Mallorca boomt, Ägypten floppt – Wohin die Deutschen reisen
Die Reiselust wird den Deutschen wohl nie vergehen. Viele haben schon ihren Sommerurlaub gebucht. Die Bilanz der Reisebüros und Reiseveranstalter zeigt: Deutschland und Mallorca boomen weiter, Ägypten floppt. Schnäppchenjäger buchen jetzt besonders früh.
Dortmund/Duisburg.
Die Deutschen organisieren und planen gern. Das gilt auch für ihren Urlaub. Viele haben bereits gebucht. Wohin verabschieden sich die NRW-Urlauber in diesem Sommer?
Die Aufsteiger
Ja, es gibt Aufsteiger. Das sind bei den Flugreisen Bulgarien und die Kanarischen Inseln. Vor allem aber gibt es Dauerbrenner: Mallorca und die Türkei.
Die mallorquinischen und die türkischen Hoteliers machen so viel richtig, dass andere Destinationen es auf Jahre schwer haben werden, gleichzuziehen. Sie modernisieren, wo sie können oder bauen gleich neu. Obendrein locken sie Gäste mit Konzepten, bei denen Wellness fast ein alter Hut ist. Es gibt Specials für Best Ager, für Golfer, für Vegetarierer oder für Hobby-Köche. „Hinzu kommt, dass Mallorca schnell zu erreichen ist. Es bietet den Sommer vor der Haustür“, sagt Christian Hosbach, Geschäftsführer des City-Reisebüros in Dortmund. Bulgarien boomt laut Alexandra Hoffmann, Sprecherin des Duisburger Reiseveranstalters Alltours, auf einem kleineren Niveau, „es entwickelt sich zu einem Ziel, das von jungen Leuten gebucht wird“ (Stichwort: bezahlbarer Partytourismus).
Noch ein Trend zeichnet sich ab: Die Menschen stechen in See. „Kreuzfahren wird bei jungen Familien immer beliebter“, sagt Christian Hosbach und rechnet vor: Zwei Erwachsene und zwei Kinder können eine zweiwöchige Mittelmeer-Kreuzfahrt in den Ferien für 3200 Euro bekommen. „Das müssten sie für einen Pauschalurlaub an Land auch zahlen.“ Darauf stellen sich die Reedereien ein und gestalten Schiffe wie die Aida-Flotte oder Tui Cruises poppig und für alle Generationen interessant. Konsequenz: Trotz der Costa-Concordia-Katastrophe gingen im Jahr 2012 zwei Millionen Deutsche auf große Fahrt – sieben Prozent mehr als im Vorjahr.
Die Absteiger
Wer will es den Urlaubern verdenken: In ihrer raren freien Zeit möchten sie das Meeresrauschen genießen und nicht im Hintergrund eine Großdemo vorbeipoltern hören. Wann immer es in einem Land politisch unruhig wird, halten sich Touristen lieber fern. Griechenland ging das so, und aktuell ist das am Beispiel Ägypten zu beobachten. „Was ich schade finde, denn in den Ferienregionen läuft alles seinen normalen Gang“, sagt Alexandra Hoffmann von Alltours.
Wer Urlaub plant, reagiert sensibel und achtet auf die Nachrichtenlage. Die jüngsten Proteste auf den Straßen von Istanbul und Ankara führen dazu, dass auch Kunden bei ihrer Türkei-Buchung im Reisebüro nachfragen, wie es um die Sicherheit bestellt ist. Buchungseinbrüche, die allein auf die Unruhen im Land zurückzuführen wären, gibt es im Falle Side, Antalya und Co. aber kaum – bis jetzt zumindest.
Last-Minute
Last-Minute war gestern, heute werden viele Schnäppchenjäger nervös, sobald sie das Wort „Frühbuchen“ hören. Wer sich ein halbes Jahr vorher festlegt, kann nach Angaben der großen Reiseveranstalter bei Flugreisen bis zu 45 Prozent sparen. Weiterer Vorteil: Er hat noch die freie Auswahl. Welches Hotel? Welcher Ort? Welches Datum? Nie ist die Auswahl so groß wie jetzt. „Wir sehen einen Trend zum Frühbuchen. Jeder zweite Urlaub wird spätestens vier Monate vor Reisebeginn fest gemacht“, sagt Alexa Hüner, Sprecherin von Tui Deutschland.
Verschwinden werden aber auch die Last-Minute-Reisen nicht. Weil manche Kunden den Nervenkitzel lieben und auf den ultimativen Schnapper warten. Und andere zum Beispiel aus beruflichen Gründen gar nicht langfristig planen können. Sie alle müssen sich keine Sorgen machen, sie werden nicht weinend am Flughafen stehen und den Fliegern hinterherwinken müssen. „Gerade erst sind zusätzliche Kapazitäten in den Sommerferien freigegeben worden. Da gibt es attraktive Angebote und noch keine Engpässe“, sagt der Dortmunder Reiseexperte Christian Hosbach. Und Tui-Frau Alexa Hüner erinnert: „Auch bei Last-Minute kann man 30 Prozent sparen“.
Deutschland
Das vergangene Jahr war ein Rekord-Reisejahr. Rund 407 Millionen Übernachtungen wurden zwischen List und Inzell festgemacht. Das eigene Land ist immer noch das beliebteste Ziel. Fast jeder zweite Deutsche spielt mit dem Gedanken, hier zu urlauben. Die Heimatverbundenen teilen sich in zwei Gruppen: See-Freunde und Berg-Freunde. Deshalb sind sowohl die nördlichen Bundesländer als auch Bayern gefragt. „Ob die Nordsee oder die Ostsee beliebter ist, das schwankt. Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern wechseln sich an der Spitze ab“, sagt Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband.
Sie beobachtet, dass Hotels mit besonderen Angeboten ihre Gäste bei der Stange halten. Weit vorne steht Wellness, „damit ist man nicht mehr auf das Strandwetter angewiesen“. Heißt: Wenn’s auf Juist mal wieder pladdert wie im Regenwald, kann sich der Urlauber entspannt in seinem Relax-Sessel zwischen Sauna und Massage-Zone zurücklehnen – und von Mallorca träumen.