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Bundestag: Geht neues Gesetz völlig nach hinten los? DAS ist „verfassungswidrig“

Die Ampel plant in einem Entwurf eine neue Wahlrechtsreform für den Bundestag. Andere Parteien sind dagegen. Das sagen CDU, CSU und Linke zu den Plänen.

Die Ampel plant in einem Entwurf eine neue Wahlrechtsreform. Das sehen die Fraktionen für den Bundestag vor.
u00a9 IMAGO / Political-Moments

Deshalb ist der Bundestag so groß wie nie zuvor

Momentan ist noch unklar, wer Kanzler wird. Doch eines steht fest: Der Bundestag wird so groß wie nie! Das ist der Grund dafür.

Der deutsche Bundestag ist in den letzten Jahren zu einem der größten Parlamente weltweit gewachsen. 2013 zählte der Bundestag 631 Abgeordnete, vier Jahre später 709 Abgeordnete, seit 2021 sind es sogar 736 Parlamentarier.

Die Ampel-Parteien wollen diesen Anwuchs nun stoppen und haben dafür einen Gesetzentwurf für die Wahlrechtsreform vorgelegt. Kritik kommt von der oppositionellen Union – auch die Linke wolle die Pläne ausführlich prüfen.

Bundestag aktuell viel größer als gesetzlich erlaubt

Der Bundestag wurde in den letzten Jahren immer weiter aufgebläht, zählt aktuell 736 Abgeordnete – und das, obwohl die gesetzlich vorgesehene Regelgröße bei 598 Mitgliedern liegt.

Grund dafür ist die Wahl-Methode von Erst- und Zweitstimmen, die regelmäßig Überhangmandate nach der Bundestagswahl hervorbringt. Bei der Bundestagswahl 2021 gab es zuletzt 138 Überhang- und Ausgleichsmandate (41 davon entfielen auf die Union, 36 auf die SPD, 24 auf die Grünen, 16 auf die FDP, 14 auf die AfD und sieben auf die Linke), wie die Bundeszentrale für politische Bildung angibt. Laut „tagesschau“ ist der aktuelle Bundestag damit so groß wie nie zuvor – doch laut der Fraktionen von SPD, Grünen und FDP soll sich genau das bald ändern.

Der Tenor der Ampel-Parteien: Die Überhang- und Ausgleichsmandate sollen abgeschafft werden. „An einer Reform des Wahlrechts führt kein Weg vorbei“, sagte der Grünen-Abgeordnete Till Steffen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Hier geht es nicht nur um die Arbeitsfähigkeit des Parlaments und explodierende Kosten. Es geht vielmehr auch um die Glaubwürdigkeit der Politik und die Reformfähigkeit unseres Landes.“

Bundestag: Das fordert die Ampel im Entwurf

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass in Zukunft nur die Zweitstimmen (auch Hauptstimmen genannt) für die Stärke der Parteien im Bundestag ausschlaggebend sein sollen. Diese Stimmen entscheiden, wie viele der 598 Bundestagsmandate jeder Partei bundesweit zustehen. Die Plätze werden sowohl durch die Landeslisten der Parteien, als auch durch die Erststimme, die „Wahlkreisstimme“, besetzt.

Kandidaten mit dem schlechtesten Wahlkreisstimmen-Ergebnis gehen dann leer aus, wenn die Partei mehr Wahlkreise direkt, als Sitze nach den Hauptstimmen-Ergebnis, gewinnt. „Die erfolgreiche Kandidatur im Wahlkreis setzt also künftig neben der relativen Mehrheit eine Deckung durch ‚Hauptstimmen‘ voraus“, heißt es dazu im Gesetzentwurf. Laut Entwurf soll es bei der bisherigen Einteilung in 299 Wahlkreise bleiben.

Bundestag: Kritik an Gesetzentwurf

Bei der nächsten Bundestagswahl 2025 könnten so Abgeordnete aller Parteien ihr Mandat verlieren. Kritik an der Idee der Ampel-Parteien könnte also auch aus den Fraktionen selbst kommen – doch die oppositionelle Union hat bislang von Überhang- und Ausgleichsmandate am meisten profitiert, könnte sich also gegen die Pläne von SPD, Grüne und FDP stellen.

Tatsächlich halten Politiker der Union die Pläne der Ampel-Koalition für nichts weniger als verfassungswidrig. „Gewählten Wahlkreiskandidaten das Mandat zu verweigern, ist eine eklatante Missachtung des Wählerwillens und des Rechtsstaats- und Demokratieprinzips“, so Stefan Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU im Bundestag, gegenüber dem Nachrichtenportal „The Pioneer“. Der CDU-Abgeordnete Ansgar Heveling warnte ebenfalls vor einem „verfassungswidrigen Kappungsmodell“, drohte bereits mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Die Linke antwortet auf Nachfrage dieser Redaktion, dass sie den Vorschlag der Ampel-Fraktionen in Ruhe prüfen wolle. Auch die Linkspartei habe sich in der Vergangenheit immer für eine Reform eingesetzt, mit der das Anwachsen des Bundestages gestoppt und die Zahl der Abgeordneten wieder auf die gesetzliche Regelgröße von 598 zurückgeführt werde – auch, wenn klar sei, dass alle Parteien verhältnismäßig Mandate verlieren werden.


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„Wir dürfen das Wahlrecht aber nicht durch die Brille parteipolitischer Egoismen betrachten; es geht hier um einen Kern unserer Demokratie“, mahnte Linken-Politikerin Susanne Hennig-Wellsow. Der Vorschlag gehe zwar in die richtige Richtung, es gebe allerdings noch Klärungsbedarf. „Kein Geheimnis ist, dass wir uns als Linke auch eine Regelung zur Parität gewünscht hätten“, sagte Hennig-Wellsow dieser Redaktion. Auch fordere die Partei eine Absenkung des Wahlalters für die Bundestagswahl auf 16 Jahre.

In der nächsten Woche wollen die Fraktionen bereits über den Gesetzentwurf beraten. Anschließend soll er im parlamentarischen Verfahren eingebracht werden und bis Ostern abgeschlossen sein.