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Flucht aus der Ukraine: Frau schaut jeden Morgen aus dem Fenster – der Grund ist tieftraurig

Millionen Menschen mussten die Flucht aus der Ukraine antreten. Auch Daria zählt dazu. Der Blick aus dem Fenster brachte sie zum Weinen.

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Ukraine-Krieg: Nach 1991 nahm das Unheil seinen Lauf - die Chronologie

Seit dem Angriff Russlands auf sein Nachbarland bestimmt der Ukraine-Krieg das weltpolitische Geschehen. Wir erklären dir, wie sich der Konflikt entwickelt hat.

An den Tag, an dem ihre Welt zerbrach, erinnert sich Daria (damals 36) noch gut. Es war der 24. Februar 2022. Russische Truppen marschierten in die Ukraine ein. Plötzlich war nichts mehr wie vorher, plötzlich musste sie mit ihren Töchtern (damals 10 und 15) die Flucht ergreifen – und landete in Essen (NRW). Der morgendliche Blick aus dem Fenster in ihrer Wohnung in Essen-Holsterhausen trieb Daria jedes Mal fast die Tränen in die Augen.

Am 24. Februar jährt sich der russische Angriff auf die Ukraine zum zweiten Mal. Zahlreiche Menschen sind seitdem geflüchtet – unter anderem nach Deutschland. Wir haben mit Geflüchteten gesprochen und wollen ihre Geschichten anlässlich des traurigen Jahrestages in einer Artikel-Serie erneut erzählen.

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Welche Schuhe dürfen es heute für mein Kind sein? Es ist eine alltägliche, eine banale Frage. Daria stellte sich diese an jenem Morgen. Dass zu diesem Zeitpunkt der Krieg in ihrem Land ausbrach und sie schon bald auf der Flucht sein würde, ahnte sie da noch nicht. „Wir haben keinen Fernseher zu Hause“, erklärt sie.

Daria führte ein Familienleben wie im Bilderbuch

Doch plötzlich rückte die Frage nach den passenden Schuhen für die Tochter in den Hintergrund. Ihr Telefon stand nicht still, klingelte, vibrierte. In der Eltern-Whatsapp-Gruppe brach Panik aus. „Ich habe nur gelesen: Mein Kind geht nicht zur Schule, meins auch nicht, meins auch nicht. In diesem Moment habe ich erfahren: Es ist Krieg!“, erinnert sich die Ukrainerin an den Augenblick zurück, der ihr Leben für immer veränderte.

Daria wohnte zu diesem Zeitpunkt mit ihrem Mann (damals 35) und ihren zwei Kindern in Saporischschja, eine Stadt im Süden der Ukraine, circa 200 Kilometer von Donezk und Mariupol entfernt. Sie führten ein Familienleben aus dem Bilderbuch: Er Arzt und sie selbständige Nagel-Designerin. Doch dann kamen die Russen.

Flucht aus der Ukraine: Täglich zehnmal Bombenalarm

Zwei Monate blieben Daria und ihre Kinder noch in ihrer Heimat nahe dem russischen Angriff – zwei Monate voller Angst um das eigene Leben. Bis zu zehnmal am Tag wurde Bombenalarm ausgelöst. Oft passierte nichts. „Wir waren es leid, ständig in den Keller zu gehen. Es sind Menschen gestorben, weil sie es irgendwann nicht mehr ernst genommen haben“, erzählt Daria. Sah die Ukrainerin selbst Menschen sterben? „Nein, zum Glück nicht.“


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Aber die Bomben, die habe sie gehört „Es war in der Nähe von uns. 40 Kilometer von uns entfernt haben sie gekämpft. Die Bomben und Soldaten kamen immer näher.“ Doch bevor diese ihre Stadt erreichten, entschied Daria: Jetzt reicht es! Am 26. April 2022 verließ sie ihre geliebte Heimat. Die Flucht aus der Ukraine begann.

Daria und ihre beiden Kinder mussten die Flucht aus der Ukraine antreten. Foto: privat

Mann wollte in der Ukraine helfen

Ihren Mann musste sie zurücklassen – er wollte für sein Land da sein in dieser schwierigen Zeit. Als gelernter Arzt verteilte er dort humanitäre Hilfspakete an die Soldaten. Doch für seine Frau stand fest: Sie und die Kinder müssen hier weg!

Direkt zu Beginn ihrer Flucht aus der Ukraine geschah das bisher schlimmste Erlebnis, das Daria durchstand. Sie wartete auf ein Auto, welches sie über Polen nach Deutschland bringen sollte. „In dem Moment gingen drei Bomben zwei Kilometer entfernt von uns hoch. Wir haben den Moment, als sie kamen, genau gesehen.“

Doch Daria und ihre Kinder schafften es. Sie schafften es zunächst nach Lwiw, eine ukrainische Stadt rund 70 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Dort blieben sie einen Tag. Dann ging es weiter nach Polen. Dort schliefen sie in einem Flüchtlingslager. Von dort ging es weiter in Richtung Essen (NRW).

Nach Flucht aus der Ukraine – sichere Ankunft im Ruhrgebiet

Am 29. April kamen die Mutter und ihre Töchter in der Ruhrgebietsstadt an. Hier fand Daria zunächst Unterschlupf bei Marcus Bonna, der das Hotel „Bonna Notte“ im Stadtteil Dellwig betreibt. Er war es auch, der ihr eine Wohnung im Essener Stadtteil Holsterhausen zur Verfügung stellte – inklusive Möbel.


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Auch, wenn Daria hier jetzt ein sicheres Zuhause gefunden hatte: Ihren Mann und die Ukraine vermisste sie schrecklich. Doch ein bisschen Heimatgefühl gab ihr der Blick aus ihrem Fenster in ihrer Essener Wohnung. Dort steht ein Baum. Für Daria war es nicht irgendein Baum. Der Baum erinnerte sie an ihre geliebte Heimat. Vor ihrem Haus in Saporischschja stand der gleiche Baum. Es ist eine Robinie. „Das ist ein magisches Signal“, sagt Daria mit einem Lächeln im Gesicht.