Düsseldorf. Trotz Überlastung soll die nordrhein-westfälische Justiz jetzt einen nächtlichen Bereitschaftsdienst für Richter einführen, zum Beispiel, um Blutproben an betrunkenen Autofahrern zu genehmigen. Derzeit muss an den Amtsgerichten ein Richter lediglich von 6 bis 21 Uhr erreichbar sein.
Die Justiz in NRW klagt seit Jahren über Personalmangel und fühlt sich überlastet – jetzt sieht es so aus, als müsse sie im ganzen Land zusätzlich einen nächtlichen Bereitschaftsdienst für Richter einführen.
Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) lässt prüfen, wie ein flächendeckender Dienst rund um die Uhr organisatorisch umzusetzen wäre. Zu erwarten sei eine „Mehrbelastung, deren Ausmaß sich noch nicht seriös abschätzen lässt”, sagte sie im Rechtsausschuss des Landtags. Derzeit muss an den Amtsgerichten ein Richter lediglich von 6 bis 21 Uhr erreichbar sein.
Als erste Behörde musste das Amtsgericht Bielefeld nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm im September den 24-Stunden-Dienst einrichten. „Dabei kann es aber nicht bleiben”, reagierte die Ministerin sofort. Nach dem Urteil des 3. Strafsenats dürfen Blutproben und Hausdurchsuchungen nur auf richterlichen Beschluss angeordnet werden – und nicht von der Polizei. Im konkreten Fall konnte das bei einer Durchsuchung in Ostwestfalen beschlagnahmte Rauschgift vor Gericht nicht als Beweismittel verwendet werden.
Polizei braucht Unterstützung
Gestern schlug die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Alarm. „Die Polizeibeamten müssen sichergehen können, dass sie zu jeder Tages- und Nachtzeit einen Richter erreichen, wenn das zur Verfolgung einer Straftat erforderlich ist”, so Landeschef Frank Richter. Es dürfe nicht sein, dass angetrunkene Autofahrer, die einen Unfall verursachen, ohne Strafe davonkommen, nur weil gerade kein Richter erreichbar sei. Laut GdP wurden 2008 in NRW fast 28 700 Blutproben wegen Trunkenheit am Steuer angeordnet, viele davon in den Nachtstunden.
Den Vorwurf der Gewerkschaft, sie lasse die Polizei im Stich und sperre sich gegen einen Eildienst an den Gerichten, wies Müller-Piepenkötter zurück. Wie der Nachtdienst vor Ort auszusehen hat, sei aber Sache der zuständigen Präsidien.
So wird beispielsweise in Absprache mit dem Innenministerium geprüft, ob eine Rufbereitschaft ausreicht und ob vor allem an Wochenenden Richter verfügbar sein müssen. Wichtigster Punkt: der personelle Mehrbedarf. Der Richterbund hat bereits mehr Stellen gefordert.