Habicht & Co. im Visier: 440 Fälle in zehn Jahren wurden in NRW registriert. Täter erwarten empfindliche Strafen. Verurteilt werden aber wenige.
An Rhein und Ruhr.
Ein zugeschnapptes Tellereisen, darin ein flatternder Habicht, die Fänge zerschmettert: Anblicke wie dieser gehen Tierschützern immer wieder an die Nieren. 440 Fälle von illegaler Greifvogeljagd gab es in den vergangenen zehn Jahren in Nordrhein-Westfalen, über 700 Greifvögel und Eulen waren betroffen. Diese Zahlen wurden am Wochenende bei einer Tagung von Tierschützern und Behördenvertretern in Recklinghausen bekannt. Alle Greifvögel stehen seit den 70er-Jahren unter strengem Schutz.
Mit Eisen und Fangkörben werden die Vögel gejagt, Tauben dienen dabei als Lebendköder, oder es wird Gift ausgelegt. Alleine 470 Greifvögel waren in NRW in den vergangenen Jahren vergiftet worden. Wer macht so etwas? „Man könnte es Futterneid nennen“, erklärt Birgit Königs vom Verband Nabu im Gespräch mit der NRZ. Unter den ermittelten Tätern seien wiederholt Jäger gewesen, die augenscheinlich nicht wollten, dass in ihrem Revier nicht nur sie selbst, sondern auch Greifvögel Jagd auf Kaninchen, Rebhühner und Fasane machen. Auch Geflügelzüchter seien aufgefallen, da liegt die Motivlage anders: „Die wollen nicht, dass ihre Tauben vom Habicht geschlagen werden“, glaubt Königs.
In der Regel ist die Jagdlizenz futsch
Nicht von ungefähr haben Tierschützer den Habicht zum „Vogel des Jahres 2015“ gekürt. Gut 1600 bis 2000 Brutpaare gibt es in NRW, Habichte sind immer wieder Ziel der Greifvogeljäger. „Illegal gejagte Habichte sind nach wie vor trauriger Alltag“, klagt Nabu-Vizepräsident Helmut Opitz. Laut Verbandssprecherin Königs werden auch die ungleich selteneren, massiv gefährdeten Rotmilane (gibt es am Niederrhein kaum mehr) und Kornweihen geschossen. Absurd sei, wenn Bussarde gejagt würden; da könne nicht einmal der Konkurrenzgedanke als Motiv für die illegale Jagd herhalten. „Bussarde fressen Mäuse“, sagt Birgit Königs.
Ein Willicher muss sich am 11. März sich vorm Amtsgericht Düsseldorf verantworten. Er soll Bussarde vergiftet haben, mitunter sollen die Tiere auch in Lebendfallen eingegangen sein. Bei einer Verurteilung muss der Mann mit einer spürbaren Geldstrafe rechnen. In anderen Fällen hatten Gerichte Tagessätze von z. B. 90 mal 30 Euro verhängt. Zudem ist bei einer Verurteilung in der Regel auch die Jagdlizenz futsch. „Das dürfte diese Leute besonders schmerzen“, ist Königs sicher.
Allerdings ist die Zahl der rechtskräftigen Verurteilungen überschaubar. 34 gab es den Angaben zufolge landesweit seit dem Jahr 2005. Man könnte aber auch sagen: immerhin 34. Denn die Zusammenarbeit zwischen Tier- und Umweltschützern sowie Behörden gilt in NRW als vorbildlich. „Andere Bundesländer können davon lernen“, ist Nabu-Sprecherin Königs überzeugt. Mit der beim Umweltministerium angesiedelten Stabsstelle Umweltkriminalität gebe es eine eigene Koordinierungsstelle, wo die Fäden zusammenlaufen. Sie sorge dafür, dass Polizisten und Staatsanwälte sensibilisiert werden. Dass überhaupt eine Statistik zur Greifvogeljagd geführt werde, sei in anderen Bundesländern auch nicht selbstverständlich.