Läuterung von Donald Trump? Weit gefehlt. Seine Rhetorik beim Thema Einwanderung könnte grobschlächtiger nicht sein. Das will er auch.
Dirk Hautkapp.
Die Hoffnung auf eine Läuterung des Radikal-Populisten Donald Trump in der Einwanderungsfrage hat sich als irrig erwiesen. Zehn Wochen vor der Wahl in Amerika steht fest, dass der republikanische Präsidentschaftskandidat zu einer humanen, realistischen und vernunftbestimmten Lösung im Umgang mit rund 11 Millionen Illegal im Land nicht fähig ist.
Sein Doppel-Auftritt – erst beim mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto, dann im Wahlkampf im grenznahen Arizona – bestätigt auf prekäre Weise das Bild, das der 70-jährige Bau-Unternehmer abgibt. Donald Trump ist ein beratungsresistenter Betonkopf, der ohne Scham binnen Stunden zwei konträre Gesichter aufsetzt. Seiner Süßholzraspelei in Mexiko folgte in Phoenix die brachiale Anti-Einwanderer-Rhetorik, mit der Trump seit 16 Monaten nach Stimmen fischt.
Am Ende siegten die gefährlichen Phantastereien Die Vermutung, Trump würde sich angesichts dümpelnder Umfragewerte mit milderen Forderungen gemäßigten Wählerschichten öffnen, war falsch. Die Angst, bei einer Aufweichung seines politischen Markenkerns – Massenabschiebungen von Illegalen, Bau eines Grenzwalls zu Mexiko, ideologische Gewissenstests für Neuankömmlinge – die auf Krawall gebürstete Anhängerschaft zu verprellen, hat über die sachliche Notwendigkeit gesiegt, gefährliche Phantastereien endlich aufzugeben.
Der Milliardär Donald Trump ist der Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner. Bei vielem, was der Immobilien-Tycoon von sich gibt, glauben Beobachter, sie hätten nicht richtig gehört – nicht selten auch seine Partei-Kollegen. Hier eine Auswahl der schlimmsten Sprüche Donald Trumps.
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Für die größte Aufregung hat im Wahlkampf ein Video-Mitschnitt aus dem Jahr 2005 gesorgt. Darauf ist zu hören, wie Donald Trump sich extrem vulgär und sexistisch über Frauen äußert. Kurz vor dem Zusammentreffen mit einer Schauspielerin sagt er zu einem TV-Moderator: „Ich sollte besser ein paar TicTacs nehmen, nur falls ich sie küsse. Weißt du, Schönheit zieht mich automatisch an. Ich fange einfach an, sie zu küssen. (…) Ich warte gar nicht ab. Und wenn du ein Star bist, lassen sie dich das machen. Sie lassen dich alles machen. Du kannst ihnen zwischen die Beine greifen, du kannst einfach alles machen.“
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Es ist nur eins von vielen unverschämten Zitaten. Donald Trump über seine Popularität: „Ich könnte mitten auf der 5th Avenue stehen und auf jemanden schießen, und ich würde trotzdem keine Wähler verlieren.“
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Donald Trump ist dafür, Muslimen die Einreise in die USA zu verwehren: „Bis wir dieses Problem eingrenzen können und dieses Problem verstehen können – und die gefährliche Bedrohung, die davon ausgeht – kann unser Land nicht das Opfer von abscheulichen Angriffen durch Menschen sein, die nur an den Dschihad glauben.“
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Donald Trump zum angeblichen Jubel von Muslimen nach den Anschlägen vom 11. September 2001: „Ich habe in Jersey City, in New Jersey beobachtet, wie Tausende und Tausende jubelten, als das Gebäude zusammenstürzte.“
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Donald Trump über mexikanische Immigranten: „Wenn Mexiko seine Leute schickt, schicken sie nicht ihre besten … Sie schicken Leute, die eine Menge Probleme haben, und sie bringen die Probleme zu uns. Sie bringen Drogen. Sie bringen Verbrechen. Sie sind Vergewaltiger. Und manche, nehme ich an, sind gute Leute.“
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Diese Litanei wiederholt der 70-Jährige gern: „Wir müssen Recht und Ordnung zurückbringen. (…) Illegale Migranten haben Waffen, und sie erschießen Leute.“
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Donald Trump zu seinem Plan, eine Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen: „Wir müssen mit dem Bau einer Mauer anfangen. Einer großen, schönen, mächtigen Mauer … Keiner baut Mauern besser als ich, glaubt mir … Sie kann ein Tor haben, sie kann eine Tür haben. Wir lassen Leute legal hinein. Mexiko muss für die Mauer bezahlen.“
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Donald Trump in einer TV-Debatte auf die Frage, wie er im Fall seiner Wahl mit illegalen Einwanderern umgehen würde: „Wir haben eine ganze Menge sehr böser Typen in diesem Land.“
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Donald Trump über seine republikanische Mitbewerberin Carly Fiorina: „Schaut Euch dieses Gesicht an … Würde jemand für so etwas stimmen? Könnt ihr euch das vorstellen, das hier ist das Gesicht unseres nächsten Präsidenten?“
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Donald Trump zum Kampf gegen die Terrormiliz IS: „Ich weiß mehr über den IS als die Generäle. Glaubt mir. Ich würde die Scheiße aus ihnen herausbomben. Ich würde diese Kerle einfach zusammenbomben.“ (ungefähre Übersetzung)
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Donald Trump über Fox-News-Moderatorin Megyn Kelly: „Sie fängt an, mir alle möglichen absurden Fragen zu stellen. Man konnte sehen, dass Blut aus ihren Augen kam, Blut aus ihr, woher auch immer.“
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Donald Trump über seinen republikanischen Mitbewerber Rand Paul: „Ich habe ihn nie wegen seines Aussehens angegriffen, und glaubt mir, es würde vieles hergeben.“
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Multi-Milliardär Donald Trump über seine Wahlkampf-Ausgaben: „Ich brauche kein Geld von irgendeinem. Ich brauche die Lobbyisten nicht. Ich brauche die Spender nicht. Das ist mir egal. Ich bin wirklich reich.“
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Donald Trump über den russischen Präsidenten: „Ich glaube, ich würde mich sehr gut mit Wladimir Putin verstehen. Glaube ich einfach.“
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Donald Trump auf Twitter über die Auszeichnung von Bundeskanzlerin Angela Merkel als „Person des Jahres“ 2015 des Magazins „Time“: „Sie haben die Person gewählt, die Deutschland ruiniert.“
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Donald Trump über den republikanischen Senator John McCain, der während des Vietnamkriegs fünf Jahre in Kriegsgefangenschaft war: „Er ist kein Kriegsheld. Er war ein Kriegsheld, weil er gefangen genommen wurde. Ich mag Leute, die nicht gefangen genommen wurden.“
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Der 69-Jährige ist sich in der Regel keiner Schuld bewusst: „Ich glaube, sich zu entschuldigen ist eine großartige Sache, aber du musst etwas falsch gemacht haben. Ich werde mich ganz klar entschuldigen, irgendwann in einer hoffentlich weit entfernten Zukunft. Wenn ich jemals etwas falsch gemacht habe.“
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Eine Entschuldigung darf man demnach wohl auch nicht für diese Aussage erwarten: „Hillary will den zweiten Verfassungszusatz abschaffen. Wirklich abschaffen. Falls sie es schafft, ihre Richter auszuwählen, kann man nichts dagegen machen. Obwohl, vielleicht können ja die Verfechter des Zweiten Verfassungszusatzes etwas tun, ich weiß ja auch nicht.“ Von Kritikern wurde der Satz so verstanden, dass Trump über einen Attentat auf Hillary Clinton fabulierte.
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Dazu zählt die angekündigte Ausweisung von Millionen Mitbürgern, die illegal über die Grenze gekommen sind, zum Teil seit zehn, 20 Jahren mit ihren Familien in den USA leben, Steuern zahlen und Recht und Gesetz achten. Schon aus Praktikabilitätsgründen ist dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Dass es der amerikanischen Volkswirtschaft schweren Schaden zufügen würde, steht unter Ökonomen außer Frage. In der Landwirtschaft und in der Gastronomie arbeiten Millionen Menschen „ohne Papiere“.
Trumps Lernkurve ist erbärmlich flach Trumps Anmerkungen erinnern frappierend an den missglückten Aufruf zur „Selbst-Deportierung“, den 2012 der damalige republikanische Präsidentschafts-Anwärter Mitt Romney an die Latino-Gemeinde richtete. Sein Motto damals: Geht dahin zurück, wo ihr hergekommen seid – stellt euch dann am Ende der langen Schlange derer an, die legal in den USA ihr Glück suchen wollen – wenn ihr eine weiße Weste, kann es vielleicht klappen.
Von den über 20 Millionen Latinos im wahlfähigen Alter erhielt Romney dafür am Wahltag die schmerzhafte Antwort. Ranghohe Republikaner folgerten danach: „Wir müssen aufhören, eine dumme Partei zu sein.“ Dass Trumps Lernkurve trotzdem so erbärmlich flach ist und ein Wahlgeschenk für die Demokratin Hillary Clinton, macht beinahe sprachlos.
Keine Spur von gesundem Menschenverstand Mit seiner Rede in Phoenix hat sich Donald Trump endgültig von den Grundüberzeugungen der Partei verabschiedet, die ihm fatalerweise eine Plattform geboten hat. Top-Republikaner hatten in der Vergangenheit wie Präsident Obama immer wieder entlang einer Linie gearbeitet: Unbescholtenen, illegalen Einwanderern soll ein Weg eröffnet werden, ihren Aufenthalt nachträglich zu legalisieren. Vorreiter dieser Bewegung war ein Mann, auf den sich die Konservativen wie auf einen Säulen-Heiligen berufen.
Er will Amerika wieder groß machen. Und reich. Und das Militär „mächtig, unglaublich“: Der milliardenschwere Baumagnat Donald Trump ist der Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner.
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Lange hatten ihm Polit-Experten keine großen Chancen eingeräumt, doch der 70-Jährige schlug im Vorwahlkampf alle republikanischen Konkurrenten aus dem Rennen.
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Groß ist gut, und Wohlstand ist Erfolg: Dieses Denken ist Donald Trump gewohnt. Schließlich hat er sich selbst ein riesiges Firmenimperium geschaffen.
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„Es wird so gut werden“, hat er einem Moderator des Fernsehsenders NBC versprochen. „In vier Jahren werden Sie mich interviewen und Sie werden sagen: Sie haben einen tollen Job gemacht, Mister President.“ Das ist Originalton des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers Trump, wenn er einen seiner maßvolleren Momente hat.
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Sonst klingt das so: „Ich werde der beste Präsident in Sachen Arbeitsplätze sein, den Gott erschaffen hat.“
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„The Donald“ – der Spitzname für das Alphatier – war noch nie für Bescheidenheit bekannt. Nicht umsonst hat es der Mann mit der berühmten blonden Föhnfrisur als Immobilienmogul und TV-Reality-Star zum Multimilliardär gebracht. Gern und oft rühmt er sich selbst als jemand, bei dem man weiß, woran man ist.
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Dazu gehört dieser Satz: „Ich bin gut.“
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Dass Großspurigkeit zu seinem Markenzeichen geworden ist, stört Trump nicht. Sie sichert ihm die Aufmerksamkeit, die er will. Auch im Rennen ums Weiße Haus, bei dem ihn seine Tochter Ivanka (l.) und seine Frau Melania (r.) selbstredend unterstützen.
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Und so tönt und holzt der Ex-Demokrat, Ex-Unabhängige und Ex-Präsidentschaftsbewerber der Reform Party jetzt als rechtskonservativer Populist um sich.
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Die Medien sind fassungslos – und fasziniert zugleich. Trump sei größenwahnsinnig, heißt es in Kommentaren. Ein Napoleon. Der Putin Amerikas. Ein Clown. Vulgär. Grell. Aber kein Sender will und kann an ihm vorbei.
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Dieser Mann kenne keine Grenzen, schreibt da nicht nur das konservative „National Journal“. Aber trotz aller harschen Urteile würde niemand Trump absprechen, dass er einen scharfen Verstand und unternehmerische Gewitztheit besitzt. Seine Karriere spricht für sich.
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Geboren wurde Trump am 14. Juni 1946 in New York als viertes von fünf Kindern der Eheleute Frederick und Mary Trump. Donald war schon als Junge selbstbewusst und nicht leicht zu zähmen. So schickten ihn die Eltern mit 13 auf eine Militärakademie. Dort glänzte er, studierte dann an der Fordham University und University of Pennsylvania und machte seinen Wirtschaftsabschluss.
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Vater Fred Trump, Sohn des 1885 aus dem pfälzischen Kallstadt in die USA eingewanderten Friedrich Trump, verdiente selber in der Baubranche Millionen, und Donald stieg nach dem Studium in das Geschäft ein, das Großvater Friedrich und seine Frau Elizabeth gegründet hatten.
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1974 wurde Donald Trump Präsident des Unternehmens, das er in Trump Organization umbenannte. Es folgten Investitionen in diverse Hotels, Casinos und Luxus-Apartment-Gebäude.
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Zusätzlich reich machten ihn Rechte an Miss-Wahlen (Trump zeigt sich hier 2013 mit diversen Missen im Trump Tower in New York City), seine Rolle in der TV-Reality-Show „The Apprentice“, aus der später die Serie „The Celebrity Apprentice“ erwächst. Dazu kommen…
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… mehrere Biografien und eigene Möbel- und Modemarken. Aber es lief…
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…nicht alles glatt: In vier Fällen musste er Insolvenz anmelden, konnte jedoch jedes Mal erfolgreich umstrukturieren.
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Das Magazin „Forbes“ siedelt sein Vermögen bei vier Milliarden Dollar an, er selbst sagt, er besitze mehr als zehn Milliarden Dollar. Laut Teilen einer Steuererklärung Trumps, die die „New York Times“ veröffentlichte, gab Trump 1995 einen Verlust von knapp einer Milliarde Dollar an, was ihn für bis zu 18 Jahre von Steuern befreit hätte. Entgegen der Gepflogenheit amerikanischer Präsidentschaftskandidaten, ihre Steuererklärungen zugänglich zu machen, hat Donald Trump freiwillig noch keine Dokumente veröffentlicht.
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Auch Trumps drei Ehen mit glamourösen Frauen und die bisher zwei Scheidungen sorgten für Schlagzeilen. 1977 heiratete er das tschechische Model Ivana Zelnickova – die Ehe hielt nicht, aber sie schafften es zusammen ins New Yorker Wachsfigurenkabinett.
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Mit Ivana hat Trump drei Kinder: Ivanka, heute Ex-Model und Geschäftsfrau, und die Söhne Donald junior und Eric. Nach einer von spektakulären Kontroversen begleiteten Trennung und Scheidung von Ivana…
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…ehelichte Trump 1993 die Schauspielerin Marla Maples, mit der er vorher eine lange Affäre hatte.
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Mit Marla Maples hat Trump die Tochter Tiffany.
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1997 ging auch diese Verbindung in die Brüche. Ehefrau Nummer 3…
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…wurde 2005 das slowenische Model Melania Knauss.
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Mit dem gemeinsamen Sohn Barron begleitete Melania Donald Trump zur Enthüllung seines Sterns auf Hollywood Walk of Fame in Los Angeles.
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Als Donald Trump Melania vor den Traualtar führte, gehörte Hillary Clinton zu den Gästen, heute demokratische Präsidentschaftskandidatin. Einst von Trump hochgelobt, auch noch als Außenministerin, hat er heute nur Schlechtes über sie zu sagen.
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Auch das ist augenfällig an Trump: Er hat seine Meinungen oft und krass geändert. Abtreibung, Steuern, Gesundheitsreform oder Waffengesetze – manchmal klang Trump eher wie ein Liberaler als wie der Erzkonservative, der er heute sein will.
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Der Golfspieler und…
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…Ehrendoktor der Robert Gordon Universität im schottischen Aberdeen beeindruckt seine Anhänger mit seinen markigen Sprüchen. Viele Experten sehen in ihm allerdings eine große Gefahr.
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Trump ist einfach Trump. Auf Nachfragen geht er oberflächlich ein – dann ist er rasch wieder bei seinem Lieblingsthema: ihm selbst.
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So will er eine wirklich „schöne Mauer“ an der Grenze zu Mexiko bauen lassen, um die illegalen Einwanderer fernzuhalten. „Wenn man sie Trump-Mauer nennt, muss sie schön sein“, sagt er.
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Bisher hat er alle Skandale im Wahlkampf überstanden. Am 8. November wählen die Amerikaner.
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Wie die Wahl ausgeht, weiß der 70-Jährige natürlich nicht. Aber er sagt: „Alle lieben mich.“
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Ronald Reagan bewahrte vor 30 Jahren über 1,5 Millionen Illegale per Erlass vor der Abschiebung. Eine präsidiale Amnestie. Donald Trump hat die Republikaner meilenweit von dieser Praxis des gesunden Menschenverstandes entfremdet. Am Wahltag verdienen sie dafür die Quittung.