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Dagestan: Warum es ausgerechnet in dieser Region zu den hässlichen Szenen kam

Antisemitische Vorfälle erschüttern Russland: Der Gaza-Krieg sorgt für Unruhe im Nordkaukasus. Warum sich antisemitische Taten gerade dort häufen.

Antisemitische Vorfälle erschüttern Russland: Gaza-Krieg sorgt für Unruhe im Nordkaukasus. Warum sich antisemitische Taten gerade dort häufen.
© IMAGO/ITAR-TASS

Scholz in Israel: Antisemitismus hat in Deutschland keinen Platz

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei seinem Besuch in Israel betont, dass Antisemitismus "in Deutschland keinen Platz" habe. "Jüdisches Leben in Deutschland ist ein Geschenk", sagte der Kanzler nach einem Gespräch mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in Tel Aviv.

Der Gaza-Krieg im Nahen Osten hat seine Schatten bis nach Russland geworfen, wo eine muslimische Bevölkerung ihre Solidarität mit den Palästinensern zum Ausdruck bringt, doch mit erschreckenden Konsequenzen.

In Machatschkala, der Hauptstadt der Teilrepublik Dagestan, kam es am Sonntag (29. Oktober) zu einem dramatischen Vorfall. Eine aufgebrachte Menschenmenge stürmte den Flughafen, nachdem ein Flugzeug aus Tel Aviv gelandet war. Das Gerücht, dass Flüchtlinge aus Israel an Bord seien, hatte die Massen in Wallung versetzt (mehr dazu liest du hier). Doch warum wütete gerade dort ein antisemitischer Mob?

„Alle israelischen Bürger und Juden müssen geschützt werden“

Dagestan ist eine mehrheitlich muslimische Region. Die russischen Muslime, die überwiegend im Nordkaukasus zu finden sind, bekunden ihre Unterstützung für ihre palästinensischen Glaubensbrüder im Gaza-Krieg. Dies hat zu einer Atmosphäre beigetragen, in der sich antijüdische Übergriffe ausbreiten.

Das Problem wird noch verstärkt, da die Evakuierungsflüge für russische Staatsbürger aus Tel Aviv ausgerechnet im Nordkaukasus landen, genauer gesagt auf den Flughäfen Machatschkala, Mineralnyje Wody und Sotschi.

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Israel rief nach dem Vorfall Russland zum Schutz aller israelischen Staatsbürger auf. Sein Land erwarte von den russischen Behörden, dass sie „alle israelischen Bürger und alle Juden schützen und entschlossen gegen die Randalierer sowie gegen die Aufstachelung zur Gewalt gegen Juden und Israelis vorgehen“, erklärte das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu.

Antisemitische Vorfälle häufen sich

Machatschkala ist nicht der einzige Ort in Dagestan, an dem es zu antisemitischen Taten kam. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich in der Stadt Chassawjurt. Aufgebrachte Menschen umzingelten ein Hotel, in dem Gerüchten zufolge Flüchtlinge aus Israel untergebracht waren. Einige Dutzend Männer drangen in das Hotel ein, um angeblich die Pässe der Gäste zu kontrollieren. Außerdem sollen diese laut Telegram-Berichten von allen Gästen verlangt haben, zu den Fenstern zu kommen. Nachdem diese sich weigerten, flogen Steine in das Gebäude, wie der Telegram-Kanal „Emergency Dagestan“ mitteilte. Die wütende Menge musste von Polizeibeamten aufgehalten werden.

In Naltschik, der Hauptstadt der Teilrepublik Kabardino-Balkarie, wurden am Sonntag Reifen neben einem jüdischen Kulturzentrum in Bau angezündet. Das Gebäude wurde mit extremistischen Parolen beschmiert, darunter die Aufschrift „Tod den Juden.“ Demonstranten in der Teilrepublik Karatschajewo-Tscherkessien riefen sogar dazu auf, die örtliche jüdische Bevölkerung auszusiedeln.

Ein weiteres Video auf Telegram zeigt mehrere Menschen in Dagestan, die Autos anhalten, die den Flughafen verlassen. Daraufhin wurde geprüft, ob die Passagiere Juden seien. „Die Polizisten mischen sich in keiner Weise in die Kontrollen ein, und die Menge durchsucht sogar Polizeiautos“, heißt es auf Telegram weiter.

„Antisemitismus hat keinen Platz“

Die Behörden sind besorgt über die Zunahme der Gewalt und appellieren an die Bevölkerung, sich nicht von Extremisten aufstacheln zu lassen. Sergej Melikow, der Republikchef von Dagestan, warnte bei Telegram: „Wegen der Fakes, die von unseren Feinden verbreitet werden, waren einige noch ganz junge Leute drauf und dran, die Gesetze zu verletzen“. Auch die islamische Geistlichkeit der Region stellte klar: „Der Antisemitismus hat keinen Platz im multiethnischen Nordkaukasus.“


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Angesichts der Gewalt im Nahen Osten traf sich Präsident Wladimir Putin vergangene Woche mit den religiösen Führern des Landes. Er beschwor ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Völker und Religionen in Russland. Die Spannungen im Nordkaukasus sind ein ernstes Anliegen, das das Land vor große Herausforderungen stellt, wenn es um die Sicherung des sozialen Friedens geht.