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Robert Lembke hätte diesen Dienstag 100. Geburtstag

Robert Lembke hätte diesen Dienstag 100. Geburtstag

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Robert Lembke Foto: dpa
Robert Lembke wäre am 17. September 100 Jahre alt geworden. „Was bin ich?“ hat ihn berühmt gemacht. Doch der Herr über schweineförmigen Spardosen und fatastische Einschaltquoten hatte auch andere Qualitäten.

Essen. 

Er war ebenso unauffällig wie mächtig. Sah so harmlos aus, hatte aber den Schalk im Nacken. Morgen wäre Robert Lembke hundert Jahre alt geworden. Wer an ihn denkt, denkt an „Was bin ich?“

Lembkes Beruferaten kam immer dienstags um 20.15 Uhr. Insgesamt 337-mal. Und wenn der Sohn einer Wäscherin auf Sendung war, dachte man manchmal der Fernseher sei kaputt. Weil nichts passierte auf dem Bildschirm. Standbild quasi. „Abgefilmtes Nachdenken“, hat Annette von Aretin aus seinem Rateteam das mal genannt. Nachdenken darüber, was der Gast neben Lembke wohl für einen Beruf hat. Um dann so zu fragen, dass der Kandidat mit „Ja“ antworten muss. Denn für jedes „Nein“ wirft Lembke ein Fünf-Markstück in eines der Sparschweine, von denen immer ein Quartett vor ihm steht. Und wenn 50 Mark im Bauch der Sau sind, hat der Kandidat gewonnen.

Das Konzept der Sendung ist so schlicht, wie das Studio, in dem es umgesetzt wird. Mit zwei Tischen, ein paar Stühlen, dem Gong und einer großen Tafel. Trotzdem schalten zeitweise 75 Prozent aller Zuschauer ein. Lembke erhält das Bundesverdienstkreuz erster Klasse, den Bambi und die Goldene Kamera gleich zwei Mal. Rio Reiser singt: „Wenn ich König von Deutschland wär, im Fernsehen gäb’ es nur noch ein Programm: Robert Lembke, 24 Stunden lang“. Und 1982 geben 96,5 Prozent der Deutschen an, Herrn Lembke zu kennen. Was Herr Lembke allerdings anders sieht: „Für die Leute bin ich immer nur der Kasperl von ,Was bin ich?’“, hat er sich geärgert, „was ich wirklich gemacht habe, hat die nie interessiert.“

Ein Spezialist für Leuchtfarben und Sportjournalist

Dabei hat er so viel gemacht. Ein Jurastudium bricht er ab, schreibt lieber für diverse Zeitungen, bis die Nazis es ihm verbieten. Er verkauft Anzeigen, wird Spezialist für Leuchtfarben. Nach dem Krieg macht er Karriere beim Rundfunk. Bei der Weltmeisterschaft 1954 Assistent von Herbert Zimmermann, wird der unverbesserliche Kettenraucher später Chefredakteur des Bayrischen Rundfunks und stellvertretender Programmdirektor der ARD. Er koordiniert die Fernsehberichterstattung von den Olym­pischen Spielen und organisiert die Übertragungen von der Fußballweltmeisterschaft 1974 in Deutschland.

Nebenbei übernimmt er 1955 „Was bin ich?“ Eher notgedrungen: „Es wollte kein anderer machen.“ Bis zu Lembkes Tod während einer Herzoperation 1989 lernen die Deutschen Schmetterlingsbetreuer, Strohdachbauern oder Skorpionmelker kennen. Regelmäßig erleben sie, wie das Rateteam sich windet und wendet, um die richtigen Fragen zu stellen: „Geh’ ich recht in der Annahme, dass sie nicht …“ Und Lembke sagt „Nnnnnnäin“ oder „Jioaaah“ und manchmal auch „genau das isses“, bis er sich zum Ende jeder Sendung mit den Worten verabschiedet: „Ich hoffe, Sie haben ein bisschen Spaß gehabt.“

Der Gastgeber ist stets ruhig und freundlich. Nur wenn einer witziger sein will als er, kann Lembke bissiger werden als sein Foxterrier Struppi, der ihn viele Jahre lang ins TV-Studio begleitet. Für den Humor ist er zuständig, und er verpackt ihn gerne in Aphorismen wie „Kein Mensch ist so beschäftigt, dass er nicht die Zeit hat, überall zu erzählen, wie beschäftigt er ist.“

Die Frage alle Fragen: Welches Schweinderl hätten’s denn gern?

Als Saubermann gilt er, und wohl deshalb sind viele Deutsche so überrascht, als die Boulevardpresse nach seinem Tod von angeblichen Affären und Schwindeleien berichtet. Was davon wahr ist, bleibt unklar. So wie Lembke es sich wohl gewünscht hätte. „Mit der Fernsehgebühr erwirbt der Zuschauer ein Recht auf meine Ar­beit, nicht auf mein Privatleben“, hat er stets gesagt.

Fast 25 Jahre nach seinem Tod sind die Gerüchte längst vergessen. Anders als die Frage Lembkes, die bis heute zum deutschen Sprachgut gehört. „Welches Schweinderl“, wollte er von all seinen Gästen wissen, „hätten’s denn gern?“