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Von echter Chancengleichheit sind die USA noch weit entfernt

Von echter Chancengleichheit sind die USA noch weit entfernt

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Foto: afp
Schwarze machen 13 Prozent der Bevölkerung aus, sie stellen aber 50 Prozent aller Opfer und Täter bei Tötungsdelikten: 50 Jahre nach Martin Luther Kings „I have a dream“-Rede hat das Land zwar einen schwarzen Präsidenten, aber nach wie vor herrschen große Unterschiede in vielen Bereichen des Lebens.

Washington. 

Kann man messen, wie viel „Traum“ von Martin Luther King in Erfüllung gegangen ist? Ist in Zahlen zu fassen, wie weit Schwarz und Weiß in Amerika 50 Jahre danach noch auseinander liegen? Wie viel sagt formale gesetzliche Gleichberechtigung über das Leben im Alltag aus? In den Tagen vor dem Jubiläum bemühen, je nach Standpunkt, die verschiedenen politischen Lager jede Menge Statistiken und Erhebungen, um Fortschritt und Rückschläge zu quantifizieren. Das Bild ist so uneinheitlich wie Amerika. Trotz etlicher Verbesserungen, so viel darf man konstatieren, sind die USA aber von echter Chancengleichheit weit entfernt.

Unter Obamas Präsidentschaft, in der anfangs eine gewaltige Wirtschaftskrise zu überstehen war, ist der Wohlstand schwarzer Familien um 31 Prozent zurückgegangen, hat das Urban Institute ermittelt, verglichen mit – elf Prozent bei Weißen.

Eine „schwarze Depression“

Die Arbeitslosen-Quote bei Afro-Amerikanern liegt mit rund 14 Prozent doppelt so hoch wie in der weißen Bevölkerung. Schwarze verfügen heute über ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 21.000 Dollar, Weiße landen bei 27.000. 40 Prozent schwarzer Kinder wachsen in Armut auf. Schwarze Wissenschaftler an der Elite-Universität Princeton sprechen von einer „schwarzen Depression“.

Dazu kommen historisch gewachsene Ungleichgewichte im Sektor Kriminalität, Polizei und Justiz. Obwohl die Deliktraten landesweit seit 20 Jahren zurückgehen, sind schwarze Familien, ob als Opfer oder Täter, mit Abstand am verwundbarsten. Schwarze machen nur 13 Prozent der Bevölkerung aus, sie stellen aber 50 Prozent aller Opfer und Täter bei Tötungsdelikten. Von knapp 2,3 Millionen Häftlingen sind eine Million schwarz.

90 Prozent schwarze Festgenommene

Polizeimaßnahmen nach Rasse-Kriterien („racial profiling“) sorgen wie zuletzt in New York für Verdruss. In der Weltstadt war bis zum einstweiligen Aufhebung durch Gerichte eine Methode in Kraft („stop and frisk“), die pro Jahr 700.000 Menschen vorübergehend in Polizeigewahrsam brachte; auch wenn kein Beweis für eine Straftat vorlag.

Auffällig: In einer zu 44 Prozent weißen Stadt waren 90 Prozent der Festgesetzten Schwarze und Latinos. Nach einer Gallup-Umfrage haben fast 30 Prozent der schwarzen Männer zwischen 18 und 34 in den vergangenen 30 Tagen eine unfaire Behandlung durch die Polizei erfahren.

Nicht alle Daten sind düster

Aber nicht alle Daten sind düster: 85 Prozent der Afro-Amerikaner verlassen die Schule heute mit einem Abschluss. 1963 waren es nur 25 Prozent. Die Zahl schwarzer Hochschüler habe sich verdreifacht. Und der Anteil derer, die unter der Armutsgrenze leben, sei von 48 auf 28 Prozent gefallen. Die Zahl afro-amerikanischer Colleges hat sich binnen 50 Jahren verdreifacht. Wo 1963 ein Schwarzer von 100 die Uni-Reife erlangte, sind es heute statistisch betrachtet fünf. Die Zahl der Hauseigentümer in den „black communities“ ist um 15 Prozent gestiegen.

Dennoch: Weißen geht es bei Betrachtung alles gesellschaftlichen Indikatoren im Schnitt besser. Einen Grund für das Ungleichgewicht sehen Wissenschaftler in der mangelnden Repräsentanz von Schwarzen auf dem höchsten politischen Parkett: Gab es 1963 nur fünf schwarze Abgeordnete im Repräsentantenhaus in Washington, so sind es heute 43, plus ein schwarzer Senator und ein schwarzer Präsident. Bei mehr als 530 Mandatsträgern eine immer noch sehr überschaubare Zahl.