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Stalking-Experte: „Leiden der Opfer sind oft unerträglich“

Stalking-Experte: „Leiden der Opfer sind oft unerträglich“

Vor dem Landgericht in Arnsberg muss sich eine 72 Jahre alte Frau wegen Stalkings verantworten. Seit Jahren stellt sie einem katholischen Geistlichen nach. Der Fall sei nicht wirklich ungewöhnlich, sagte Stalking-Experte Jens Hoffmann aus Darmstadt der dpa.

Arnsberg/Darmstadt. 

„Das ist ein recht häufiger Fall von Erotomanie oder Liebeswahn.“ Dabei stünden Täter und Opfer in keiner realen Beziehung, kennten sich teilweise nicht einmal persönlich. „Es kommt häufig vor, dass höher gestellte Personen oder auch Prominente Opfer von Stalkern werden“, sagte Hoffmann.

Hoffmann berät als Leiter des Darmstädter Instituts Psychologie & Bedrohungsmanagement Unternehmen, Institutionen und Betroffene im Umgang mit Stalking. Im vergangenen Jahr hat es laut BKA fast 22 000 Fälle gegeben. „Das halte ich für eine massive Unterschätzung“, sagte Hoffmann sogar. „Stalking fängt da an, wo einer „Nein“ sagt und der andere nimmt weiter Kontakt auf.“ Betroffene sollten schon zu Beginn die Polizei oder Beratungsstellen einschalten und die Vorfälle dokumentieren, rät er.

Es gebe Studien, die belegen, dass die Stalking-Opfer ähnlich leiden wie Menschen, die nach einem schweren Unfall traumatisiert seien. Und viele Betroffene bekämen aus ihrem Bekanntenkreis nur wenig Unterstützung. „Da heißt es dann oft, dass das Opfer doch auch was gemacht haben muss“, berichtet der Experte.

In der Hälfte der Stalking-Fälle seien Ex-Partner die Täter, die das Ende der Beziehung nicht akzeptieren könnten. In weiteren 40 Prozent der Fälle würden sich Täter und Opfer kennen: „Das sind Arbeitskollegen oder Bekannte.“ Nur etwa jeder zehnte Stalker kenne sein Opfer nicht näher, sondern zum Beispiel aus dem Fernsehen. Und dann gelte: „Je irrealer die Beziehung, desto häufiger muss man den Tätern auch einen Liebes-Wahn mit Krankheitswert bescheinigen.“ Das scheine auch im Fall der Seniorin aus dem Sauerland zumindest wahrscheinlich. Strafen für die Täter nützen nach Einschätzung des Experten wenig. Hilfreicher seien Therapien.

2015-12-10 09:35:48.0