Mülheim.
Brigitte Wennmann hat bei ihren Eltern gelernt und die bei den ihren. Lampenschirmbau ist kein Lehrberuf. Ein Grund dafür, dass es von ihnen nur so wenige gibt.
„Meine Wettbewerber in Nordrhein-Westfalen sind an einer Hand abzuzählen“, sagt die Inhaberin der „Lampenträume“ in Mülheim-Saarn. 4000 Lampenschirme, schätzt Wennmann, verlassen jährlich ihre Werkstatt. Hinzu kommen Spezialanfertigungen für Innenarchitekten. Denn Brigitte Wennmann versteht nicht nur etwas von Schirmen. Sie konzipiert ganze Beleuchtungssysteme für Privathäuser, Läden oder Kindergärten. Gerade hat sie den Auftrag erhalten, den Altar einer Essener Kirche auszuleuchten.
Namhafte Unternehmer aus dem Ruhrgebiet gehören zu ihrer Stammkundschaft. Aber auch Liebhaber, die an ihrer uralten Stehlampe hängen und dafür eine neue Bespannung suchen. Bei 80 Euro beginnt die Preisskala der selbst gebauten Schirme. „Nach oben gibt es fast keine Grenze“, so Wennmann. Oft kommen Leute zu ihr, die etwas Unverwechselbares, ein Unikat für ihr Haus wollen. Da darf der feine Stoff aus Italien schon mal 800 Euro pro Quadratmeter kosten.
500 verschiedene Stoffe
Ob Blattgold, Leder, Fell oder bemalte Kartonage – in Saarn bleibt kaum ein „Lampentraum“ unerfüllt. 500 Stoffe und eine ganze Wand voller unterschiedlicher Gestelle hat Wennmann immer vorrätig. Und wenn der Kunde eine ganz ungewöhnliche Schirmform wünscht, spannt sie den Draht selbst in ihre Biegemaschine ein und schweißt die Enden zusammen. Das Sintern im Ofen – bei dem Vorgang erhält das Gestell seine farbige Lackierung – besorgt allerdings eine Spezialfirma für Brigitte Wennmann.
Ob Bommel, Fransen oder Plissee-Falten – alle anderen Fertigkeiten rund um den Lampenschirm werden in der Mülheimer Werkstatt erledigt. Und wenn der Tisch dort von der Größe her nicht ausreicht, nimmt die Geschäftsführerin das Material mit nach Hause. Wennmann erinnert sich an den Auftrag eines Hotels: Der bestellte Lampenschirm sollte nicht nur zwei Meter Durchmesser aufweisen, sondern auch noch in Falten gelegt sein. Bei dieser Sonderanfertigung kam Wennmann natürlich nicht mit der durchschnittlichen Produktionszeit von 30 Minuten bis zweieinhalb Stunden pro Schirm aus.
Plissee-Falten legen
Das Verfahren, das die vierköpfige Belegschaft anwendet, ist indes immer gleich – unabhängig von Größe und Material des Schirms. Zunächst wird die Form ausgemessen, dann eine Papier-Schablone ausgeschnitten. Darauf wird dann am Ende das gewünschte Material gezogen.
Dabei ist Akribie gefragt: Beim Aufziehen auf die Pappe muss es besonders sauber zugehen: „Im Licht sehen Sie jede Fluse auf dem Lampenschirm“, sagt Wennmann. Dafür kann man der Phantasie beim Material nahezu freien Lauf lassen: Stoff, Papier, Leder, Fell oder Lack – „das Material darf nur nicht leicht entflammbar sein“, schränkt die Schirmbauerin aus Mülheim ein.
Volle Auftragsbücher
Zur Philosophie des Ladens gehört auch der Service: Damit sich der Kunde vorstellen kann, wie der empfohlene Schirm auf dem mitgebrachten nackten Lampenfuß aussieht, lässt Wennmann rasch eine Schablone zurecht schneiden. So können sich die Besitzer ein Bild davon machen, wie ihre Lampe etwa mit einem geraden Schirm von oben nach unten aussieht. „Diese Form liegt im Moment voll im Trend“, berichtet die Geschäftsfrau.
Auch wenn ihr seltenes Handwerk nicht billig ist – über leere Auftragsbücher kann sich die gelernte Sparkassenfachwirtin, die 1998 aus dem Bankgeschäft ausstieg, nicht beklagen. Die Gründe dafür sieht sie in der überschaubaren Zahl ihrer Wettbewerber, aber auch am Standort des Ladens. An der Düsseldorfer Straße im „Dorf Saarn“ reiht sich Fachgeschäft an Fachgeschäft. „Das ist einmalig. Das Engagement der Inhaber zieht eben Kunden an“, so Wennmann. Und die kommen sogar für Mülheimer „Lampenträume“ aus Hamburg.