Die Krimi-Reihe „Ein starkes Team“ beschert dem ZDF regelmäßig starke Quoten. Die Idee – ein Mann-Frau-Gespann aus Ost und West – war der Wiedervereinigung geschuldet. Doch der Schauplatz Berlin bietet ein nahezu unerschöpfliches Reservoire an Themen, findet Drehbuch-Autor Jürgen Pomorin.
Bochum/Mainz.
Wo möchte ein Autor in seiner Heimatstadt Bochum interviewt werden? Natürlich im „Tuchsolsky“. Das Haus nennt sich „Art Hotel“, Kunst-Hotel, ein Hotel für Künstler. Jürgen Pomorin sitzt schon im Café, als wir kommen, ganz hinten, den Laden komplett im Blick. Es gibt einen starken Grund für unser Gespräch: Die ZDF-Krimireihe „Ein starkes Team“ (Samstag, 20.15 Uhr) wird 20 Jahre alt, und der 61-Jährige avancierte im Lauf der Jahre zum Chef-Autor.
„Ich habe fast die Hälfte der Folgen geschrieben“, erinnert sich Pomorin, den Freunde gedruckter Krimis auch als Leo P. Ard kennen. Er mag es, nicht nur neue Figuren zu schaffen, sondern auch Reihen zu fortzuschreiben: „Die Figuren, die Konstellation und der Ton sind vorgegeben.“ Das „starke Team“ zeichnet sich durch ein großes Ensemble um die beiden Berliner Hauptfiguren aus: Maja Maranow als West-Kommissarin und Florian Martens als Ost-Ermittler. Eine typische Konstellation aus der Nachwendezeit.
Realer Hintergrund der TV-Räuberpistole
Dennoch zeigen die humorigen Hauptstadt-Krimis keine Ermüdungserscheinungen. Sechs Millionen Zuschauer waren zuletzt die Untergrenze, ein stolzer Marktanteil von 20 Prozent die Regel.
Das hängt damit zusammen, dass Deutschlands größte Stadt eine nahezu unerschöpfliches Potenzial an unerzählten Geschichten hat. In der Jubiläumsfolge „Späte Rache“ geht es um einen Konflikt zwischen Amerikanern und Russen in der Hauptstadt. August Zirner und Katja Flint verkörpern ein deutsch-amerikanisches Ehepaar, das Probleme mit einem russischen Ladenketten-Chef (Wladimir Tarasjanz) hat.
Der realen Hintergrund der Räuberpistole recherchierte Pomorin vor Ort. Der Wahl-Mallorquiner orientierte sich nach dem Tod seiner Lebens- und Kreativpartnerin Birgit Grosz vor zwei Jahren neu und lebt seit geraumer Zeit in Berlin. Für seinen aktuellen Krimi war es „wichtig zu sehen, wie die 100.000 Russen in Berlin, vorwiegend in West-Berlin leben, wie sie die Kultur beeinflussen und den Einzelhandel mit ihren Läden“.
Eine weitere Einwohner-Gruppe reizt Pomorin: die 20.000 Vietnamesen, die zwischen Spandau und Adlershof leben, im Westen die einstigen Boat-People aus dem Süden und im Osten die nordvietnamesischen DDR-Vertragsarbeiter.
Berlin, findet Pomorin, „ist eine unheimlich spannende Stadt – was ich vor 10, 15 Jahren nicht gedacht hätte“.
Dennoch hält der Bochumer Junge den Kontakt zur alten Heimat – schon wegen vieler Freunde.
Im Revier hat der gelernte Bankkaufmann angefangen zu schreiben – erst als linker Investigativ-Journalist, dann, in den 80ern, als Roman-Autor. Damals betrat er, mit Reinhard Junge, Neuland.
Erster Erfolg: „Das Ekel von Datteln“
Sie gehören zu den Schriftstellern, die die ersten Regionalkrimis auf den Markt brachten. Aber: „Wir sind mit dem Gedanken daran gegangen, eine neue Marke zu schaffen.“ Junge und er wollten nur das Milieu beschreiben, was sie am besten kannten. Dabei nahmen sie Krawall in Kauf. Der Durchbruch gelang Pomorin und Junge mit dem Roman „Das Ekel von Datteln“, in dem sich der damalige SPD-Bürgermeister Horst Niggemeier wiederzuerkennen glaubte: „Er hat sich so aufgeregt, dass das Buch in Datteln nicht verkauft wurde. Wer das Buch haben wollte, musste nach Waltrop fahren.“ Der dortige Buchladen verkaufte 1000 Stück.