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Der Flop mit dem Euro-Hawk belastet die Koalition

Der Flop mit dem Euro-Hawk belastet die Koalition

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Foto: dpa
Nach dem Scheitern des milliardenschweren Drohnen-Projekts „Euro Hawk“ hat die Opposition der Bundesregierung Täuschung des Parlaments vorgeworfen. Die Probleme seien bereits Ende 2011 sichtbar gewesen, sagte SPD-Obmann Rainer Arnold.

Berlin. Unter den Wehrpolitikern ist Rainer Arnold ein alter Hase. Er hat bei der Beschaffung von Waffen für die Bundeswehr vieles erlebt. Mal liefen die Kosten davon. Mal konnten Zeitpläne nicht eingehalten werden. Eine Bruchlandung wie beim „Euro Hawk“ ist für den Sozialdemokraten neu: „Das habe ich noch nie erlebt.“ Seit gestern steht fest: Die Aufklärungsdrohne wird nie fliegen.

Das Verteidigungsministerium hat es im Parlament bestätigt. 500 bis 688 Millionen Euro wurden für die Entwicklung und ein Testflugzeug in den Sand gesetzt. „Wir sind fassungslos“, sagte der Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour. Die Opposition fragt, wer die Verantwortung übernimmt.

Das Projekt geht auf Rot-Grün zurück. Die ersten Verträge mit dem US-Hersteller sind von 2001. Das erste unbemannte Flugzeug, ein Testgerät, wurde 2003 geliefert. Die endgültige Kaufentscheidung traf die Große Koalition. Für den Misserfolg muss Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) geradestehen.

Sein Ressort wusste seit 2011 von Problemen. Aber das Parlament war ahnungslos und bewilligte weitere 218 Millionen Euro. Das erklärt den Unmut der Abgeordneten. In Wahljahren ist die Toleranzgrenze ohnedies niedrig.

Ein tolles Gerät – auf dem Papier

Es geht um eine Version der US-Drohne „Global Hawk“. Ein tolles Gerät – auf dem Papier. Es kann in 20 Kilometern Höhe fliegen und mehr als 30 Stunden in der Luft bleiben. Bei Tests im bayrischen Manching hat es tatsächlich funktioniert. Das Problem ist nur, dass die Steuerung ausfallen kann. Bei Auslandseinsätzen gingen die Amerikaner „hemdsärmelig“ vor, weiß Arnold. Daheim aber wurde die Drohne oft von einem Jäger begleitet – um sie über bewohntem Gebiet notfalls abzuschießen. Offenkundig stimmt mit dem Kollisionsschutz was nicht. Bei Versuchsflügen wurde der Flugraum über Manching gesperrt. Das ist natürlich keine Dauerlösung.

Man hätte stutzig werden können. Die US-Luftwaffe bestellte 240 Drohnen, aber stornierte den Auftrag nach den ersten 18 Auslieferungen. Der Vogel blieb am Boden. Bald dämmerte es den Experten in Berlin, dass diese Drohne in Europa nie eine Zulassung erhalten würde. Dazu kommt: Die Amerikaner können oder wollen die notwendigen Dokumente, Daten nicht liefern. Was sie in der Black Box der Maschinen eingebaut haben, verraten sie auch nicht. „Es gibt offenbar jede Menge Probleme“, folgerte Hans-Peter Bartels (SPD). Wo es genau technisch hakt, verriet Staatssekretär Stéphane Beemelmans nicht den Abgeordneten. Weiß er es denn?

Insider-Tipp aus Bundeswehr-Kreisen

Schadensbegrenzung lautet jetzt die Devise. Die Aufklärungstechnik wurde in Europa entwickelt. Die könnte man retten. Parallel wird mit dem Hersteller Northrop Grumman verhandelt. Die Entwicklungskosten von einer halben Milliarde Euro sind wohl futsch. Das Steuergeld kann man abschreiben. „Offenbar kann man kein Geld zurückfordern“, erzählt Arnold.

Ursprünglich wollte die Luftwaffe neue Exemplare ordern, weitere fünf sollte die Nato erwerben. Sie sollten die ausgemusterten Flugzeuge des Typs Breguet Atlantic ersetzen. Nun sucht man nach einer Alternative.

Beemelmans ist ein enger Vertrauter des Ministers, und der hatte eine Diskussion über den Drohneneinsatz losgetreten. Zum finanziellen Verlust kommt ein Imageschaden dazu. Die Opposition fühlt sich darin bestätigt, dass de Maizière voreilig war und man die unbemannten Flugzeuge besser in Europa entwickeln sollte.

Die Opposition hatte einen Insider-Tipp aus der Bundeswehr erhalten, daraufhin auf Aufklärung gedrängt. De Maizière sollte den Ausstieg aus dem Projekt nicht bis zur Bundestagswahl hinauszögern. Gestern musste sein Staatssekretär die Reißleine ziehen