Es gibt offensichtliche niemanden, der die Schwangerschaft de 65-jährigen Annegret Raunigk für gut und richtig befindet. Nun kritisieren auch die Gesundheitspolitiker die Schwangerschaft und ein Mediziner sagt sogar: „Diese Frau begibt sich in Lebensgefahr“.
Essen.
Verantwortungslos, psychisch krank, Gebärmaschine – auch Tage nach Bekanntwerden ihrer Schwangerschaft, nimmt die Aufregung über das späte Mutterglück von Annegret Raunigk kein Ende. Dass die Lehrerin aus Berlin 65 Jahre alt und nach künstlicher Befruchtung mit Vierlingen schwanger ist, entsetzt nun auch die Gesundheitspolitiker.
„Auch wenn es medizinisch möglich ist, muss man sich fragen, ob es sinnvoll ist. Ich habe da große Zweifel“, sagt der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn, der die Entscheidung der Frau für fahrlässig hält. Der Gesundheitsexperte der SPD, Karl Lauterbach, stößt ins gleiche Horn: „Ich halte das für einen sehr bedenklichen Fall. Eine solche Schwangerschaft kann und darf für niemanden ein Vorbild sein.“
27-Jähriger Sohn kritisiert seine Mutter
Vor allem Frauen werfen ihr „Dreistigkeit und Egoismus“ vor. Aber auch Raunigks 27-jähriger Sohn bringt kein Verständnis für die Mutter auf. In der „Bild“ sagt er: „Ich finde es nicht gut, dass Mutti noch mehr Babys kriegt.“ Schon seine jüngste, zehnjährige Schwester werde „in der Schule gehänselt“, weil die Mutter aussehe wie ihre Oma.
Mag denn vielleicht die Kirche die schützende Hand über die werdende Mutter legen? Man gibt sich hilflos bis zögerlich. Bei der evangelischen Kirche im Rheinland habe sich laut Pressesprecherin „keiner gefunden, der ein Statement abgeben könnte oder wollte“. Ulrich Lota vom Bistum Essen möchte „nicht den Stab über die Frau brechen“, aber er sagt: „Alles hat seine Zeit.“ Die Zeit für das Muttersein, die Zeit für das Großmuttersein.
Ulrich Wickert wurde mit 69 Vater von Zwillingen
Bei der allgemeinen Schelte wagt man es kaum zu sagen: Aber diese Zeiten scheint es für Männer nicht zu geben: Ulrich Wickert wurde mit 69 Jahren Vater von Zwillingen. Promis wie Bruce Willis oder Sky Dumont pflanzen sich fröhlich bis ins hohe Alter fort. Aber sie haben junge Frauen, heißt es dann. Trotzdem sind sie Greise, wenn sie ihre Kinder in die Kita bringen. Immerhin das schlagende Argument, mit dem Annegret Raunigk seit Tagen verprügelt wird. „Wir müssen diesen Fall diskutieren. Er zeigt, dass sich die Grenzen der Elternschaft immer weiter ins hohe Alter verschieben und zunehmend riskante Verfahren eingesetzt werden“, warnt Lauterbach vor einer Flut von alten Müttern.
Doch nicht nur moralisch gerät Annegret Raunigk unter Druck. Ein Gynäkologe, der ihren TV-Auftritt gesehen hat, sieht Probleme in der Schwangerschaft: Klaus Vetter, einst Leiter der Klinik für Geburtsmedizin am Vivantes Klinikum in Neukölln, sagte gegenüber stern.de: „Offenbar ist ihr Herz-Kreislauf-System überfordert.“ Dabei sei sie erst im 5. Monat. Die Beschwerden würden zunehmen. „Aus meiner Sicht handelt es sich dabei um nichts anderes als ein Experiment – ein Experiment am Menschen. Ich kann nur Ferndiagnosen stellen, aber meines Erachtens nach ist diese Frau im Begriff, sich in Lebensgefahr zu begeben.“