„Karma soll dich zerstören.“ „Niemand will dich.“ „Du bist eine Schande.“
Das sind nur drei der vielen Beleidigungen, die Ines Anioli jeden Tag auf ihrem Instagram-Account lesen muss. Die sie jeden Tag von fremden Menschen geschickt bekommt. Seit die Hörfunkjournalistin Anzeige gegen ihren Ex-Freund erstattet hat, schlägt ihr ungefilterter Hass entgegen.
Ines Anioli hat ihren Ex-Freund wegen Körperverletzung, sexuellen Übergriffs und Vergewaltigung angezeigt. Die Folgen spürt die 35-Jährige noch heute. In einem Instagram-Beitrag beschrieb Anioli ihren Fans, was sie durchmacht: „Es fühlt sich an wie ein schwerer Unfall, bei dem mein Leben zerquetscht wurde. Die Wunde könnt ihr von außen nicht sehen.“
Dennoch möchte sich die Podcasterin nicht verstecken, nicht wegducken. Stattdessen macht sie ihre Geschichte öffentlich. Um Frauen zu helfen, die ebenfalls Opfer einer toxischen Beziehung wurden. Denen statt Liebe Gewalt widerfahren ist. Ines Anioli möchte ihnen klarmachen: „Ihr seid nicht alleine.“
Ines Anioli spricht bei „Frauen100“ Klartext
Vergangene Woche verbreitete die bekannte Komikerin ihre Botschaft beim Event „Frauen100“ in Berlin, das die Agentur „Hell & Karrer“ unter dem Motto „Liebe ohne Gewalt“ veranstaltete. Rund 160 Frauen aus Politik, Wirtschaft und der Unterhaltungsbranche nahmen an dem Event teil, feierten Female Empowerment und lauschten Reden von Anioli genauso wie von Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal oder Schauspielerin Ursula Karven.
Ines Aniolis Worte waren deutlich. Sie riefen den Teilnehmerinnen ins Bewusstsein, dass jeder und jede Opfer einer toxischen Beziehung werden kann. Und es oft erst dann bemerkt, wenn es schon zu spät ist. „Ich bin heute hier, weil ich nicht gebrochen wurde und auch, weil ich eh nichts mehr zu verlieren habe“, macht Anioli auf der Bühne klar.
Anioli, die den Podcast „me-time“ betreibt, appelliert: „Ich möchte das anderen Frauen ersparen und deswegen habe ich eine Bitte an euch: Ich möchte, dass ihr Opfern glaubt. Dass ihr Menschen glaubt, die physische oder psychische Gewalt erlebt haben. Ich möchte, dass wir uns alle immer und immer wieder klarmachen, dass Liebe und Gewalt einfach nichts miteinander zutun haben und wir aufhören müssen, das zu dulden oder zu verharmlosen.“
Gewalt in Partnerschaften ist keine Seltenheit. Alle Geschlechter sind betroffen. Alleine im Jahr 2020 wurden laut einer Statistik des Bundeskriminalamtes 148.031 Personen Opfer von Gewalt in einer bestehenden oder ehemaligen Partnerschaft. Das ergibt 4,4 Prozent mehr Fälle als im Jahr 2019. Die Statistik legt ebenfalls offen, dass 2020 insgesamt 139 Frauen und 30 Männer durch den Partner oder Ex-Partner getötet wurden.
Ines Anioli: „Dürfen uns nicht zum Schweigen verdonnern lassen“
Im Gespräch mit dieser Redaktion erklärt Anioli, wie wichtig es für Betroffene sein kann, sich anderen Menschen anzuvertrauen: „Menschen, die dir zuhören, für dich da sind und dich stärken. Das ist wahrscheinlich das Wichtigste. Ich habe aber natürlich auch totales Verständnis dafür, wenn man nicht darüber sprechen will oder keine Anzeige erstatten möchte. Man liefert sich in dem Moment ja total aus.“
Sie macht deutlich, wie wichtig öffentliche Debatten sind. Nur wenn das Thema politisch wird, kann sich nachhaltig etwas ändern. „Und es passiert ja inzwischen auch was. Die Gesellschaft wird langsam sensibilisierter“, erklärt Anioli. Dennoch ist es wichtig, dranzubleiben, nicht aufzugeben und den Weg weiter zu gehen: „Wir dürfen uns nicht zum Schweigen verdonnern lassen. Ein Sandkorn alleine ist vielleicht ziemlich winzig. Aber mit vielen anderen Sandkörnern ist es ein Strand. Oder wenigstens ein Sandkasten.“
Aniolis Fazit: Es wäre schön für alle Betroffenen und die, die es noch werden, wenn wir alle mal ein bisschen besser hinhören und hingucken würden.
Opfer von häuslicher Gewalt wissen oft nicht, an wen sie sich vertrauensvoll wenden können. Die internationale Hilfsorganisation Weißer Ring macht sich stark gegen häusliche Gewalt und unterstützt Betroffene unkompliziert, beispielsweise durch emotionalen Beistand und Begleitung zu Polizei-, Gerichts- und Behördenterminen.
Betroffene können sich unter der bundesweiten Hotline 116006 anonym und kostenfrei beraten lassen.