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Finanzspritze für Kommunen – Wo die Milliarden helfen sollen

Finanzspritze für Kommunen – Wo die Milliarden helfen sollen

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Foto: Ulla Emig WAZFOTOPOOL
Straßen, Brücken, U-Bahnen, Bäder: Der Bund greift den Kommunen mit Milliarden unter die Arme. Im Ruhrgebiet wird die Finanzspritze dringend erwartet. Vor allem die direkte Investitionshilfe für klamme Städte soll zu einem erheblichen Teil nach Nordrhein-Westfalen fließen. Wir erklären, wo das Geld dringend benötigt wird.

Essen/Duisburg/Düsseldorf. 

Die Große Koalition nutzt die gute Wirtschaftslage für eine überraschend breite Investitionsoffensive, die auch vielen Kommunen in NRW helfen wird: Der Bund wird bis 2018 rund 13,5 Milliarden Euro zusätzlich vor allem in den Straßenbau, schnelles Internet oder energiesparende Haussanierungen investieren – allein 3,5 Milliarden kommen direkt finanzschwachen Städte und Gemeinden für ihre Infrastruktur zugute. Die Kommunen erhalten außerdem 2017 vom Bund einen nicht zweckgebundenen Extra-Zuschuss von 1,5 Milliarden Euro.

Vor allem die direkte Investitionshilfe für klamme Städte werde zu einem erheblichen Teil nach Nordrhein-Westfalen fließen, weil hier besonders viele Kommunalhaushalte in Schieflage geraten seien, hieß es in Regierungskreisen. Diese Erwartung äußerte auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Sie lobte das Programm als „wesentlichen Schritt“, damit finanzschwache Gemeinden wieder investieren könnten. Herausragende Bedeutung hätten dabei in NRW Erhalt und Sanierung des Straßen- und Brückennetzes, sagte Kraft. Doch ermögliche das Paket zum Beispiel auch den Anschluss der noch fehlenden Kommunen an das Hochgeschwindigkeits-Internet.

Das am Dienstag von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) veröffentlichte Programm geht angesichts weiter sprudelnder Steuereinnahmen und guter Konjunkturprognosen deutlich über frühere Ankündigungen hinaus. Neu ist vor allem ein Sondervermögen des Bundes für finanzschwache Städte in Höhe von 3,5 Milliarden Euro, aus dem von 2015 bis 2018 Investitionen etwa in Straßen, Schulen oder Schwimmbäder mit einer kommunalen Eigenbeteiligung von nur 10 Prozent finanziert werden.

Bürgermeister hatten in Berlin Alarm geschlagen

Kraft sagte, es müsse jetzt schnell geregelt werden, welche Kommunen als finanzschwach eingestuft würden und Geld aus dem Sonderfonds abrufen können. CDU-Landtagsfraktionschef Armin Laschet mahnte, die Mittel müssten nun aber auch 1:1 bei den Kommunen in NRW ankommen. Vergangene Woche hatten Bürgermeister und Kämmerer von 50 Städten überwiegend aus NRW in Berlin Alarm geschlagen und schnelle Hilfe im Kampf gegen die zunehmende Überschuldung gefordert. Gabriel sagte, die Koalition wolle „das Ausbluten der Kommunen“ verhindern. „Verwahrloste Städte produzieren verwahrloste Köpfe und Seelen.“ Zusammen mit früher beschlossenen Entlastungen erhielten die Kommunen von 2015 bis 2018 mehr als 15 Milliarden Euro vom Bund – dies sei „ein Erfolg der SPD“.

Aus dem Investitionspaket des Bundes entfallen allein 4,5 Milliarden Euro auf das Verkehrsministerium für den Ausbau der Verkehrswege und des Breitbandnetzes für schnelles Internet. Rund 1,2 Milliarden Euro gehen in die energiesparende Gebäudesanierung, weitere Mittel sind unter anderem für Städtebau, Klima- und Hochwasserschutz gedacht. Rund drei Milliarden Euro werden auf alle Ministerien für zusätzliche Investitionen verteilt. Kommunalverbände begrüßten die Ankündigung der Koalition, die Grünen kritisierten das Programm angesichts des großen Investitionsbedarfs als „Paketchen“.

Dortmund, Essen, Gelsenkirchen: So profitieren die Kommunen 

Die Koalition in Berlin will zwischen 2015 und 2018 ein Sondervermögen von 3,5 Milliarden Euro aufbauen, um finanzschwachen Gemeinden bei Investitionen zu helfen. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) forderte, mit den konkreten Programmen und der wichtigen Definition, wann eine Stadt anspruchsberechtigt ist, „schnell zu Potte“ zu kommen. Wichtig sei aus NRW-Sicht zudem, dass der kommunale Eigenanteil bei Investitionsspritzen bei nur zehn Prozent liegen soll.

Wie groß ist der Sanierungsstau in NRW?

Die kommunale Investitionsquote ist dramatisch schlecht. Die Städte an Rhein und Ruhr investieren kaum mehr als die Hälfte des Durchschnittswertes aller deutschen Flächenbundesländer. Nach aktuellen Berechnungen des Deutschen Städtetages beläuft sich der Investitionsstau in den nordrhein-westfälischen Städten und Gemeinde auf rund 25 Milliarden Euro, davon etwa ein Viertel im Verkehrsbereich.

Wohin könnte das frische Bundesgeld fließen?

Vor allem die Infrastruktur dürfe nicht länger „auf Verschleiß“ gefahren werden, mahnte Ministerpräsidentin Kraft. Knapp die Hälfte der rund 12 000 städtischen Brücken in Nordrhein-Westfalen ist laut einer Analyse des Städtetags in einem problematischen oder schlechten Zustand.

Beispiel Dortmund: Etwa 180 Kilometer Straße sind in der Stadt sanierungsbedürftig.

Beispiel Essen: Gut die Hälfte aller Straßen muss hier in den kommenden Jahren erneuert oder ausgebessert werden.

Beispiel Gelsenkirchen: Der Investitionsstau für die Verkehrsinfrastruktur der Stadt wird sich bis 2016 auf etwa 80 Millionen Euro erhöhen.

Beispiel Mülheim an der Ruhr: Die viel befahrene und arg ramponierte Thyssenbrücke müsste umgehend durch einen Neubau ersetzt werden. Hinzu kommen in vielen Städten erhebliche Reparaturkosten in Schulen, Kindertagesstätten oder Schwimmbädern. Im Öffentlichen Nahverkehr droht vielerorts überdies die Stilllegung teurer Bahnstrecken und U-Bahn-Schächte.

Zusätzliche Bundesmittel sollen in den Breitbandausbau fließen. Profitiert auch NRW?

Nordrhein-Westfalen ist als Ballungsraum vergleichsweise gut mit schnellen Internetleitungen ausgestattet, da es für Kommunikationskonzerne wirtschaftlicher ist, bevölkerungsreiche Regionen mit Breitbandkabeln zu versorgen. Gut 70 Prozent der NRW-Haushalte sind bereits mit einer Übertragungskapazität von 50 Mbit pro Sekunde oder mehr ausgestattet. Mit einem Teil der zugesagten Infrastrukturmittel des Bundes von 4,35 Milliarden will NRW aber bis 2018 eine Breitband-Garantie für alle schaffen. „Die Zusage steht“, betonte Ministerpräsidentin Kraft.

Was bedeutet die Entlastung bei den kommunalen Sozialkosten?

Die Koalition hat eine stärkere Bundesbeteiligung bei den Kosten der Eingliederungshilfe beschlossen. Weil immer mehr arme Rentner und Behinderte auf finanzielle Stütze angewiesen sind, kämpfen die Kommunen mit überdurchschnittlich wachsenden Sozialhilfe-Ausgaben. Vor allem die Ruhrgebietsstädte trifft diese Kostenexplosion. Der Bund hat nun zugesagt, alle Städte 2017 um 2,5 Milliarden Euro jährlich zu entlasten, ab 2018 um fünf Milliarden Euro. 2015 und 2016 ist eine Entlastung von jeweils einer Milliarde Euro geplant. Da die Eingliederungshilfe in NRW allein von den Kommunen gestemmt wird und die Sozialstruktur hier besonders ungünstig ist, dürfte ein Großteil der Entlastungsmilliarden ins Ruhrgebiet gehen.