Düsseldorf.
Die Kassen sind leer. Da entwickeln kreative Kommunen beim Erfinden neuer Steuern eine bemerkenswerte Fantasie. Gerade erst hat die klamme Stadt Hagen eine neue Wettbürosteuer angekündigt. Die 16 Wettbüros für Sport- und Pferdewetten, die mit aktuellen Fernsehbildern vor Ort für hohe Einsätze werben, sollen 200 Euro monatlich pro angefangene 20 Quadratmeter Ladenfläche bezahlen. Geschätzte Mehreinnahme: 120 000 Euro im Jahr. Städte wie Dortmund wollen nachziehen. Die Wettbüros drohen mit Klage.
Bräunungssteuer, Antennensteuer, Katzensteuer – dem schier grenzenlosen Ideenreichtum der Kämmerer muss die Landesregierung häufig Grenzen setzen. So scheiterte der Antrag der Stadt Essen auf Genehmigung einer Solarsteuer („Bräunungssteuer“) für 20 Euro monatlich pro Sonnenbank erst am Veto des Innenministers. Auch die in Remscheid beantragte Antennensteuer für das Aufstellen von Mobilfunkmasten wurde abgeschmettert. Und im Landtag diskutierten Abgeordnete bereits über eine Katzensteuer, die wie die Hundesteuer kassiert werden könnte. Noch liegt kein konkreter Antrag vor: Offenbar fürchten Kommunalpolitiker eine gewaltige Wutwelle der Millionen Samtpfoten-Besitzer.
Erfolgreicher waren Städte mit der Einführung einer Sexsteuer. In bislang zwölf NRW-Gemeinden wurden 2013 insgesamt 235 000 Euro Steuer bei Prostituierten oder Bordellbetreibern kassiert. In Bonn müssen Prostituierte seit 2011 auf dem Straßenstrich am Automaten erst eine Marke ziehen, bevor sie ihrem Liebesgewerbe nachgehen dürfen. Rechtlich umstritten bleibt die Bettensteuer für die Übernachtung in Hotels, mit der die Stadt Köln in Form einer „Kulturförderabgabe“ Touristen zusätzlich zur Kasse gebeten hat. Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts haben Köln und Duisburg den Vollzug ausgesetzt.
An einen Schildbürgerstreich erinnerten Überlegungen in der Kölner Verwaltung, mit einer „Warteschlangen-Gebühr“ für Besucher von Diskotheken die städtische Kasse aufzubessern. Betreiber sollten die Sondernutzungsgebühr entrichten, wenn Gäste den öffentlichen Raum vor dem Eingang der Diskothek nutzen. Nach öffentlicher Kritik scheiterte das Projekt.
Kommunen wie Remscheid denken immer wieder auch über eine Pferdesteuer nach. Weil Pferdehalter aber bereits eine Reitabgabe für Ausritte entrichten müssen, zögern die Kommunen. Der Bund der Steuerzahler hatte zudem vor dem hohen Verwaltungsaufwand gewarnt. Außerdem könnten Halter ihren Vierbeiner im Fall der Fälle schließlich auch im Nachbarort unterstellen, wenn sie sich eine Pferdesteuer ersparen wollten.
Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler NRW, Heinz Wirz, beklagt, dass der gefräßige Steuerstaat dem Bürger ständig tiefer in die Tasche greife. Dabei wird schon heute vom Bier bis zur Zweitwohnung beinahe alles besteuert. So werden unter anderem fällig:
Biersteuer: 9,44 Cent pro Liter – bundesweit 669 Millionen Euro (2013), Branntweinsteuer: 3,83 Euro je 0,7-Liter-Flasche (42 %) – insgesamt 2,1 Mrd. Euro, F euerschutzsteuer: 8 % der Feuerversicherung – 392 Mio. Euro, Heizölsteuer: 6,1 Cent je Liter Heizöl – 1,47 Mrd. Euro, Heizgassteuer: 5,5 Cent je 10 Kilowatt Erdgas – 2,78 Mrd. Euro, Hundesteuer: 299 Mio. Euro, Kaffeesteuer: 2,19 Euro je Kg Röstkaffee – 1 Mrd. Euro (Zusätzlich Umsatzsteuer), Mineralölsteuer: 0,67 Euro je Liter bleifrei, 0,47 Euro Diesel – 35,1 Mrd. Euro, Wett-/Lotteriesteuer: 20 % bei Lotterien – 1,6 Mrd. Euro, Sektsteuer: 1 Euro je 0,75 Liter Schaumwein – 434 Mio. Euro, Spielbankabgabe: 80 % des Bruttospielertrages – 697 Mio. Euro (2012), Stromsteuer: 2,05 Cent je Kilowattstunde – 7 Mrd. Euro, Tabaksteuer: 15,6 Cent pro Zigarette – 13,8 Mrd. Euro, Umsatzsteuer: 19 % (Lebensmittel 7 %) – 196,8 Mrd. Euro, Vergnügungssteuer: 15 – 20 % des Eintrittspreises – 707 Mio. Euro, Versicherungssteuer: 13 – 16 % (Hausrat etc.) – 11,5 Mrd. Euro, Zweitwohnungssteuer: 10 bis 12 % der Bemessungsgrundlage – 110 Mio. Euro.