Das Jahr ist noch jung, aber die ZDF-Serie „Der Schwarm“ nach dem Roman von Frank Schätzing gilt schon jetzt als eines der TV-Highlights 2023. Wir haben mit Schauspielerin Leonie Benesch über den Dreh, die Serie an sich und die Frage gesprochen, warum ihre Rolle zwar in der Serie, aber nicht im Roman auftaucht.
Liebe Leonie, die Cliffhanger in der „Schwarm“ sind unglaublich spannend. Warum quält ihr die Zuschauer so?
(lacht) Ich habe damit nichts zu tun. Nicht meine Entscheidung. Das ist nicht mein Aufgabenbereich.
Auch wieder wahr. Du bist aber für die Schauspielerei zuständig. Was hast du gedacht, als klar war, dass du die Rolle der Charly Wagner spielen darfst?
Ich habe mich wahnsinnig gefreut. Ich hatte aber auch ein bisschen Sorge. Im August 2020 habe ich die Zusage bekommen. Im September war ich aber noch in der Mitte des Drehs von ‚In 80 Tagen um die Welt‘. Ursprünglich war der Drehbeginn für ‚Der Schwarm‘ auf 2021 angesetzt. Ich habe mich also auf der einen Seite wahnsinnig gefreut, habe aber auch gleichzeitig Panik bekommen. Ich wäre von einem Projekt direkt ins andere gerannt. Dann hat sich aber irgendwann herausgestellt, dass ‚Der Schwarm‘ doch noch einmal geschoben wird und so ein wenig Zeit dazwischen lag. Da war ich sehr erleichtert.
Wusstest du direkt, worauf du dich da einlässt? ‚Der Schwarm‘ galt lange als unverfilmbar.
Es gab am Anfang bei Weitem noch nicht alle Drehbücher. Und die, die es gab, haben sich noch sehr verändert – sowohl zum Drehstart hin als auch während des Drehs. Ich war einfach total gespannt.
Kanntest du den Roman?
Ja, ich habe ihn gelesen, als ich 14 Jahre alt war.
Dann warst du sicher verwirrt, dass deine Serien-Rolle im Buch gar nicht auftaucht? Eigentlich spielst du ja die Karen Weaver.
Ja genau, Charly Wagner ist an Karen Weaver angelehnt.
Warum die Umbenennung?
Ich weiß nicht genau, wieso. Die Nationalität ist ja auch anders. Karen Weaver ist Britin, Charly Wagner ist Deutsche, die mit einem deutsch-britischen Akzent spricht. Wie genau die Diskussionen aussahen, die dazu geführt haben, das kann ich nicht beantworten. Das passiert bei Adaptionen aber ständig, dass Dinge anders gemacht oder Inhalte dazu erfunden werden.
Es ist ja auch einige Zeit her. Das Buch erschien 2004 und dadurch, dass wir natürliche keine wissenschaftliche Community erzählen wollen, die 2004 stattfindet, sondern 2023, mussten wir natürlich einige Dinge adaptieren. Insgesamt hat sich nicht viel an der Grundidee des Schwarms geändert, aber an der Art der Zusammenstellung der Leute.
Die Grundidee ist aktueller denn je. Macht dir das Sorge, dass vieles, was Frank Schätzing vor fast 20 Jahren schrieb, heute geschieht?
Ja, das ist beängstigend. Absurd war auch, als im vergangenen Sommer Orcas kleine Boote angegriffen haben. Aber klar, erfüllt mich das mit Sorge und Angst.
Du bist Hamburgerin. Ich würde dir also mal eine Nähe zum Wasser unterstellen. Schaust du nach ‚Der Schwarm‘ anders aufs Meer?
Ich hatte schon immer einen gesunden Respekt vor den Ozeanen. Ich bin unglaublich gerne im Wasser, aber ich mache mir immer Gedanken, wenn ich das Meer sehe, wie viele Menschen hier in den letzten Tausenden von Jahren gestorben sind. Es ist jetzt nicht so, dass ich düster und gedankenverloren aufs Meer starre, aber das ist immer eine Komponente, die ich mitdenke.
Glaubst du, dass eine Serie wie ‚Der Schwarm‘ den Blick auf das Thema Umweltschutz noch einmal mehr in den Vordergrund stellen kann?
Klar, das ist die Hoffnung. Ich weiß aber nicht, ob das funktionieren kann. Die Themen Klima und Energiewende sind ja bereits in aller Munde. Das ist schon lange nicht mehr die seltsame Eso-Meinung von irgendeinem Waldörfler, sondern wissenschaftlicher Konsens. Jetzt hat natürlich eine Serie wie ‚Der Schwarm‘ noch einmal eine andere Möglichkeit, Menschen zu erreichen, aber ich weiß nicht … Ich kann mir einfach nicht erklären, wie man es nicht so sehen kann. Also, wie störrisch man sein muss. Und dann frage ich mich auch, ob da eine Serie noch was bringt.
Also hast du die Rolle nicht mit dem Hintergedanken angenommen, auch etwas verändern zu können?
Ich tue mich ein bisschen schwer mit der aktivistischen Perspektive von Schauspielerei. Ich würde jetzt nicht sagen: Ich kann die Welt verändern. Ich kann Teil einer Geschichte sein, von der ich wichtig finde, sie zu erzählen.
Die Dreharbeiten waren im Sommer 2021. Also mitten in der Coronakrise. Wie stellt man unter diesen Umständen ein solches Projekt auf die Beine?
Die Leute waren natürlich wahnsinnig gestresst. Es wurde unglaublich viel getestet. Es wurden viele sinnvolle, aber auch sinnlose Maßnahmen ergriffen. Der Sommer 2021 war ja glücklicherweise auch schon ein bisschen entspannter, als der Sommer davor, weil wir eine Vorstellung davon hatten, was Corona eigentlich bedeutet.
Es ist aber wahnsinnig nervig, unglaublich aufwendig und wahnsinnig teuer. Aber wir mussten nur einmal für vier oder fünf Tage unterbrechen.
Du sprachst gerade von besonders nervigen Momenten. Welche zählst du dazu?
Natürlich die Anzahl an Müll, den diese ganzen Test fabrizieren. Aber das war notwendig. Was ich besonders schade fand, war, dass man den Menschen viel weniger begegnet ist. Es gibt oft eine Aufteilung zwischen den spielenden Menschen und der Crew. Während der Produktion von ‚Der Schwarm‘ war noch mehr gewollt, dass die Leute sich nicht begegnen. Das ist schade, weil es dadurch anonymer und einsamer ist.
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Mit Charly Wagner hast du eine Rolle gespielt, die mit Problemen der Gegenwart zu kämpfen hat. In „The Crown“ warst du Prinzessin Cecilia von Griechenland. Was fiel dir schwerer?
Wichtig ist zunächst einmal, dass ich 2017 (Anm. d. Red.: Zeitpunkt des ‚The Crown‘-Drehs) ganz frisch aus der Schauspielschule gekommen bin. Dadurch war ich noch aufgeregter und auch noch nie an einem so großen Set. Mittlerweile habe ich mehr Erfahrung. Von daher nimmt das nicht mehr so viel Aufmerksamkeit und Energie in Anspruch.
‚The Crown‘ war wahnsinnig anstrengend. Wir saßen für den Flugzeugabsturz einen Tag lang in dieser rüttelnden Kiste. Beim Schwarm hingegen war für mich die Hitze besonders hart. Ich kann nicht gut mit Hitze umgehen. Wir haben in Rom im August bei 40 Grad im Studio gedreht. Das auch noch in Wollklamotten. Das war ein bisschen absurd.
„Der Schwarm“ ist ab dem 22. Februar 2023 in der ZDF-Mediathek abrufbar. Ab dem 6. März läuft die Serie an vier aufeinanderfolgenden Tagen zur Primetime im ZDF-Fernsehen.