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Jan Weiler schreibt über seinen Kampf mit dem Pubertier

Jan Weilers Kampf mit dem Pubertier

Das Pubertier entspannt nicht – es chillt. Und oft genug nervt es auch. Bestseller-Autor Jan Weiler ist dem Phänomen Pubertät nachgegangen und hat seine Erkenntnisse in launiger Form zu Papier gebracht. Er selbst kann am Schreibtisch auch zum Tier werden: zum Arbeitstier.

Düsseldorf. 

Carla ist ein Pubertier, und Pubertiere lieben es, faul zu sein, was sie bevorzugt chillen nennen. Sie bewegen sich nicht oder zumindest kaum sichtbar und haben fließend den Übergang von Polly Pocket über Hannah Montana zu Robert Pattinson aus „Twilight“ geschafft, um irgendwann bei einem real existierenden Moritz zu landen. Dramatischer als das alles ist allenfalls das Leben des Vaters eines Pubertiers. Genau so einer ist Jan Weiler. Und weil der im Nebenberuf auch noch Journalist ist, hat er ein Buch über Pubertiere geschrieben.

Auch an diesem Sommertag sitzt er an seinem Schreibtisch. Er hat, so kann man es wohl sagen, schreibfreie Bude. Seine Frau und die Kinder, die Pubertiere also, sind Richtung Italien, in den Urlaub, ausgeflogen. Ideal, um endlich die letzten Kapitel seines neuen Romans zu schaffen. Mitte August muss alles fertig sein. Und auch wenn der 46-Jährige nicht mehr bei einer Tageszeitung arbeitet, den Redaktionsschluss nimmt er genau so ernst wie früher. Seinen Erstling, der später verfilmt wurde, „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ schrieb er in nur zehn Tagen.

Ohne Druck geht’s nicht

Es ist das typische Phänomen: Ohne Druck geht’s nicht. Und so vertrödelte er damals erst viel Zeit, fuhr schließlich mit seinem Schwiegervater (dem italienischen!) auf Recherche-Reise, um danach erneut Zeit zu vertrödeln. Am Ende blieben nur noch die zehn Tage bis zum Abgabe-Termin. Weiler: „Da war der Druck dann erheblich, und ich habe geschrieben. Als ich fertig war, bin ich nach München, zum Verlag, und die Lektorin guckte mich mit großen Augen an und sagte: ,Wie? Schon fertig?’ Die kannte das gar nicht, dass jemand pünktlich abliefert.“

Zehn Jahre und einige Bücher später hat der gebürtige Düsseldorfer Weiler nun „Das Pubertier“ herausgebracht, eine kleine Auswahl aus seiner „Welt am Sonntag“-Kolumne „Mein Leben als Mensch“. Im Mittelpunkt steht jene Carla, die natürlich höchstens Ähnlichkeit mit Weilers Tochter Milla hat, vor allem aber der Phänotyp eines pubertierenden Mädchens ist. Sie ist nur schwer zum Aufstehen zu bewegen, vergisst permanent ihre teure Zahnspange, telefoniert den liebenlangen Tag und findet ihren Vater oberpeinlich und uncool. Wie Väter eben so sind.

Väter machen sich für Pubertiere zum Affen

All das beschreibt Weiler wunderbar klischiert und überspitzt, vor allem aber selbstironisch. Denn als Vater eines Pubertiers verliert er sämtliche Hemmungen: Er trägt Spangen hinterher, verfolgt seine Tochter bei Facebook, mischt sich dort in deren Streits mit besagtem Moritz ein – macht sich schlicht zum Affen.

„Carla“, sagt Jan Weiler, „ist natürlich nicht eins zu eins Milla. Sie ist alle Mädchen in ihrem Alter, die ich kenne. Millas Freundinnen, Nachbarinnen, meine Nichten …“ Deshalb könne seine Tochter auch „extrem locker“ mit den Kolumnen und dem Buch umgehen. „Sie hat Spaß dran, findet es lustig. Und selbst wenn es nicht so wäre, hätte ich ein Totschlags-Argument, nämlich, dass ich ihre Prepaid-Karten damit bezahle“, sagt Weiler.

Weiler arbeitet mit festen Ritualen

Nein, im Ernst, seinen Kindern sei schon bewusst, dass Bücher-Schreiben nicht sein Hobby ist, sondern sein Beruf. Ein Beruf, den er sehr strukturiert betreibt. Täglich von 10 bis 18 Uhr sitzt er an seinem Schreibtisch in dem Bauernhaus am Starnberger See.

Gestört werden darf der Autor dann nicht. Auch nicht von Pubertieren. Ein Stern-Reporter, der ihn bei der Arbeit beobachtete, beschrieb nicht ohne ironischen Unterton, wie Weiler seinen Tag mit festen Ritualen begeht: Erst ordne er seinen Schreibtisch, wische ihn sauber, dann setze er sich ans Schlagzeug, trommle ein bisschen, um dann an die Arbeit zu gehen.

Schreiben gibt Struktur

„Ja“, sagt Jan Weiler, „das stimmt. Ich brauche das. Das gibt meinem Leben eine Struktur. Natürlich gibt es Tage, da habe ich keine Lust zu schreiben. Da mähe ich den Rasen oder fahre zu Ikea. Aber ich hasse es, Zeit zu vertrödeln beim Schreiben.“ Ein paar Tage noch, dann ist der Abgabe-Termin für das neue Buch. Dann geht’s nach Italien.

Aber nicht zu den Schwiegereltern (denen aus dem Film!). Weiler: „Bloß nicht! Wenn ich in den Urlaub fahre, ist mir wahnsinnig nach Ruhe. Wir sind in unserem Haus in Umbrien. Da komme ich total runter!“

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