Es sind Sätze wie „Du bist zu alt für’s Team“ oder „Wir können jemanden in Ihrem Alter nicht mehr gebrauchen“, die der Antidiskriminierungsstelle immer wieder gemeldet werden. Mittlerweile betreffen 20 Prozent der Fälle von Benachteiligung bis hin zu Mobbing ältere Mitarbeiter. Experten rechnen mit einer hohen Dunkelziffer.
Berlin.
Viele Experten halten eine längere Lebensarbeitszeit und den Rückgriff auf Ältere für den einzigen gangbaren Weg, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Dann müsste sich aber auch die alltägliche Benachteiligung Älterer am Arbeitsplatz ändern. Immer mehr Beschwerden erreichen die Antidiskriminierungsstelle.
Es sind Sätze wie „Du bist zu alt für’s Team“ oder „Wir können jemanden in Ihrem Alter nicht mehr gebrauchen“ von denen Anrufer bei der Antidiskriminierungsstelle oft genug zu berichten wissen. Statistisch gesehen dreht sich jeder fünfte Anruf bei dem Berliner Beratungstelefon des Bundes um Benachteiligungen im Beruf und Alltag aufgrund des Alters.
Insgesamt 6400 Beschwerden sind bei der Stelle in den letzten fünfeinhalb Jahren seit Bestehen eingelaufen. Die Mehrheit der Beratungsstellen in Altersdiskriminierungsfragen befürchtet allerdings laut einer aktuellen Umfrage, dass nur ein kleiner Teil der tatsächlichen Altersdiskriminierungsfälle zur Sprache kommt.
Dabei schützt seit 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor Benachteiligungen aufgrund ethnischer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Geschlecht, einer Behinderung, sexueller Identität und eben: Alter. Seither berät die Antidiskriminierungsstelle bei Fällen von Diskriminierung telefonisch, ebenso wie viele Verbraucherzentralen, Gewerkschaften oder Wohlfahrtsverbände.
Die Mitarbeiter der Antidiskriminierungsstelle zeigen die rechtlichen Möglichkeiten auf und versuchen im Ernstfall zunächst zu vermitteln: „Manchmal reicht es schon, wenn wir die Unternehmen damit konfrontieren, dass sich ein Arbeitnehmer aufgrund seines Alters herabgesetzt fühlt und das hier ein verbotener Fall von Diskriminierung vorliegt“, sagt Bernhard Franke, Leiter des Beratungsreferats.
Wenn das nicht hilft, können Betroffene vor dem Arbeitsgericht auch „eine Art Schmerzensgeld für Opfer von Diskriminierung“, wie Franke es nennt, erstreiten. Schadensersatz kann bei Mobbing beispielsweise die Kosten für eine notwendige Therapie umfassen.
Anspruch auf Entschädigung in Höhe von maximal drei Monatsgehältern
Wird in einem Bewerbungsverfahren ein älterer Arbeitnehmer nachweislich aufgrund seines Alters abgelehnt, hat er etwa Anspruch auf Entschädigung in Höhe von maximal drei Monatsgehältern oder sogar mehr, wenn den gewünschten Posten nun jemand einnimmt, der weniger qualifiziert, aber jünger ist.
„Die Durchsetzung von Ansprüchen hängt jedoch stark davon ab, wie gut ich die Diskriminierung nachweisen kann“, sagt Franke. Er rät dazu, die Geschehnisse genau zu dokumentieren, etwa in einem Mobbing-Tagebuch, in dem Zeit und Ort von herabsetzenden Vorfällen notiert und gegebenenfalls Zeugen benannt werden.
„Damit hat man vor Gericht schon häufig ganz gute Chancen“, bestätigt auch Marc Traphan, Fachanwalt aus Essen. Ob er einem Betroffenen zur Klage rät oder nicht, hängt zum einen davon ab, wie gut die Diskriminierung zu belegen ist. Zum anderen müsse man immer zwischen zwei Aspekten abwägen: „Eine Klage im laufenden Arbeitsverhältnis macht keine gute Stimmung. Aber wenn die Belastung durch die Situation etwa bei Mobbing-Fällen gravierend ist, muss man sich wehren.“
Kosten und Nutzen abwägen, sollte auch, wer im Falle abgeschmetterter Bewerbungen aus Altersgründen klagt: In Arbeitsgerichtsprozessen muss der Kläger in erster Instanz die Anwaltskosten tragen, egal ob er gewinnt oder nicht – es sei denn, es greift die persönliche Rechtsschutzversicherung. Wer sich für den Rechtsweg entscheidet, darf nicht zu lange warten: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz setzt eine Zwei-Monatsfrist, in der die Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden müssen.