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Gesetz bringt Kondompflicht und Verbot von Sex-Flatrates

Gesetz bringt Kondompflicht und Verbot von Sex-Flatrates

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Foto: dpa
Bezahlter Sex nur noch mit Kondom: Die Bundesregierung hat das Gesetz zum Schutz von Prostituierten eingebracht. Es soll 2016 in Kraft treten.

Berlin. 

Wer ungeschützten Sex bei Prostituierten sucht, muss in Zukunft mit einer Absage rechnen. Denn Prostitution ohne Kondom soll in Deutschland künftig verboten werden. Verstößt ein Freier gegen dieses Prinzip, werden für ihn Bußgelder in noch unbekannter Höhe fällig. Auch die Werbung für kondomfreien Sex wird unter Strafe gestellt.

Prostituiertenschutzgesetz soll Rechte von Prostituierten stärken

Diese Regelungen zählen zu den Kernpunkten eines Referentenentwurfs aus dem Familienministerium von Manuela Schwesig (SPD) für ein neues Prostituiertenschutzgesetz, das im nächsten Jahr in Kraft treten soll. Das 140 Seiten starke Werk soll die Rechte von Prostituierten stärken und ihre Lebenssituation besser schützen.

Prostitution ist in Deutschland erst seit 2002 legal, gilt als Dienstleistung und ist nicht mehr sittenwidrig. Frauen und Männer, die dem ältesten Gewerbe der Welt nachgehen, können sich seitdem sozial versichern, ihre Rechte sind in wenigen Paragraphen im Prostitutionsgesetz geregelt. Doch das war’s. Die Regierungskoalition hat sich deshalb das Ziel gesetzt, für diesen Lebens- und Arbeitsbereich umfassende Regelungen zu schaffen, die für andere Gewerbe längst selbstverständlich sind. „Gleichzeitig ist Prostitution kein Beruf wie jeder andere und bedarf deshalb besonderer Regeln“, sagte Staatssekretär Ralf Kleindiek.

Hauptziel des Gesetzes sei es, Prostituierte in ihrem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, Freiheit und für den Erhalt ihrer Gesundheit zu stärken, sagte Kleindiek: „Es ist ein Schritt, um sie vor Ausbeutung und Gewalt zu schützen.“ So stärke die Kondompflicht alle Prostituierten im Berufsalltag. Niemand müsse mehr seinen Kunden erklären, dass ohne Gummi nichts gehe. Er ist schlichtweg Pflicht.

Angebot von Sex-„Flatrates“ ist unzulässig

Für Unternehmen und Anbieter von Prostitutionsgewerben soll künftig eine Erlaubnispflicht gelten. Betroffen davon sind nicht nur Betreiber von Bordellen. Auch Wohnmobile oder Appartements, die für bezahlten Sex genutzt werden, müssen Mindestanforderungen erfüllen. Eine Erlaubnis erhalten nur Menschen, die als zuverlässig gelten. „Vorbestrafte Menschenhändler“ oder „Mitglieder in verbotenen Rockervereinen“ seien davon ausgeschlossen. Jeder Unternehmer müsse ein Betriebskonzept vorlegen, wie die Stätten personell, hygienisch und räumlich ausgestattet seien. So müssten die Zimmer mit Notrufvorrichtungen bestückt sein und Türen, die jederzeit geöffnet werden können. Dienstleistungszimmer dürfen nicht als Schlafräume genutzt werden. Auch das Angebot von „Flatrates“ für unbegrenzten Sex ist unzulässig.

Für Prostituierte besteht künftig alle zwei Jahre eine Anmeldepflicht bei der Behörde. „Die Anmeldung muss persönlich erfolgen“, sagte Kleindiek. Allerdings können sich die Männer und Frauen auch unter Pseudonym eintragen lassen. Ob diese Anmeldung je nach Einsatz an mehreren Orten erfolgen muss, ist noch offen. Bordellbetreiber müssen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter gemeldet sind. Neben der Anmeldung wird zudem jährlich eine gesundheitliche Beratung zur Pflicht gemacht, die bei den örtlichen Gesundheitsdiensten erfolgen soll. „Dabei handelt es sich nicht um eine Untersuchung“, sagte der Staatssekretär. Vielmehr soll dort über Geschlechtskrankheiten, aber auch über den Ausstieg aus der Prostitution informiert werden. Für Frauen und Männer zwischen 18 und 21 Jahren gelten kürzere Frequenzen. Sie müssen sich laut Entwurf jährlich anmelden und zwei Mal im Jahr zur Gesundheitsberatung.

Ursprünglich wollten CDU-Politiker Prostitution für Menschen im Alter zwischen 18 und 21 ganz untersagen. Von dieser Regelung wurde jedoch Abstand genommen, da sie faktisch einem Berufsverbot gleichgekommen und damit verfassungswidrig gewesen wäre.

Bis zu 50.000 Euro Strafe für Verstöße in Betrieben

Wer gegen das Gesetz verstößt, dem drohen Bußgelder. So müssen Prostituierte, die gegen Anmeldepflichten verstoßen, mit Bußen zwischen 15 und 100 Euro rechnen. Deutlich höher mit bis zu 50.000 Euro liegen die Strafgelder bei Verstößen der Betriebe.

Das Gesetz stößt jedoch nicht nur auf Zustimmung. Die Novellierung schieße über das Ziel hinaus, meint die frauenpolitische Fraktionssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Ulle Schauws. Die Meldepflicht sei nicht nur „datenschutzrechtlich bedenklich, sondern treibt Prostituierte in die Illegalität“. Die Gesundheitsberatung sei „stigmatisierend“. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Cornelia Möhring, fürchtet, dass das neue Gesetz „Tausende von Frauen in große Not“ bringe: „Die Anmeldepflicht ist praktisch ein Outing, das sich viele schlicht nicht leisten können. Das ursprüngliche Anliegen des Gesetzes war es, Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution zu helfen. Davon ist nichts übrig geblieben.“

Der Gesetzentwurf wird jetzt den Ministerien zur Abstimmung und danach den Ländern und Verbänden vorgelegt. Änderungen sind noch möglich. Die Regierungsfraktionen selbst seien nach intensiven Debatten mit dem Entwurf zufrieden, sagte Kleindiek: „Es herrscht großes Einvernehmen.“

Einen statistischen Nebeneffekt bringt das Gesetz jedenfalls mit sich: Erstmals könnte durch die Anmeldepflicht die Zahl der Prostituierten und Bordelle in Deutschland erfasst werden – sie ist bis heute nicht bekannt.