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Erdogan ist wie „ein Vater“ – Deutschtürken sehen Dinge ganz anders

Nachdem Recep Tayyip Erdogan wiedergewählt wurde, sorgten Feierbilder von Deutsch-Türkei für Kopfschütteln. Warum wählen sie Erdogan?

Erdogan
u00a9 IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Erdogan: Das ist der Machthaber der Türkei

Recep Tayyip Erdogan ist langjähriger Machthaber in der Türkei. Wir stellen den türkischen Präsidenten vor.

Für viele Menschen hierzulande ist die Wiederwahl von Recep Tayyip Erdogan zum Präsidenten der Türkei eine Ernüchterung. Für sämtliche Deutsch-Türken hingegen ist sie ein Grund zum Feiern, wie Bilder aus dem Ruhrgebiet nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses zeigen. Bilder, die auf Unverständnis stoßen.

„Deutsch-Türken stimmen deutlich für Erdogan“, schreiben Medien wie das ZDF. Und weiter: „Eine deutliche Mehrheit der Wahlberechtigten in Deutschland hat bei der Stichwahl um das türkische Präsidentenamt für Recep Tayyip Erdogan gestimmt“. Doch stimmt das überhaupt? Hat eine Mehrheit der Deutsch-Türken beziehungsweise der wahlberechtigten Deutsch-Türken Erdogan gewählt?

Erdogan: Nicht die Mehrheit der Deutsch-Türken hat ihn gewählt

Nein, schreibt Dr. Daniel Vorgrimler vom Statistischen Bundesamt auf Twitter: „Laut BAMF leben etwa drei Millionen Menschen in Deutschland mit türkischen Migrationshintergrund“, von denen jedoch nur 1,5 Millionen wahlberechtigt seien, da „die anderen keine türkische Angehörigkeit haben“. Und von diesen rund 1,5 Millionen Wahlberechtigten sind nicht einmal 50 Prozent zur Wahl gegangen. Davon haben dann rund 67 Prozent für Erdogan gestimmt.

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Es hätten viele Deutsch-Türken Erdogan gewählt, aber eben nicht die Mehrheit der wahlberechtigten Deutsch-Türken und schon gar nicht der Deutsch-Türken insgesamt. „Diese vereinfachten Pauschalisierungen helfen uns in der Diskussion um Integration aus meiner Sicht nicht weiter, im Gegenteil“, schließt Vorgrimler ab.

Doch warum wählen Menschen Erdogan? Sultan Kara und Nazif Demirbas, ein Ehepaar aus dem schwäbischen Murrrhardt, betreiben zusammen einen Dönerladen. Was sie in einem Beitrag von „Report Mainz“ sagen, könnte Aufschluss geben.

Seit über 40 Jahren leben sie nun schon in Deutschland. Für viele Deutschen blieben sie jedoch immer nur „die Türken“. Und auch bei den Urlauben in der Türkei haben sie sich früher oft als Bürger zweiter Klasse gefühlt, bis Erdogan kam. „Wir waren Ausländer. Wir waren schlimmere Ausländer als in Deutschland. Und jetzt sind wir ein Volk der Türkei. Jetzt sagt kein Mensch: ´Ah, der Ausländer aus Deutschland`“, schildert Kara.

Erdogan sei der Mann, der für sie alles zum Besseren gewendet habe. Das würden sie so auch in der Türkei bei ihren Aufenthalten sehen können. „Erdogan ist da, dass er sein Volk mit Stolz hochbringen will“, erklärt Kara. Dem stimmt ihr Mann zu. Erdogan habe vieles gemacht und erreicht. „Er hat vieles gemacht. Viele Straßen, Brücken, Tunnel und Industrie“, führt Demirbas aus.



Kritik an Erdogan mögen sie nicht. So fragt Kara: „Würde Ihnen das gefallen, wenn ich über Ihren Vater kritisch reden würde?“ Aber der Journalist hakt nach. „Aber das heißt, wenn ich Kritik übe an Erdogan, dann ist das nicht einfach Kritik an einen Politiker. Es ist Kritik wie an einem Verwandten, wie einem Vater“? „Genau, wie mein bester Verwandter“, antwortet Kara.