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Grüne: Cem Özdemir will Süßigkeiten-Werbung für Kinder verbieten – Kritik von FDP und Union „staatliche Bevormundung“

Zu viel Zucker, Salz und Fett: Grünen-Politiker Cem Özdemir will Werbung für Kinder weitgehend verbieten. Kritik kommt von FDP und Union.

Cem Özdemir plant ein Werbeverbot für süße, salzige und fettige Lebensmittel für Kinder.
u00a9 IMAGO / Christian Spicker

Entstehung und Geschichte der Grünen

Das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind aus dem politischen Diskurs nicht mehr wegzudenken. Doch wie genau kam es eigentlich zur Entstehung der Partei?

Rund 15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen in Deutschland sind übergewichtig, knapp sechs Prozent davon adipös, das belegen Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Auch bleibe im Kindesalter ausgebildetes Übergewicht oft auch ein Leben lang bestehen. Es erhöhe später das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus Typ 2, heißt es weiter.

Aus diesem Grund plant der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) künftig an Kinder gerichtete Werbung für Chips, Schokolade und andere Dickmacher zu verbieten. Bei der Vorstellung seiner Pläne am Montag (27. Februar) in Berlin sagte der Grünen-Politiker, er sei alles andere als ein „Verbotsfanatiker“, allerdings höre bei Kindern der Spaß auf.

Grünen-Politiker will Werbung zu bestimmten Zeiten verbieten

Konkret gehe es laut Özdemir um Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt. Er fordere kein „allgemeines Werbeverbot„. „Aber die Werbung darf sich eben nicht mehr gezielt an Kinder richten“, betonte der Landwirtschaftsminister. Auch will Özdemir Werbung für Junkfood in Presseerzeugnissen verbieten, wenn sie sich von der Aufmachung her offensichtlich an Kinder richtet.

So sollen etwa zuckerhaltige Getränke oder fettige und salzige Snacks nicht mehr in den Zeiten beworben werben, wenn Kinder unter 14 Jahren Medien konsumieren. Diese würden nachweislich zwischen 6:00 und 23:00 Uhr Fernsehen schauen oder im Internet unterwegs sein. Zudem soll es laut Özdemir keine Außenwerbung im Umkreis von 100 Metern zu Schulen, Kindertageseinrichtungen, Spielplätzen oder anderen Freizeiteinrichtungen für Kinder geben. Die Regelung soll zudem für Printmedien, Radio und Sponsoring wie etwa beim „Influencermarketing“ gelten.

Freiwillige Selbstverpflichtungen der Werbewirtschaft hätten zu nichts geführt, sagte Özdemir. Deshalb brauche es nun eine strikte Regelung. Kontrolliert werden soll das Ganze durch die Marktüberwachungsbehörden der Länder. Der Plan des Landwirtschaftsministers muss noch innerhalb der Bundesregierung abgestimmt werden.

Özdemirs Vorhaben sei „Meilenstein“

Für seine Pläne erhält Özdemir von unterschiedlichen Stellen Lob. So erklärte die Deutsche Adipositas-Gesellschaft, Özdemir ist „ein großer Wurf gelungen“. Adipositas bei Kindern stelle ein zentrales Gesundheitsproblem dar und die Werbung für Ungesundes sei dafür ein wichtiger Faktor. Der Staat schulde Kindern nach der UN-Kinderrechtskonvention das „erreichbare Höchstmaß an Gesundheit“, nicht aber der Werbeindustrie das erreichbare Höchstmaß an Einnahmen durch Junkfood-Werbung. 

Auch die Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Barbara Bitzer, lobte das Vorhaben. Sie bezeichnete die Pläne Özdemirs als „Meilenstein“ für die Kindergesundheit. Außerdem appellierte Bitzer an die Koalitionspartner SPD und FDP, „diesen aus wissenschaftlicher Sicht richtigen und wichtigen Vorschlag des Ministers zu unterstützen“. Der Landwirtschaftsminister sagte, er werde nun die Ressortabstimmung einleiten und rechne durchaus mit „Widerstand“. 

Kritik an Özdemirs Plänen: „Verbote bringen nichts“

Und dieser folgte prompt. So kündigte der agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker, an, Özdemir werde innerhalb der Koalition „keine Mehrheit finden“. Er verfolge scheinbar das Ziel, „aus jedem unmündigen Kind einen unmündigen Bürger werden zu lassen“. „Verbote bringen an dieser Stelle aus meiner Sicht nichts“, betonte auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.


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Kritik kommt auch von Unions-Seite. Fraktionsvize Steffen Bilger (CDU) kritisierte in der „Rheinischen Post“: „Özdemir ebnet den Weg für Dirigismus, Bürokratie und staatliche Bevormundung.“ Wie der Minister zielgenau die Produkte ausfindig machen wolle, die er für schädlich halte, „bleibt genauso offen wie die Frage, woran er denn festmachen will, welche Werbung sich eindeutig an Kinder richtet“. Es bleibe auch „vollkommen unklar“, ob Werbeverbote überhaupt etwas im Kampf gegen Übergewicht bringen, so Bilger.

(mit AFP und dpa)