Die Reise des umstrittenenen Atommüll-Behälters ins 200 Kilometer entfernte Ahaus wurde verschoben. Durch verschiedene Sicherheitsauflagen und Logistikprobleme sei das eigentliche „Projektziel der Umlagerung“ bis zum 30.6. 2013 nicht mehr zu erreichen.
Düsseldorf.
Mögliche Geheimrouten waren schon markiert, Protestgruppen formierten sich, in der Politik tobte ein Streit über Verantwortlichkeiten: Der seit Monaten diskutierte Transport von 152 Castor-Behältern aus dem Forschungszentrum Jülich (FZJ) ins 200 Kilometer entfernte Zwischenlager Ahaus hatte das Zeug, zum zentralen landespolitischen Streitthema des Jahres zu werden. Doch im dichten Nebel der Neuwahl-Entscheidung wurde die Reise des hoch radioaktiven Mülls quer durch NRW beinahe lautlos um Jahre verschoben.
Am 15. März, also einen Tag nach der Landtagsauflösung, bat der Vorstand des öffentlich-rechtlichen Forschungszentrums Jülich seinen Aufsichtsrat, die Lagergenehmigung am Niederrhein für rund 290.000 Brennelementekugeln aus einem alten Forschungsreaktor um drei Jahre bis zum 30. Juni 2016 zu verlängern.
In dem Schreiben an das Bundes- und Landesforschungsministerium, das der WAZ vorliegt, wird ausgeführt, dass durch verschiedene Sicherheitsauflagen und Logistikprobleme das eigentliche „Projektziel der Umlagerung“ bis zum 30.6. 2013 nicht mehr zu erreichen sei.
Überraschender Brief
Die Gesellschaft für Nuklearservice sollte ursprünglich Anfang 2012 damit beginnen, den strahlenden Müll mit Spezialfahrzeugen durch den dichten NRW-Verkehr zu schleusen. Rot-Grün machte dagegen mobil und brandmarkte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) als Hauptverantwortlichen für solche Castor-Transporte.
Der überraschende Brief aus Jülich hält das Thema nun aus dem aufziehenden Wahlkampf. Unterschrieben hat ihn der neue Forschungszentrums-Vorstand und frühere Staatskanzlei-Chef von Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), Karsten Beneke.
Die rot-grüne Landesregierung reagierte mit Genugtuung: „Dies ist ein erster Schritt, um unnötige und kostspielige Transporte von Zwischenlager zu Zwischenlager zu vermeiden“, erklärte ein Regierungssprecher. Im November 2011 hatte die Bundesregierung als 90-Prozent-Mehrheitseigentümer des FZJ noch auf den Transport des Atommülls ins Lager Ahaus bis Juni 2013 gepocht.