Dieter Pfaff ist tot – „Bloch“ war die Rolle seines Lebens
Der verstorbene Charakter-Schauspieler Dieter Pfaff erreichte stets ein großes Publikum – gerade weil er schwierige Rollen spielte. Es sah ihn als Problemlöser und Seelentröster. Denn Dieter Pfaff spürte feinste Schwingungen. Ein Nachruf.
Hamburg/Dortmund.
Er steckte voller Tatendrang, vor kurzem noch. Den Krebs, im Vorjahr entdeckt, hatte Dieter Pfaff offenbar besiegt. Der gebürtige Dortmunder wollte wieder vor die Kamera, für eine neue Folge der ARD-Reihe „Der Dicke“. Doch dann nahm sein Schicksal eine überraschende, tragische Wendung.
Der Krebs kam zurück, und Dieter Pfaff, von Chemotherapien ausgelaugt, hatte keine Chance. Am Mittwochmorgen verkündete seine Agentin Sybille Flöter die traurige Nachricht: Dieter Pfaff ist tot. Er wurde 65 Jahre alt. Deutschland verliert einen der wenigen Schauspieler, denen das Kunststück gelang, vor allem mit schwierigen Rollen ein Millionenpublikum zu erreichen.
Dieter Pfaff stand zu seiner Körperfülle. Sie war für den sensiblen Schauspieler erklärtermaßen ein Schutzpanzer gegen die Widrigkeiten des Lebens. Dieter Pfaff war im besten Sinne ein Bauchmensch. Eine Reihe wie „Der Dicke“ drängte sich geradezu auf. Als Anwalt Gregor Ehrenberg war Dieter Pfaff unübersehbar – und unverkennbar.
Ein Unikat in der oft beliebigen Serien-Welt des Fernsehens
Doch als Rolle seines Lebens sollte sich „Bloch“ erweisen. Als gleichnamiger Psychotherapeut war er in der oft beliebigen Serien-Welt des Fernsehens ein Unikat. Mal ging es in der ARD-Reihe um Gewalt in der Ehe, mal ging es bei traumatisierten Soldaten um gesellschaftliche Probleme mit ganz individuellen Auswirkungen. Themen, die üblicherweise im Einlullmedium Fernsehen als Quoten-Gift gelten.
Nicht bei Pfaff. Er berührte sein Publikum, weil der Seelenkenner seine Stärken ausspielte. Er hörte in menschlichen Beziehungen feinste Zwischentöne. Zugleich war Pfaff ein Mann der klaren Ansage.
„Bei meiner Agentur“, sagte der Wahl-Hamburger vor einigen Jahren im Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe, „rufen täglich Leute an, die sagen, wie wichtig ihnen ,Bloch’ ist. Bei dem ,Dicken’ ist es übrigens ähnlich. Der Tenor lautet: So einen Anwalt hätte ich gern.“
Dieter Pfaff spielte Problemlöser
Ob „Bloch“ oder „Der Dicke“: Beide Figuren waren Problemlöser. Die Sympathie des Publikums flog Dieter Pfaff zu, weil er mit Herzblut spielte. Zugleich verkörperte er väterliche Autorität. Selbst ein Star wie Devid Striesow ließ sich von Dieter Pfaff Tipps geben, wie der „Tatort“-Kommissar dieser Zeitung sagte. In der vorletzten „Bloch“-Folge „Das Labyrinth“ sind die beiden gemeinsam zu sehen.
Polizistensohn Pfaff selbst hatte ein schwieriges Verhältnis zu seinem Vater. Früh verließ der junge Rebell, der in Unna Abitur machte, sein Elternhaus. Seine Frau Eva lernte er bereits in der Schule kennen. Er heiratete früh. Erst nach der Geburt der beiden gemeinsamen Kinder schloss Pfaff Frieden mit seinem Vater. Er selbst scharte seine Sippe um sich. In seiner Wahl-Heimat Hamburg lebte er in einem Mehrgenerationen-Haus.
Dennoch ließ Pfaff den Kontakt zum Ruhrgebiet nicht abreißen. Seinen Mutterwitz, das wusste er, verdankte er der Welt der Kumpel und Stahlkocher.
Eine Nebenfigur wurde im „Fahnder“ zum heimlichen Star
Zur Schauspielerei kam Pfaff über Umwege. Zunächst wollte er Lehrer werden, dann, mit 22, wurde er in Dortmund Regieassistent. Bis Mitte der 80er war das Theater seine Welt, als Autor, Dramaturg, Regisseur. An der Uni Graz lehrte er als Professor die Kunst des Schauspielens.
Er beherrschte sie perfekt. Folgerichtig entschied er sich als Mittdreißiger, fortan vorwiegend zu spielen. Pfaff war so gut, dass es ihm in der Krimiserie „Der Fahnder“ gelang, als Darsteller der Nebenfigur Otto Schatzschneider zum heimlichen Star des ARD-Vorabendprogramms zu werden – schlicht, weil er liebte, was er tat.
In den 90ern schrieb Pfaff Fernsehgeschichte als Pater Ludger in den RTL-Serien „Bruder Esel“ und „Balko“ sowie der ZDF-Reihe „Sperling“. Alle drei Produktionen trugen ihm jeweils einen Grimme-Preis ein.
Zugleich wusste Pfaff, Arbeitstier und Genussmensch zugleich, dass er von Zeit zu Zeit seinen Akku aufladen musste: „Wenn jemand so viel beruflich macht wie ich, ist Nichtstun ein wunderbarer Zustand. Ich mache Musik, ich gehe mit Freunden Essen. Selbst Langeweile ist wunderbar.“
Zum Tod von Dieter Pfaff wiederholt die ARD am Donnerstag, 7. März, zwei Folgen von der ARD-Reihe „Der Dicke“ aus dem Jahr 2012. Um 20.15 Uhr strahlt das Erste die Episode „Blinder Eifer“ aus, um 21 Uhr folgt die Episode „Unter Verdacht“. Um 21.45 Uhr gibt es ein „Beckmann Spezial“, das den aus Dortmund stammenden Schauspieler würdigt.