Matthew Pasquini hat Astrophysik an der berühmten Harvard-Universität studiert. Doch für seinen ersten festen Job kommt er ins Ruhrgebiet.
Essen.
Die Gitarre ist noch irgendwo über den Wolken, aber Matthew Pasquini ist immerhin schon mal da. Von Harvard nach Essen, von der amerikanischen Ostküste tief in den Westen. Ein 22-jähriger Astrophysiker, der nach den Weiten der Milchstraße nun das Klima in deutschen Wohnstuben möglichst effizient regeln will.
Und Effizienz scheint sein zweiter Vorname zu sein: Gestern gelandet, heute will er sich noch ein Fahrrad kaufen und morgen gucken, wo er einen Ruderclub findet. Freunde finden, Kontakte knüpfen, heimisch werden in diesem Europa, das er vor zwei Jahren zum ersten Mal kennengelernt hat. „Das war damals mein erster Flug“, sagt er.
Die Familie lebt in Albany, der Hauptstadt des Bundesstaates New York. Dass der Junge ins 250 Kilometer entfernte Boston ging, war für die Familie schon eine Überraschung. Und dass er dann für zwei Monate als „Ruhr Fellow“ sogar nach good old Europe reiste, war irgendwie dann auch noch okay. Aber nun will Matt tatsächlich in Deutschland arbeiten. „Ich habe damals bei der Firma Ista ein Praktikum gemacht und es hat mir einfach gut gefallen.“
Schon Bostonwar weit weg…
Die Arbeit bei dem Unternehmen, das Gas- und Wasserverbräuche in vielen Wohnhäusern und Firmen erfasst und abrechnet und nach Einsparpotenzialen fahndet, war spannend. Den Kontakt hat er nicht abreißen lassen und seine Personalchefin, Kristin von Trotha-Fischer, klopft ihrer Firma und ihm gleichermaßen auf die Schultern, schon bevor er am 1. August in der Entwicklungsabteilung anfängt: „Man sieht: Der Ruf von Ista reicht bis nach Übersee. Matt Pasquini ist hoch qualifiziert – und er ist ein toller Typ. Wir freuen uns auf ihn.“
Umgekehrt lässt Pasquini nichts auf seine Arbeitskollegen kommen. Vielleicht seien die Menschen in Deutschland nicht ganz so offen wie in den USA, dafür aber seien sie verlässlicher: „Wenn hier die Leute sagen: Lass uns mal gemeinsam Abendessen, dann gucken alle in ihren Kalender und stimmen noch für die gleiche Woche einen Termin ab.“ In den USA werden derlei Einladungen zwar ausgesprochen, aber ob und wann man dann tatsächlich gemeinsam am Tisch sitzt, das bleibt offen.
Die Firma war ihm bei den Visa-Formalität genauso behilflich wie bei der Unterbringung: Der Weg zur Arbeit sei „ein guter Spaziergang“ von 40 Minuten, jedenfalls so lange, bis er sich ein Fahrrad beschafft hat.
Nicht nur, dass er nicht ans Autofahren denkt, auch Baseball findet der US-Bürger öde. Aber ein paar Dinge fehlen ihm doch: „Es gibt ein paar Süßigkeiten, die werde ich vermissen wie Almond Sweet and Salty Butter Cups“, sagt Matt Pasquini. Ansonsten mag er an den Lebensmitteln hier auch die Preise: „Wohnen und Essen sind hier billiger. Teurer sind eigentlich nur die Dinge, die man nicht braucht.“ Dazu zählen für ihn Computer (hat er mitgebracht) – und Auto.
Was macht er am 8. November, wenn die USA wählen? „Ich werde meine Stimme abgeben“, sagt er. „Und ihr müsst euch keine Sorgen machen.“ Was man unbesorgt als Votum für Hillary Clinton werten darf. Das Wahlkampfklima in den USA ist ein Thema, das ihm Sorgenfalten auf die Stirn treibt: Der Gegensatz zwischen Trump und Clinton spalte die Gesellschaft, fürchtet er und hofft, wenn er zu Weihnachten in den Flieger nach Hause steigt, im Clinton-Land zu landen. Und umgekehrt? Werden Freunde und Familie ihn hier besuchen? Matt Pasquini grinst: „Klar, das haben viele gesagt. Aber, es sind halt Amerikaner.“
Zunächst wohnt er in einer möblierten Wohnung , ebenfalls von der Firma organisiert, bald will er in eine Wohngemeinschaft. Weil, so vermutet er, es dann einfacher ist, Kontakte zu knüpfen. Aber mit den Hobbys Radfahren und Rudern wird das wohl auch so kein großes Problem. Und wer weiß, wenn erstmal die Gitarre da ist . . .