Verkündet Friedrich Merz (66) im Streit über den Hartz-4-Nachfolger Bürgergeld etwa eine Kehrtwende? Was der Partei- und Fraktionsvorsitzende der CDU Am Sonntag in einem Interview bei den „Tagesthemen“ kundtut, lässt jedenfalls aufhorchen.
„Ich werde morgen den Parteivorstand der CDU und dem Vorstand der CDU/CSU- Bundestagsfraktion vorschlagen, dass wir der Bundesregierung anbieten, noch in dieser Woche einen verbindlichen Beschluss des Deutschen Bundestages über die Anhebung der Regelsätze zu treffen“, gibt Merz etwas verschachtelt zum Besten.
Merz über Bürgergeld: „Wir sind mit der Höhe einverstanden“
Um dann jedoch deutlicher hinterherzuschieben: „Wir sind mit der Höhe der Sätze einverstanden. Und dann können wir das in dieser Woche im Deutschen Bundestag verbindlich so mit einem Gesetz beschließen“.
Der Erhöhung der Regelsätze von 449 Euro auf 502 Euro zustimmen – eine Kompromissbereitschaft, die Merz jedoch an eine Bedingung knüpft: „Dann müssen wir uns allerdings über alle anderen Themen des sogenannten Bürgergeldes ausführlich unterhalten – da gibt es viel zu kritisieren“!
Von Kritik kann die Union ein Lied singen. Davon hat sie in den vergangenen Tagen viel einstecken müssen. Denn da haben sie noch ganz andere Töne anklingen lassen. Das Bürgergeld sei zu hoch und Arbeit würde sich nicht mehr lohnen!
Zum Beweis veröffentlichten Vertreter der Union Rechnungen, mit denen sie aufzeigen wollten, dass Bürgergeldempfänger MEHR Geld zur Verfügung hätten, als Menschen im Niedriglohnsektor.
Eine Rechnung der CSU zeigte beispielsweise auf, dass ein Paar mit Bürgergeld und zwei Kindern im Monat 2908 Euro bekommen würde, wohingegen ein Paar mit Mindestlohn und zwei Kindern nur 2125 Euro zur Verfügung haben soll. Doch bei dieser Rechnung geht es nicht mit rechten Dingen zu.
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Denn wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) darlegt, wurde bei der Rechnung der CSU ganz schön getrickst. So arbeitet in der Berechnung der CSU nur ein Elternteil mit Mindestlohn und beim Mietzuschuss der Bürgergeldempfänger wird der höchstmögliche Mietzuschuss von 986 Euro angenommen und nicht der durchschnittliche in Höhe von 767 Euro. Auch der Wohngeld-Anspruch bei der Mindestlohn-Familie wurde außer Acht gelassen.
Nach der Richtigstellung des DGB kommt die Bürgergeld-Familie auf 2393 Euro und die Mindestlohn-Familie auf 3124 Euro. Wie dem auch sei – bemerkenswert ist die Kehrtwende des Partei- und Fraktionsvorsitzenden Merz von „Das Bürgergeld ist zu hoch“ zu „Wir finden die Erhöhung richtig und können ihr schon in dieser Woche zustimmen“ schon. Fraglich, ob seine Rechnung mit dieser Kehrtwende beim Wähler aufgeht – oder ob sich die Union abermals damit verrechnet.