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Polizei geht gegen neuen Rockerclub „Osmanen Germania“ vor

Polizei geht gegen neuen Rockerclub „Osmanen Germania“ vor

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Polizei - Razzia gegen die Gang United Tribuns in Duisburg Foto: Archiv/Stephan Eickershoff, Funke Foto Services
„Osmanen Germania“ nennt sich die Rockertruppe, die in NRW Fuß fassen will. Droht neuer Krieg in der Szene? „Wir nehmen das ernst“, sagt die Polizei.

Essen. 

Montagabend in Neuss. Zu später Stunde erscheinen beeindruckende Muskelpakete am Wendersplatz, ein Parkplatz am Rande der Innenstadt. 70 bis 80 Rocker treten auf, viele türkischer Abstammung. Sie sind mit Nobelkarossen angereist und nicht wie Szene-üblich mit Motorrädern. Ihnen stehen 200 Polizisten gegenüber, teils mit Maschinenpistolen bewaffnet. Fahrzeuge werden durchsucht. Messer werden beschlagnahmt, auch ein Schlagring. Gegen zwei Männer aus Siegen wird ermittelt. 48 Stunden später wiederholt sich die Konfrontation im Duisburger Westen. Hier sind 40 Rocker gekommen.

Die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden haben derzeit nicht wenig um die Ohren. Rechte Brandstifter und Agitatoren. Nordafrikanische Straßenräuber und Sex-Täter. Flüchtlinge, die sich gleich mehrere Identitäten zulegen. Dazwischen noch ausgerissene Häftlinge. Was ist das jetzt mit den Rocker-Aufmärschen von Neuss und Duisburg? Nur neue Folklore, nachdem die einschlägige Szene an Rhein und Ruhr halbwegs ruhiggestellt schien?

Wollen die „Osmanen Germania“ die „Hells Angels“ ersetzen?

Es könnte die nächste Front sein. „Wir nehmen das sehr ernst“, sagt Dietmar Kneib, Dezernatsleiter im Landeskriminalamt (LKA). Der Verdacht: Eine Rocker-Gruppierung, die sich als Box-Club bezeichnet und „Osmanen Germania“ nennt, will die alteingesessenen Motorrad-Banden in Deutschland aufmischen und deren Märkte angreifen. In den beiden Städten hat sie ihren Machtanspruch demonstriert, will offenbar dritte Gruppierung neben Bandidos und Hells Angels werden. Oder sie ersetzen.

Ist am Ende ist ein weiterer „Rocker-Krieg“ in den Rotlichtvierteln des Landes möglich? „Django“ Triller von den Hells Angels sieht die Provokation locker: „Solche Straßengangs entstehen schnell und genau so schnell verschwinden sie wieder. Wir haben keine Angst“, sagte er dem Kölner ‚Express‘. Weit mehr alarmiert ist dagegen die Polizei.

„Rocker-Krieg“ ist zwar ein Begriff, den ein Polizist wie Dietmar Kneib nicht in den Mund nimmt. Aber es seien „Gruppen, die wir uns sehr, sehr genau ansehen“, sagt er, „wir wollen wissen, was strategisch dahinter steckt“. 20 Chapter, also lokale Organisationen, hätten die „Osmanen“ deutschlandweit schon gebildet. In Nordrhein-Westfalen gibt es bisher zwei: In Duisburg und in Köln. Weitere sind vor der Gründung. Das sind die Informationen, die sie aktuell im Landeskriminalamt haben und die dort sehr kritisch und aufmerksam verfolgt werden.

Straßenkämpfe in Frankfurt

Wer sind die „Osmanen Germania“? Die Spuren führen in den April 2015 zurück, sagt Kneib. Da habe sich die Gemeinschaft im Hessischen aus den „Turkey Nomads“ gebildet, die mal Hells Angels waren und mit denen jetzt verfeindet sind und die sich mit diesen in Frankfurt schon Straßenkämpfe geliefert haben. In Deutschland wird die Gruppe von Selkuc S., einem ehemaligen Hells Angel, und dem Boxer Mehmet B. geführt. Der eigentliche Steuermann sitzt in Izmir in der Türkei: Necati Arabaci, der Oberboss.

Arabaci war, bevor er aus Deutschland ausgewiesen wurde, Chef der Türsteher-Szene in Köln. Offenbar hat er Order gegeben, sich in der Bundesrepublik wieder auszubreiten und nach NRW vorzudringen. „Dabei sind die Gebiete hier durch die Old School-Rocker abgesteckt“, heißt es im Landeskriminalamt. Die Bandidos – mit mehr als 600 Köpfen in fünf Jahren fast verdoppelt – agieren vor allem im Ruhrgebiet. Rund 300 Hells Angels tun dies mehr im Rheinland. Besonders gefährlich ist Duisburg, wo sich beider Einfluss überschneidet und jetzt auch „Osmanen“ auftreten.

LKA: „Für uns gilt: Null Toleranz“

Worauf die Experten im LKA derzeit genau achten: Wie weit der türkisch dominierte Box-Club die Old Schools, die Motorrad fahren und nicht Mercedes, jetzt herausfordert und ins Geschäft der Organisierten Kriminalität einsteigt – in die Prostitution und den Handel mit Waffen und Rauschgiften. „Dafür ist hier kein Platz“, sagt Dezernatsleiter Kneib, „da gilt für uns nur: Null Toleranz“. Mit dieser Strategie und einem Verbot haben Politik und Polizei schon einen anderen Neuankömmling an Rhein und Ruhr ruhig gestellt: Die niederländische Satudarah. Sie spielt keine Rolle mehr.

Doch den Fahndern des LKA geht es am Ende nicht nur darum, mit der „Null Toleranz“-Linie Schwerstkriminalität in den Rotlichtvierteln der Ballungsräume in NRW zu verhindern. Dietmar Kneibs Ziel: „Die Bevölkerung muss sich sicher fühlen können“.