Veröffentlicht inPanorama

Vor 30 Jahren geschah das Attentat auf Papst Johannes Paul II.

Vor 30 Jahren geschah das Papst-Attentat

Das Bild ging um die Welt: Papst Johannes Paul II. besucht Attentäter Ali Agca 1983 im Gefängnis - und verzeiht ihm. (Foto: Imago)
Das Bild ging um die Welt: Papst Johannes Paul II. besucht Attentäter Ali Agca 1983 im Gefängnis - und verzeiht ihm. (Foto: Imago) Foto: Foto: imago stock&people
Heute vor 30 Jahren wurde Papst Johannes Paul II. auf dem Petersplatz in Rom bei einem Attentat schwer verletzt. Der Türke Ali Agca schoss dreimal auf das Kirchenoberhaupt. Über das Motiv rätselt man noch heute. Steckte der Ostblock dahinter?

Rom. 

Die Bilder haben auch heute, nach 30 Jahren, nichts von ihrer Dramatik eingebüßt. Der 13. Mai 1981 ist für Tausende katholische Pilger auf dem Petersplatz in Rom ein schöner Tag. Papst Johannes Paul II. hält eine Generalaudienz. Er fährt in einem offenen Jeep stehend an den Absperrungen entlang, hinten denen die Gläubigen stehen und ihm zuwinken. Er schüttelt Hände, er ist den Menschen ganz nah. Eltern halten ihm ein kleines Kind entgegen, das er segnet. Doch plötzlich durchschneiden Schüsse den Jubel der Menschen. Die weiße Soutane des Papstes färbt sich rot. Johannes Paul sackt zusammen. Leibwächter werfen sich über den schwer verletzten Mann. Der Jeep nimmt Fahrt auf und rast durch die Menge. Die Gläubigen bleiben fassungslos zurück.

Der Papst wird in die Gemelli-Klinik gebracht und sofort operiert. Das Oberhaupt der katholischen Kirche schwebt in Lebensgefahr. Später sagen Augenzeugen, der polnische Papst habe noch auf dem Petersplatz gebetet, verzweifelt die Gottesmutter angefleht, sein Leben zu retten. Er überlebt und ist bis ans Ende seiner Tage überzeugt, dass sie sein Bitten erhörte. Die Kugeln, die ihn nicht zu töten vermochten, lässt er Jahre später im portugiesischen Wallfahrtsort Fatima in die Krone der Madonna einsetzen.

Die Hintergründe sind bis heute ungeklärt

Auf dem Petersplatz ringen Gläubige und die Polizei den Attentäter nieder, den jungen Türken Ali Agca. Der damals 23-Jährige wurde wenige Wochen danach in Italien zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch die Hintergründe des Attentats sind bis heute nicht geklärt. Ungezählte Theorien, Verschwörungsgeschichten und Mythen ranken sich um einen der berühmtesten Kriminalfälle des vergangenen Jahrhunderts. Agca, der sich als junger Türke als Terrorist im Umfeld der Grauen Wölfe umtrieb, hatte mindestens 100 Versionen über die Tat vorgelegt. Er belastete den bulgarischen Geheimdienst und den sowjetischen KGB.

Als wahrscheinlich gilt heute, dass Agcas Auftraggeber damals, in den Zeiten des Kalten Krieges, aus dem Zentrum des kommunistischen Ostblocks kamen. Dort sah man den furchtlosen Kritiker des Kommunismus und Schutzmacht der polnischen Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc offenbar als ernste Gefahr.

Seinen Attentäter hatte der genesene Papst 1983 im Gefängnis besucht und ihm verziehen. Auf seine Bitte hin wurde Agca im Jahr 2000 begnadigt und dann in die Türkei abgeschoben. Dort musste er noch eine alte Haftstrafe wegen Mordes absitzen.

Das gescheiterte Attentat unter dem Petersdom hat sich in die Chronik der Weltgeschichte geschrieben. Zu den ergreifenden Bereichten von Zeitzeugen gehört der der heute 32-jährigen Sara Bartoli. Dem „Corriere della Sera“ erzählte sie, dass der Papst sie in den Sekunden auf den Armen hielt, als Agca zielte. Bilder von jenem Tag zeigen ein kleines blondgelocktes Kind, das der Papst gerade in die Arme des Vaters zurückgibt. Dieser Kopf im Sichtfeld habe den Täter für den Bruchteil eines Momentes irritiert, glaubt sie. Und so trafen die Schüsse zwar, aber sie waren nicht mehr tödlich.