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Ex-Karstadt-Tochter Runners Point läuft Krise davon

Ex-Karstadt-Tochter Runners Point läuft Krise davon

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Recklinghausen. Fast hätte die Krise von Karstadt-Quelle auch die Laufschuhkette Runners Point mit in den Abgrund gerissen. Doch seit der Trennung vom Konzern Ende 2005 entwickeln sich die Geschäfte prächtig. Auch im nächsten Jahr will Runners Point wieder neue Filialen eröffnen.

Bei Quelle läuft der Ausverkauf, die Zukunft von Karstadt ist ungewiss. Es sind Tage, an denen Otto Hurler und Harald Wittig mit ihrer Vergangenheit konfrontiert werden. Die Geschäftsführer der ehemaligen Karstadt-Tochter Runners Point haben selbst erlebt, was es heißt, wenn das Damoklesschwert einer Insolvenz über einem schwebt. Doch das war gestern. Ende 2005 trennte sich Karstadt-Quelle von seiner Sportschuhkette, was sich für Runners Point als Glücksfall herausstellt.

Wer heute zur Firmenzentrale nach Recklinghausen reist, trifft auf zwei überaus zufriedene Geschäftsführer: den 53-jährigen Handelsmanager Otto Hurler, der aus dem Allgäu stammt, und den 48-jährigen Essener Harald Wittig. Sie präsentieren eine glänzende Bilanz. Der Umsatz steigt, das Filialnetz wächst, die Zahl der Beschäftigten nimmt zu.

Nicht bei allen einstigen Karstadt-Töchtern gelang die Abnabelung vom Mutterkonzern ähnlich reibungslos. Die Textilkette Sinn-Leffers etwa wurde nur durch die radikale Sanierung in einem Insolvenzverfahren gerettet und probt nun den Neuanfang. Auch Wehmeyer musste Insolvenz anmelden und stand zwischenzeitlich vor dem Aus. Für die Hertie-Kaufhäuser gab es letztlich keine Rettung mehr.

Finanzinvestor wichtigster Eigentümer

Doch Runners Point lief der Krise davon. Zum Zeitpunkt der Trennung vom heutigen Arcandor-Konzern hat Runners Point 111 Filialen betrieben. Ende September dieses Jahres waren es bundesweit schon 143, Ende Dezember sollen es 151 sein. „Die Expansion geht gut voran”, sagt Hurler. Im kommenden Jahr will Runners Point 20 neue Filialen eröffnen. Bis zu 20 weitere Geschäfte sollen durch externe Partner entstehen. Gesucht werden Kleinunternehmer, die das Konzept von Runners Point nach dem sogenannten Franchise-Prinzip auf eigene Rechnung betreiben. Mit dem Filialnetz wächst auch die Zahl der Jobs. Bei der Trennung vom Konzern beschäftigte Runners Point 996 Mitarbeiter. Bis Ende des Jahres sollen es 1400 sein.

Während die erste große Karstadt-Krise tobte, glaubten Hurler und Wittig fest an die Zukunft von Runners Point. Als die Beteiligungsgesellschaft Hannover Finanz mit 75 Prozent bei der Schuhkette einstieg, gingen die beiden Manager selbst ins Risiko und suchten sich Kreditgeber, um eigene Beteiligungen von je 12,5 Prozent zu finanzieren. Es gehört zu den gängigen Prinzipien von Finanzinvestoren, auch das Management am Erfolg oder Misserfolg zu beteiligen. „Früher haben wir die ganze Nacht lang wach gelegen, jetzt nur noch die halbe”, sagt Wittig scherzhaft.

Schließlich laufen die Geschäfte von Runners Point so gut wie noch nie. Lag der Umsatz Ende 2008 noch bei 118,8 Millionen Euro, stieg er bis Ende September um 17 Prozent auf 139 Millionen Euro. Das Unternehmen schreibe „schöne schwarze Zahlen”.

Seit 2003 betreibt Runners Point auch die Lifestyle-Marke Sidestep, außerdem „Läufer-Shops” unter dem Namen Run2. Auf diese beiden Marken entfallen 36 beziehungsweise acht der 143 Filialen des Unternehmen. Zehn weitere Filialen befinden sich in Österreich und den Niederlanden.

Ein Schwerpunkt der Aktivitäten von Runners Point liegt in NRW, wo das Unternehmen 37 Filialen zählt. In Bochum wurde 1984 die erste Filiale eröffnet. In Recklinghausen, am Rande einer Wohnsiedlung, befindet sich die unscheinbare Firmenzentrale mit einem 14 000 Quadratmeter großen Zentrallager. Von hier aus gehen jährlich rund 100 000 Warenlieferungen auf den Weg.

Mehr als jeder zehnte Sportschuh in Deutschland wird in einem Geschäft von Runners Point gekauft. Die meistverkauften Schuhe sind Klassiker: der Samba von Adidas und Chucks von Converse.

Testkäufe in den Filialen

Was anders sei als zu Karstadt-Zeiten? Wittig verweist auf die neue Unabhängigkeit. Früher habe man jede Plastiktüte gemeinsam mit Karstadt bestellen müssen. „Und wir legen sehr viel Wert auf gute Beratung und Service”, ergänzt Hurler. Jede Filiale werde von mindestens sechs Testkunden im Jahr besucht.

Privat hat Hurler schon 19 Marathonläufe hinter sich – darunter auch den Karstadt-Marathon, den er in früheren Zeiten selbst organisiert hat, wie er sagt. Da war also wieder einer jener Momente, in denen der Manager an seine Vergangenheit erinnert wird.