Heftiges Unwetter sorgt für Überschwemmungen und Staus
Autos versinken regelrecht, Keller und U-Bahnhöfe laufen voll Wasser, lange Staus auf der Autobahn: Ein Unwetter hat weite Teile von NRW im Griff.
Essen.
Nicht nur Rheinland-Pfalz sondern auch NRW wird von schweren Gewittern und Starkregen heimgesucht: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat eine Unwetterwarnung für das Ruhrgebiet, das Sauerland, den Kreis Olpe und das Münsterland ausgegeben.
„Da sind noch einige große Gewitter unterwegs“, so eine DWD-Meteorologin. Essen, Mülheim, Gelsenkirchen, Oberhausen und Bottrop liegen derzeit im Zentrum des Unwetters, hier hat der DWD eine Warnung der Stufe 3 ausgegeben. Für das Rheinland, den Niederrhein, das Sieger- und Sauerland gelten Unwetterwarnungen der Stufe 2.
Die heftigen Schauer erschweren die Sicht auf Straßen und Autobahnen erheblich, Wasser sammelt sich auf den Fahrbahnen zu tiefen Pfützen.
Oberleitungsstörungen bremsen Bahnen aus
Auch bei der Bahn hat das Wetter für einige Störungen gesorgt:
Der RE4 aus Aachen fuhr über Stunden nicht bis nach Düsseldorf, sondern endete in Mönchengladbach. Grund war laut Bahn eine Oberleitungsstörung, die jetzt aber behoben ist. Die Züge verkehren jetzt wieder auf dem Regelweg.
Nach einem Blitzeinschlag ist eine Oberleitung zwischen Bochum und Essen beschädigt. Deshalb kommt es zu Ausfällen im Regionalverkehr und im Fernverkehr. Betroffen sind unter anderem der RE1, der RE 6, die Abellio-Bahn und der Fernverkehr, dort kann es laut Bahn zu erheblichen Verspätungen kommen. Die S-Bahnlinie S1 fährt bislang regelmäßig, teilt die Bahn mit.
Zudem ist der Streckenabschnitt zwischen Gummersbach und Meinerzhagen gesperrt. Züge aus Richtung Köln verkehren bis Gummersbach und enden dort. Die Züge aus Richtung Meinerzhagen fallen bis Gummersbach aus, ein Schienenersatzverkehr ist mittlerweile eingerichtet.
Wasser steht knöchelhoch in U-Bahnhöfen
In U-Bahnhöfe ist stellenweise Wasser gelaufen, unter anderem etwa in Essen, wie Pendler berichten. Am U-Bahnhof Altenessen steht demnach das Wasser knöchelhoch. Die EVAG kümmere sich bereits um den Schaden, so eine Sprecherin.
Im Essener Hauptbahnhof hat es am Vormittag einen Wasserschaden gegeben: Dort läuft Wasser durch die Decke in die Eingangshalle, direkt vor der Anzeigetafel. Wie es zu der undichten Decke kommen konnte, konnte ein Bahnsprecher am Mittag noch nicht sagen. Auch ist noch unklar, wann der Schaden behoben wird.
Die Essener Feuerwehr zog am Mittag Bilanz: „Die Essener Bürger sind von den Gewitterschauern der vergangenen zwölf Stunden fast verschont geblieben“, so Feuerwehr-Sprecher Mike Filzen. Ingesamt zehn Unwetter-Einsätze hatte die Feuerwehr.
Nennenswerte Schäden seien im Graitenweg in Stoppenberg entstanden. Dort standen zwei kleine Stichstraßen auf einer Länge von jeweils circa 100 Metern rund 40 Zentimeter hoch unter Wasser. Auch die Souterrainwohnungen zweier Mehrfamilienhäusern waren betroffen. Die Feuerwehr musste das Wasser abpumpen. Es blieb bei Sachschäden. Verletzt wurde niemand.
„Für die nächsten Tage soll das Wetter weiterhin unbeständig bleiben, Gewitter und Starkregen sind nicht ausgeschlossen“, erklärte Feuerwehr-Sprecher Filzen.
Zahlreiche Flugausfälle am Düsseldorfer Flughafen
Die Wetterlage zeigte auch Auswirkungen auf den Flugbetrieb in Düsseldorf. Am Morgen musste die Abfertigung auf dem Vorfeld zwei Mal (5:55 Uhr bis 6:20 Uhr und 11:00 Uhr bis 11:50 Uhr) aufgrund eines starken Gewitters über dem Gelände unterbrochen werden. Flugzeuge konnten trotz des Unwetters weiter starten und landen. Wetterbedingt kam es am Montag zu 27 ausgefallenen Starts und 33 gestrichenen Landungen sowie zahlreichen Verspätungen.
Bereits am Sonntagabend kam es in Düsseldorf auf Grund der Wetterlage zu Verspätungen.Da auch in den kommenden Tagen immer wieder mit Gewittern und unwetterartigen Regenfällen zu rechnen sein wird, können Flugausfälle und Verspätungen bis in die Abendstunden nicht ausgeschlossen werden. Reisenden und Abholern wird empfohlen, sich im Vorfeld über eventuell geänderte Reisezeiten bei ihrer Fluggesellschaft, dem Reiseveranstalter oder im Internet zu informieren.
In Dinslaken geht nichts mehr
Zu den am stärksten vom Unwetter betroffenen Städten in der Region zählt Dinslaken im Kreis Wesel. In der rund 70.000 Einwohner zählenden Kommune geht derzeit wenig bis gar nichts. Tunnel stehen unter Wasser, Straßen sind zu Seen-Landschaften geworden.
Die Bundesstraße B8 ist nicht befahrbar, die Straßenbahn verkehrt nur sporadisch. Die Feuerwehr ist pausenlos im Einsatz, kann derzeit keine Angaben zum Schadensumfang machen und ist zu allem Überfluss auch noch selbst betroffen: Das Foyer der erst wenige Jahre alten Hauptwache in Lohberg steht unter Wasser.
Auch die Stadtwerke Dinslaken melden Wasser im Gebäude. Die Einsatzkräfte der städtischen Betriebe DIN-Service haben derzeit alle Hände voll zu tun, die Gullideckel zu heben, damit das Wasser besser abfließen kann. Horst Dickhäuser, Sprecher von Stadt und Feuerwehr rechnet erst für den Nachmittag mit einer Wetterentspannung und rät allen Autofahrern, ihr Gefährt am besten in der Garage zu lassen. Personen kamen nach derzeitigen Erkenntnissen nicht zu Schaden.
In Duisburg und Oberhausen hat das Unwetter in den Morgenstunden die Feuerwehren auf Trab gehalten. Bei der Feuerwehr Duisburg gingen 26 Meldungen über vollgelaufene Keller ein. Durch Blitzeinschläge kam es im Stadtgebiet zu zwei Brandeinsätzen. Im Stadtteil Rheinhausen brannte eine Gartenlaube. Verletzte gab es nicht. Die Duisburger Feuerwehr rechnete gegen Mittag mit einer Entspannung der Lage.
Auto versinkt im Wasser
Auf der Schmachtendorfer Straße im Oberhausener Norden hielt eine Unterführung den Wassermassen nicht stand. Ein Mann und einen Frau hatten sich dort mit einem Renault Twingo festgefahren. Die beiden konnten sich aus eigener Kraft aus dem Wagen befreien und ins Trockene waten. Der Renault stand schließlich bis zum Dach unter Wasser. Kurz zuvor hatte sich bereits ein weiterer Autofahrer in der Unterführung festgefahren. Er konnte von Polizei und Feuerwehr aus dem Wagen befreit werden.
Bei der Oberhausener Feuerwehr waren alle verfügbaren Kräfte in den Morgenstunden im Dauereinsatz. Der Notruf war zeitweise überlastet. Über 100 Notrufe musste die Leitstelle innerhalb kürzester Zeit bearbeiten. Bei über 80 Einsätzen mussten Unterführungen, Tiefgaragen und Keller von über 70 Einsatzkräften vom Wasser befreit werden.
Überschwemmungen in Duisburg
Probleme hatte auch die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG). Vor allem die Linie 903 im Norden der Stadt war betroffen und konnte wegen Überschwemmungen nicht mehr bis Dinslaken Bahnhof durchfahren. Auch in Höhe der Haltestelle „Landschaftspark Nord“ stand ein großer Teil der Fahrbahn unter Wasser. Dort wateten Mitarbeiter der Wirtschaftsbetriebe Duisburg auf der Suche nach dem Gully durch die Fluten.
Ein Schienenersatzverkehr wurde eingesetzt. Teils massive Verspätungen waren die Folge. In Düsseldorf stoppte ein Oberleitungsschaden die Züge der Linie U 79. In Höhe der Haltestelle „Am Kesselsberg“ war ein Baum umgestürzt. Auch hier sollte ein Schienenersatzverkehr eingerichtet werden.
Schul-Aula in Mülheim vollgelaufen
Vergleichsweise glimpflich kam die Stadt Mülheim weg. Fünfmal rückte die Feuerwehr zu Überschwemmungen aus. Unter anderem lief die Aula der Förderschule an der Klotzdelle unter Wasser und die Fahrbahn der A 40 in Höhe der Haltestelle Rhein-Ruhr-Zentrum in Fahrtrichtung Duisburg. Außerdem wurden ein Ladenlokal und zwei Erdgeschoss-Wohnungen überschwemmt.
Überflutete Keller in Gelsenkirchen
In Gelsenkirchen hat das Gewitter am Montagmorgen bisher zu einer übersichtlichen Anzahl von Einsätzen für die Feuerwehr Gelsenkirchen geführt. Rund 15 Einsätze wurden dort gezählt. Der Schwerpunkt dabei lag in den Stadtteilen Scholven, Hassel und Buer. Hier wurden Keller überflutet, teilweise fielen auch Äste auf die Straßen. Ein weiterer Einsatzschwerpunkt war in der Feldmark. Im Bereich Nienhausen- und Feldmarkstraße waren die Straßen überflutet. Teilweise war auch die Straßenbahnlinie 107 Richtung Essen davon betroffen. Derzeit entspannt sich die Lage aufgrund nachlassender Niederschläge leicht.
Auch in Bottrop hatte die Feuerwehr viel zu tun: Bereits am Morgen waren 80 Einsatzstellen gemeldet worden. Zahlreiche Straßen wurden überschwemmt. Besonders betroffen sind der Stadtteil Grafenwald, die Innenstadt und das Gewerbegebiet „Am Kruppwald“.
Aufführung auf Haniel-Halde: Generalprobe abgesagt
Die schweren Unwetter haben in Bottrop auch Folgen für die Aufführung des Wagner-Werkes „Der Fliegende Holländer“ auf der Haniel-Halde. Die für Montagabend geplante Generalprobe musste abgesagt werden, ein Teil der Bühnen-Technik durch die Regenmassen Schaden genommen. Die Premiere am Dienstag soll aber pünktlich um 20 Uhr starten, sofern sich das Wetter bis dahin beruhigt.
In Sonsbeck im Kreis Wesel ist durch einen Blitzeinschlag während des Unwetters ein Dachstuhl in Flammen aufgegangen. Die Bewohner konnten sich noch rechtzeitig und unverletzt aus dem Haus retten. Den Schaden schätzt die Polizei auf rund 100.000 Euro.
Bisher glimpflich liest sich die Bilanz, die die Düsseldorfer Feuerwehr zu den Starkregeneinsätzen seit dem Montagmorgen zieht. Die Einsatzkräfte wurden bis 14 Uhr zu 21 Schadensmeldungen gerufen. Dabei galt es größtenteils darum, voll gelaufene Keller leer zu pumpen oder Gullis und Kanalabläufe in Straßen vom Laub zu befreien. Bisher gab es in Düsseldorf keine Verletzten, die mit dem Starkregen in Verbindung gebracht werden müssen.
Zum Nachmittag sollen die Gewitter allmählich nachlassen. „Zur Nacht hin wird es wahrscheinlich ruhiger“, so die Meteorologin. Am Dienstag dürfte es etwas freundlicher werden. (pen/sk/pg/we)