Kein Strom, kein fließendes Wasser, keine Heizung: Dieser Duisburger wohnt im Bauwagen
Den Bauwagenplatz in Homberg gibt es seit 22 Jahren
Fred Walt lebt hier schon seit einigen Jahren
Duisburg.
Holz statt Heizung, Punk statt Bausparvertrag: Auf dem Bauwagenplatz von Duisburg-Homberg ist die geordnete Welt von Duissern oder Wanheimerort so weit weg wie Helene Fischer von den Sex Pistols.
Hier leben Menschen, die was anderes vom Leben wollen: Freiheit zum Beispiel.
Doch macht das bei Minusgraden im Winter so viel Spaß?
Ich besuche Fred Walt in seinem Bauwagen. Er ist „irgendwas Anfang 50‟, sagt er. Seit acht Jahren wohnt der gebürtige Saarbrücker auf dem Bauwagenplatz.
In seinem Bauwagen riecht es nach Holz. Im Ofen knistert ein Feuer. Es ist muckelig warm. Gemütlich!
Fred zieht die Schuhe aus – denn im Bauwagen herrscht Schuhverbot. Ich mache es ihm nach. Auf dem Boden liegen Decken, der Holzboden ist an einigen Stellen zu sehen.
Viel Platz ist nicht in dem kleinen Wagen. Fred bietet mir einen Sitzplatz auf einem Musikinstrument, dem Cajon, an. Er setzt sich auf einen Hocker vor seinem Schlagzeug. Das passt gerade so vor sein Bett.
Kein fließendes Wasser
Die Bewohner leben hier ohne Strom, ohne Zentralheizung und ohne fließendes Wasser. Jeder in seinem kleinen Reich. Trotzdem fühlen sich alle hier wohl. Jeder hat einen Ofen im Wagen, gemeinsam sammeln sie Holz für die kalten Monate.
Fred zeigt mir den Platz. Hier stehen aktuell elf Wagen. In einem Wagen ist eine Gemeinschaftsküche. Ein anderer ist ein Gemeinschaftsraum mit Bühne.
Studenten, Azubis, Handwerker
Doch wer sind die Menschen, die in den Bauwagen leben? Fred sagt: „Das ist ganz unterschiedlich. Hier leben Studenten, Azubis, Handwerker, aber auch Musiker wie ich.‟
Es geht um mehr als nur den Wohnort: „Wir sind fast alle Vegetarier oder Veganer. Wir wollen ökologisch und nachhaltig leben. Deswegen haben wir keinen Strom und kein fließendes Wasser. Trotzdem sind wir gepflegt und achten auf Sauberkeit.“
Kompost-Toilette
Es gibt Wasch-Möglichkeiten im Küchenwagen und die Bewohner nutzen eine Komposttoilette. Dadurch verbrauchen sie nur 36 Liter Wasser am Tag, im Vergleich zu dem Durchschnittsverbrauch von 128 Litern.
Die Pacht für das Gelände und die Müllgebühr teilen sich alle. Das sind im Moment gerade mal 20 Euro pro Person im Monat.
„Ich brauche auch nicht viel zum Leben“
Einen Normalo-Job hat Fred nicht. Er spielt in zwei Bands in Nürnberg und Dortmund Schlagzeug. Mit der Dortmunder Punkband „Fehlschuss‟ hat er gerade ein Album aufgenommen. „Ich fahre mit der Bahn zu den Bandproben und Auftritten. Ein Traum von mir ist, einmal eine richtige Tour mit einer Band zu machen“, sagt Fred.
Viel Geld verdient er nicht. „Es reicht gerade so, um über die Runden zu kommen“, sagt er. „Aber ich brauche auch nicht viel zum Leben.“
Langer Kampf für alternative Lebensform
Seit 22 Jahren gibt es den Bauwagenplatz. Doch es war nie leicht für die Bauwagen-Menschen. Die alternative Lebensform gefiel nicht allen.
Im September 2014 lief der Nutzungsvertrag mit der Stadt für das Gelände aus. Die Grünen und die SPD waren gegen den Erhalt des Platzes, CDU und FDP sprachen sich für einen Verbleib der Wagenburg aus. „Wir haben immer wieder auf dem Bahnhofsplatz demonstriert, damit wir so leben dürfen‟, sagt Fred.
Jetzt hat die Stadt entschieden: Die Menschen dürfen in ihren Bauwagen leben, nur an anderer Stelle. Auf dem aktuellen Gelände soll der angrenzende Abenteuerspielplatz Tempoli erweitert werden.
Wo die Bewohner mit ihren Bauwagen hinziehen sollen, ist noch nicht klar.
„Was in der nächsten Zeit passiert, wissen wir nicht. Die Stadt sucht jetzt ein anderes Gelände für uns“, sagt Fred.
Am Zaun verabschiedet er sich von mir. Ich kehre zurück in die Welt der Zentralheizungen und gepflegten Vorgärten. Die Bauwagen-Menschen und ihr Kampf für ein freies Leben haben mich beeidruckt. Und der schöne Ofen mit dem knisternden Feuer auch. Es muss ja nicht immer eine Zentralheizung sein.