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Straßen.NRW vor dem Aus? Neue Straßenbaubehörde geplant

Straßen.NRW vor dem Aus? Neue Straßenbaubehörde geplant

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Foto: Straßen.NRW
Die beschlossene Gründung einer Bundesautobahngesellschaft könnte das Ende von „Straßen.NRW“ einläuten. Landesbetrieb steht vor ungewisser Zukunft.

Essen. 

Nirgendwo sonst gibt es so viele Straßen und Brücken, nirgendwo außer in Bayern so viel Autobahnkilometer. NRW ist das Verkehrsland Nummer eins in Deutschland. Gemessen am Bundesdurchschnitt rollen hier doppelt so viel Autos und Laster über die Fernstraßen. Für Pflege, Bau und Sanierung zuständig ist Straßen.NRW, die – man ahnt es schon – republikweit größte Straßenbaubehörde ihrer Art. Eine Behörde in Sorge. Denn seit Neuestem ist das mit rund 6000 Mitarbeitern bestbesetzte Landesamt mit Sitz in Gelsenkirchen Spielball der Politik.

Auslöser ist die Mitte Oktober zwischen Bundesregierung und den 16 Ministerpräsidenten ausverhandelte Reform der Länderfinanzbeziehungen. Ein Milliardengeschäft zu Gunsten der Länder, bei dem es ums Verkehrswesen gar nicht ging. Doch als Kompensation für die Zustimmungen des Bundes zu der Vereinbarung, die den bisherigen Finanzausgleich 2020 ablöst, akzeptierten die Länder zähneknirschend einen langgehegten Wunsch von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU).

Dobrindt will die Zuständigkeit für alle Fernstraßen

Schon lange will der Minister die Zuständigkeit für die Fernstraßen beim Bund bündeln. Dobrindt schwebt eine zentrale Bundesautobahngesellschaft vor, die auch privates Kapital anlocken soll. Bislang sind Planung, Bau und Betrieb der Fernstraßen Ländersache mit Verfassungsrang. Doch nach dem Finanzkompromiss dürfte diese Länderhoheit demnächst Geschichte sein. Die Änderung des Grundgesetzes gilt wegen der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag als reine Formsache.

Was das für die jeweiligen Straßenbaubehörden der Bundesländer bedeutet, wird jetzt verhandelt. In dem Bund-Länder-Papier ist die Absicht zur Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft nur lose formuliert. Ob die neue zentrale Straßenbehörde als bloße Dachgesellschaft der Länderämter fungiert, oder sich der Bund am Ende um den Winterdienst auf der A 40 kümmert, ist völlig offen. Je nach Umsetzung droht freilich auch die komplette Auflösung bestehender Strukturen.

Tauziehen zwischen Bund und Ländern

Zu erwarten steht zunächst ein zähes Tauziehen um Zuständigkeiten. Die Länder hatten den Bundeswunsch stets rigoros abgelehnt. Selbst Horst Seehofer, Bayerns Ministerpräsident und Dobrindts Parteichef, galt als Gegner. Die rot-grüne Regierungsmehrheit im Düsseldorfer Landtag sprach sich noch im März klar gegen eine Bundesgesellschaft aus. Insider sprechen inzwischen von einer „Kröte“, die die Länder schlucken mussten: Kohle gegen Kompetenz.

In NRW wächst inzwischen die Furcht vor den Folgen. Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) schlug gegenüber den Straßen.NRW-Mitarbeitern bereits beruhigende Töne an und forderte eine „Arbeitsplatzgarantie in der jeweiligen Region für alle“. Den Verhandlungen mit dem Bund könne man selbstbewusst entgegensehen, schrieb er in einem Brief an die Belegschaft. Wer will, kann das als Pfeifen im Walde verstehen.

Grüne in NRW halten wenig von neuer Straßenbaubehörde

Kritisch beäugt der grüne Koalitionspartner die Vorgänge. Arndt Klocke, verkehrspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion, spricht vom „Kotau der Länderverkehrsminister“. Eine zentrale, möglicherweise privatrechtlich organisierte Bundesautobahngesellschaft öffne der Privatisierung des Straßennetzes Tür und Tor und entziehe die Verkehrsplanung demokratischer Kontrolle, sagte Klocke dieser Zeitung. Unverständnis äußerte der Grüne auch angesichts des Zeitpunktes. Klocke: „Im Straßenbau gibt es derzeit sicher andere Prioritäten als die Gründung einer neuen Bundesbehörde.“

Auch ums Prestige wird es noch gehen. Die neue Bundesbehörde muss nicht zwangsläufig nach Berlin. Auch Bonn wäre eine Option. Dort hat das Bundesverkehrsministerium seinen Zweitsitz.