiner Stelle diesmal schief gehen sollte, so wäre dies vermeidbar gewesen.“ Aber so sei die Situation in der Botschaft gewesen. Der Evakuierungsplan wurde also in Gang gesetzt, erwidert der Außenminister. „Es ist ja nichts geschehen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in Sicherheit. Sie sind in Deutschland mittlerweile.“ Und weiter:„Es wird hier getan, als sei irgendjemand zu Schaden gekommen, aber das ist nicht der Fall.“
Heiko Maas: ZDF-Moderatorin Marietta Slomka wird gefeiert
Marietta Slomka ist sprachlos. „Was man wohl vor allem …“ setzt die Moderatorin wieder an, um den Gesprächsfluss des Politikers zu stoppen. „Herr Maas, nicht Sie haben evakuiert, sondern die Amerikaner haben unsere Botschaft evakuiert am Sonntag.“
Viele Twitter-Nutzer feiern die Moderatorin für ihre beharrlichen Worte.
- „Haltung. Fakten. Emotionen. Mut. Und noch mal Haltung. Danke, Frau Slomka.“
- „Sichtlich erschüttert wirkt Marietta Slomka im heute journal wohl mehr darüber, dass Heiko Maas über die Versäumisse in der Vorbereitung des Afghanistan-Abzuges spricht, als hätte er seinen Haustürschlüssel vergessen.“
- „Das nennt man „Pistole auf die Brust“ und ich bin Marietta Slomka vom Heute journal sehr dankbar dafür!“
- „Die volle Wut von Frau Slomka ist verständlich und spricht dem Zuschauer aus der Seele“
Alle Informationen zur aktuellen Lage in Afghanistan findest du in unserem News-Blog >>>
Den kompletten Beitrag des „ZDF heute journals“ kannst du hier nochmals anschauen. (js)
Bundestagswahl: Umfrage-Überraschung nach Afghanistan-Desaster! DAMIT war nicht zu rechnen
Welche Auswirkungen hat das Afghanistan-Desaster auf die Umfragewerte der Parteien? Es gibt eine Überraschung!
Olaf Scholz provoziert mit Wahlkampf-Foto: „billige Nummer“, „falsch beraten“, „leider gut“
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz provoziert mit einem Wahlkampffoto und sorgt für einigen Wirbel.
Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl: DIESE Alternative kann viel mehr
Der Wahl-O-Mat lässt weiter auf sich warten. Doch es gibt eine Alternative!