Wenn Frau Schmitt und Herr Müller heiraten, sollen diese sich künftig Schmiller nennen dürfen, so jedenfalls ein Vorschlag der Grünen. Die Partei hat im Zuge der von Justizminister Marco Buschmann (FDP) geplanten Reform des Namensrechts auch eine Verschmelzung von Nachnamen ins Gespräch gebracht.
„Eine Verschmelzung von Nachnamen anstelle von Doppelnamen mit Bindestrich fände ich eine erfrischende Neuerung und damit sehr charmant“, sagte Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, der „Welt“. Widerstand kommt nicht nur aus der FDP, sondern auch von einem Namensforscher. Jürgen Udolph erklärt im Interview mit dieser Redaktion, warum eine Namensverschmelzung aus seiner Sicht problematisch ist.
Grünen-Vorschlag ist „unangebracht und nicht praktikabel“
Für den ehemaligen Professor für Namensforschung an der Universität Leipzig steht fest, dass die Reform gute neue Bestimmungen enthalte. Allerdings ist der Vorschlag der Grünen darin nicht enthalten, wurde also auch nicht von den Experten diskutiert.
„Ich halte diesen Vorschlag für völlig abstrus und widersinnig“, betont Jürgen Udolph gegenüber dieser Redaktion. Davon halte er „absolut nichts“. Die Namenszusammensetzung wird in Großbritannien bereits praktiziert. Doch: „Wir müssen nicht alles übernehmen, was im Angelsächsischen verbreitet ist“, mahnt Udolph. Dort sei auch die Wahl der Vornamen äußerst frei, der Leiter des Zentrums für Namensforschung halte das in Deutschland für „unangebracht und nicht praktikabel.“
Grüne: In Familiennamen stecke tausend Jahre alte Geschichte
Jürgen Udolph betreibt bereits seit 52 Jahren Namensforschung. Er befürchtet: Die Namenskontinuität würde durch den Grünen-Vorschlag gebrochen werden. Denn dem Wissenschaftler geht es um den Erhalt von Namen, die seit Jahrhunderten so bestehen.
Laut dem Experten gibt es in Deutschland rund 800.000 Familiennamen. Wie dem Digitalen Familienwörterbuch Deutschlands (DFD) zu entnehmen ist, haben Nachnamen in vielen Fällen eine lange und traditionsreiche Bedeutung. Müller etwa steht für den Besitzer einer Mühle, Schneider für den Beruf des Kleidermachers und Meyer für den Pächter eines Guts.
„Wir haben Familiennamen, die von der Entstehung ein Alter von mehr als 1.000 Jahren haben“, betont Udolph. In einem Name stecke also Geschichte, die man „nicht einfach so verschütten sollte“. Udolph weiter: „Es würde auch niemand auf die Idee kommen, zu Hamburg Berlin zu sagen.“ Dass Familiennamen diese Geschichte genommen werden könnte, halte das Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften für „sehr bedenklich.“
Grüne: Namen seien Teil des Menschen
Auch mahnt Udolph: „Es gibt totalitäre Gesellschaften, die nicht selten Familiennamen abschaffen, wie man es bei den Juden in der Nazi-Zeit gemacht hat.“ Das sei ein klares Zeichen dafür, dass der Name ein Teil des Menschen ist. Wenn man diesen wegnehme oder ändere, ändere man damit auch einen kleinen Teil des Menschen.
„Das sind Dinge, die man bei einem neuen Gesetz über Familiennamensänderung auch bedenken sollte. Die Experten, die daran gearbeitet haben, haben offensichtlich von diesen Dingen nicht die geringste Ahnung“, schlägt der Namensforscher Alarm. Aber er sagt auch, dass der Vorschlag der Namensverschmelzung der Grünen lediglich ein Auswuchs ist, der den Kern des neuen Entwurfs nicht treffe.
Buschmann plant Reform des Namensrechts
„Eine Neuordnung des Familiennamenrechts ist nötig, diesen Auswuchs aber muss man entschieden ablehnen“, meint der 80-Jährige. Der Plan von Marco Buschmann, dass Ehepartner nun gemeinsam einen Doppelnamen mit Bindestrich führen dürften, ist laut Udolph positiv. Das durfte bislang nur ein Teil.
Wie der FDP-Politiker betonte, sollen Angehörige der sorbischen Minderheit künftig geschlechtsangepasste Familiennamen in die Personenstandsregister eintragen lassen dürfen. Für Udolph sei das ein „vernünftiger Zug“. Insgesamt müsse das Namensrecht in der „Anpassung an die neue Lebenswirklichkeit“ reformiert werden.
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Buschmann will dafür bald einen Gesetzentwurf für eine Reform des Namensrechts vorlegen. Das aktuelle Vorhaben aus dem Justizministerium muss innerhalb der Bundesregierung noch abgestimmt werden, vor allem mit dem Innenministerium.